Der Winter naht, auch wenn Sommer ist: Eine veränderte, eine traurige Norah Jones spielt am 17. Juli open air im Hamburger Stadtpark.
Hamburg. Sie galt immer als Sonnenschein. Als Sängerin und Pianistin, die sich elegant zwischen Jazz, Country und Pop bewegte. Norah Jones lieferte die Hintergrundmusik für so manche Hotel-Lobby und noch viel mehr Cafés. Sanfte Lieder von einer wohltuend samtenen Stimme gesungen. Die Songs ihres aktuellen Albums "... Little Broken Hearts" passen nicht mehr ganz so perfekt in dieses Wohlfühl-Ambiente. Jones zeigt ihre dunkle Seite, der Titel macht deutlich worum es geht: gebrochene Herzen oder eigentlich: ihr gebrochenes Herz. Fast zehn Jahre war die inzwischen 33 Jahre alte Künstlerin mit dem Bassisten Lee Alexander liiert, inzwischen hat sich das Paar getrennt, "... Little Broken Hearts" arbeitet dieses Ende einer Liebe in zwölf Songs auf. In ihrem Herzen herrscht Winter, Sommer ist die Jahreszeit ihres früheren Glücks, das werden auch die Besucher des Konzerts im Stadtpark am kommenden Dienstag heraushören.
"Natürlich werden Leute jetzt die Texte darauf abklopfen, was autobiografisch ist. Aber ich bin die Einzige, die weiß, was auf Wahrheit beruht und was fiktiv ist oder was ich verschlüsselt habe", sagt sie. Deutlich wird in Nummern wie "4 Broken Hearts", "Say Goodbye" oder "After The Fall" ihre Trauer und die Überforderung mit der neuen Situation. Die meisten Songs sind Balladen - ohne dass Norah Jones in pathetischem Selbstmitleid baden würde.
"... Little Broken Hearts" hat mit seinen Electro-Beats und psychedelischen Gitarrenakkorden eine Reihe verstörender Elemente, die in Mainstream-Popnummern so nie auftauchen würden. Der Produzent und Co-Autor, der dafür verantwortlich ist, heißt Brian Burton und ist besser unter seinem Künstlernamen Danger Mouse bekannt. Er hat für das Projekt Gnarls Barkley den Megahit "Crazy" geschrieben, mit Shins-Sänger James Mercer das Duo Broken Bells gegründet, er war an diversen Kollaborationen mit Damon Albarn beteiligt und produzierte das hoch gelobte Black-Keys-Album "El Camino". Danger Mouse gilt als einer der kreativsten Musikmacher der Gegenwart. Mit Norah Jones hat er bereits 2009 ein paar Songs aufgenommen, 2011 war sie an dem Album "Rome" beteiligt und sang den weiblichen Gegenpart zu Jack White.
Danger Mouse hat darauf geachtet, dass die Songs nicht auf Hochglanz poliert werden, "Say Goodbye" und "Happy Pills" basieren auf dem harten knochentrockenen Beat, der auch die Songs von Gnarls Barkley so unverwechselbar macht, ein Streichquartett erzeugt die dunkle Klangfärbung. Die Songs sind durchsichtig produziert, manchmal reichen ein Cello und eine akustische Gitarre, um diesen fragilen Klang zu erreichen. Trash-Elemente kommen nicht vor, obwohl das Cover einen möglichen Verweis darauf gibt. Inspiriert wurde es von einem Filmplakat von Russ Meyers Film "Mudhoney", einem Erotik-Drama aus den 60er-Jahren, das bei uns unter dem Titel "Im Garten der Lust" in die Kinos kam. "In Brians Studio in Los Angeles hing ein Originalplakat des Films, das mich mehr und mehr faszinierte, je öfter ich es angesehen habe", erzählt sie. "Daraus entstand die Idee, das Plattencover ähnlich zu gestalten." Es zeigt Norah Jones mit wilden ins Gesicht hängenden Haaren und einem erotischen roten Kussmund in der für Meyer typischen Trash-Ästhetik.
Als "... Little Broken Hearts" fertig war, präsentierte Norah Jones die neuen Songs in New York, wo sie seit 1999 lebt. Und zwar nicht in einem der großen Clubs oder Konzerthallen, wie man angesichts ihrer Popularität hätte vermuten können. Als Ort hat sie den "Living Room" ausgesucht, einen kleinen Klub in der Lower East Side, in den nur zwei Dutzend Stühle passen. Hier hatte Norah Jones ihre ersten Auftritte, als sie als 20-Jährige aus Texas in ihre Geburtsstadt zurückgekehrt war. Nachdem ihre Eltern, der indische Sitarvirtuose Ravi Shankar und die Musikproduzentin Susan Jones, sich 1986 getrennt hatten, wuchs Norah Jones in der Nähe von Fort Worth auf.
In New York wurde sie entdeckt und startete beim Blue-Note-Label eine höchst erfolgreiche Karriere mit 40 Millionen verkauften Platten und dem Gewinn von neun Grammys. In New York lernte sie auch Lee Alexander kennen, um den sich "... Little Broken Hearts" dreht und der auch ihr musikalischer Partner war. Die Trennung hat eine andere Norah Jones hervorgebracht, Sonnenschein war gestern, jetzt lotet sie die Kälte des Winters aus.
Norah Jones Di 17.7., 19.00, Stadtparkbühne (S Alte Wöhr); Saarlandstraße/Ecke Jahnring, Karten zu 60,20 im Vvk.; www.norahjones.com