Der Berliner Pop-Barde Tim Bendzko zielte beim Konzert im ausverkauften Hamburger Stadtpark direkt in das Herz von 4500 wetterfesten Fans.

Hamburg. „Aber du warst noch nie hier, hast noch nie meine Stimme gehört. Aber du warst noch nie hier, obwohl Dir all die Lieder gehören“, singt Tim Bendzko am Donnerstag zum Auftakt im seit Wochen ausverkauften Stadtpark. Seine 4500 wetterfesten Fans (bei den beiden Vorbands eimert es wie aus Kübeln) wissen aber: Hier in Winterhude war er schon mal als Support von Joe Cocker. Und nicht nur da.

In dem Jahr seit Erscheinen seines ersten Albums „Wenn Worte meine Sprache wären“ hat sich der 27 Jahre junge Sänger und Songschreiber aus Berlin in Hamburg vom Stage Club über die Fabrik bis in den Stadtpark hochgespielt. Wobei große Open-Air-Bühnen von Beginn an nichts Neues sind für den Durchstarter mit der Xavier-Naidoo-Gedächtnisstimme. 2009 casteten Naidoo und die Söhne Mannheims 14 Stellvertreter, und Bendzko durfte vor 20 000 Zuschauern auf der Berliner Waldbühne den Naidoo geben. Es folgten das vergoldete Debüt, der Sieg beim „Bundesvision Song Contest 2011“ und der sofortige Aufstieg in die Top-Liga angesagter Pop-Barden wie Philipp Poisel, Clueso oder Max Prosa.

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Wer so leicht nach oben durchgereicht wird, der hat auch einen guten Draht in das höchste Stockwerk. „Ich prophezeie für die 14 nächsten Stunden keinen Regen“, lacht Bendzko und sonnt sich mit seiner sechsköpfigen Band (was ist besser als ein Keyboarder? Zwei Keyboarder) in „Du warst noch nie hier“, „Es fängt wieder an“, „Auf den ersten Blick“ und „Das letzte Mal“. Songs, die quer durch die Stile von Rock bis Pop reisen und doch immer direkt in das Herz zielen. Das reinste Darts-Turnier der Gefühle. Nicht umsonst fragt er in die Runde, wer ohne weibliche Begleitung gekommen ist und zählt nur vereinzelte, schüchtern gehobene Arme inmitten der bunten Tüte der Altersgruppen.

Tim Bendzko spielt sich fast durch sein komplettes Album und stellt neue Songs des geplanten Nachfolgers wie „Ich will zu dir“ vor. Der Stadtpark wogt wie ein Weizenfeld, Mädchen-Grüppchen halten sich in Armen. Die Lage an den Bierständen ist entspannt. Denn die Kaltschalen-Klientel hat sich ebenfalls untergehakt, flüstert Zärtlichkeiten oder streichelt prächtige Bäuche – Nachwuchs ist unterwegs.

Sollte Bendzko irgendwann keine Lust mehr auf die Musik haben, könnte er durchaus auf Prophet umsatteln. Der Himmel – und nur der – wird vorübergehend blau. Und so ein Prophet muss ja nach „Das Ende der Welt“ „Nur noch kurz die Welt retten“ und 148 Mails checken, und dann wird alles gut. Zumindest bis zur letzten Zugabe nach 100 Minuten. Bei „Keine Zeit“ regnet es wieder. Hätte ja klappen können.