Kultur in Hamburg im Umbruch: Wie ging es weiter mit dem Altonaer Museum, Savoy-Kino, Polittbüro, Schilleroper und der Soulkitchen?

Mal waren es kulturpolitische Fehlentscheidungen, mal Eigeninteressen von Besitzern, Besetzern, Pächtern oder Betreibern. Die Gründe, warum eine kulturelle Institution in Hamburg ins Schlingern geriet, waren in den vergangenen Monaten vielfältig. Einige wurden ihrem Schicksal überlassen, andere wehrten sich. Manche hatten damit sogar (zeitlich begrenzten) Erfolg.

Altonaer Museum

Als der schwarz-grüne Senat im September 2010 die Schließung des Altonaer Museums zum 31. Dezember bekannt gab, erhob sich ein Proteststurm, dessen Wucht offenbar weder der damalige Kultursenator Reinhard Stuth noch Bürgermeister Christoph Ahlhaus für möglich gehalten hatten. Ein Jahr und einen Regierungswechsel später ist die Schließung zwar vom Tisch, die Perspektive aber nach wie vor unklar. Nicht zuletzt, weil auch die Zukunft der Stiftung Historische Museen Hamburg (SHM) insgesamt ungewiss erscheint. Stiftungsalleinvorstand Kirsten Baumann erarbeitete zwar ein Konzept für die Gesamtstiftung, trat dann aber zurück, nachdem Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos) überraschend die Herauslösung des Helms-Museum verkündet hatte. Neuer Stiftungsalleinvorstand ist nun Geschäftsführer Helmut Sander, aber auch nur, bis er im Dezember 2013 in den Ruhestand geht.

Derweil erweisen sich die Besucherzahlen mit Anfang Dezember 100 511 als stabil. 2010 waren es Ende Dezember 107 476. Damals flossen aber auch etwa 15 000 Besucher in die Rechnung mit ein, die an Protestveranstaltungen teilgenommen hatten. Besonders erfolgreich sind die Kinderangebote "Kinderolymp" und "Kinderbuchhaus". Kinder sind zwar gern gesehene Museumsbesucher, zahlen aber keinen Eintritt, den das Museum eigentlich dringend brauchte. Denn nur wenn die SHM zum Jahresende einen ausgeglichenen Haushalt vorlegt, greift die noch von der alten Bürgerschaft beschlossene Entschuldung. Daran kann auch die neue Kultursenatorin nichts ändern. Eine gewisse Entspannung brachte aber die Rücknahme der Sparsumme von 3,5 Millionen Euro, die der Ahlhaus-Senat der Stiftung noch im Herbst 2010 aufgebrummt hatte.

Polittbüro

Dass neue Mitarbeiter mitten in der Vorweihnachtszeit eingearbeitet werden, ist auch für einen Theaterbetrieb ungewöhnlich. Für das Polittbüro ist das ein Fortschritt. Im Sommer drohte der Fortbestand des Kleinkunst-Theaters am Steindamm an 30 000 Euro zu scheitern. Die Betreiber Lisa Politt und Gunter Schmidt hatten ihren Mietvertrag zwar schon bis Mitte 2012 verlängert, das jedoch mit der Kalkulation, 100 000 Euro aus der Privattheater-Förderung der Kulturbehörde zu bekommen. Die wollte aus jenem Topf aber maximal 70 000 Euro geben.

Ein Schreiben an Bürgermeister Olaf Scholz fand Unterstützer, von DGB-Chef Uwe Grund über Hannelore Hoger bis zu Gustav Peter Wöhler. Mit Erfolg: Scholz' SPD-Genosse, der Bezirksamtsleiter Markus Schreiber, setzte sich dafür ein, dass das Stadtplanungsamt im Rahmen der integrierten Stadtteilentwicklung St. Georg-Mitte je 30 000 Euro für die nächsten zwei Jahre als Übergangsfinanzierung gewährt. Das Polittbüro kann zumindest bis 2013 planen.

Savoy-Kino

Das Savoy war bis zum 15. November die Ausweichspielstätte für das Metropolis. Nach mehr als drei Jahren zog dieses Kino zurück in sein neues Domizil im Metropolis-Haus. Das Lichtspieltheater am Steindamm mit den 440 Plätzen steht seitdem leer. Eine Initiative hatte sich vorher noch unter dem Namen "Ahoj Savoy!" für den Erhalt des Kinos in St. Georg eingesetzt. Der Plan, das Savoy als zweite Spielstätte für das Metropolis zu betreiben, wurde fallen gelassen. Und nun? Man habe den Vermieter und einen Interessenten an einen Tisch gebracht, hieß es dazu aus dem Bezirksamt Mitte. Man versuche zu vermitteln und rechnet bis zum Januar mit einer Entscheidung.

"Ich würde es wirklich gern machen", sagte Hans-Joachim Flebbe dem Abendblatt. Der Kinobetreiber verhandelt mit dem aus Indien stammenden und in Moskau lebenden Vermieter. Man ist sich noch nicht über die Miete einig. Die Gebäude stammen aus den 50er-Jahren und weisen einen hohen Renovierungsbedarf auf. "Ohne finanzielle Unterstützung wird es deshalb dort für jedes Kino schwierig. Bisher gab es nur viele gute Sprüche, aber keiner gibt Geld."

Soulkitchen

Salto rückwärts in Wilhelmsburg: Nach einem Bericht im September 2011 über den geplanten Abriss der Soulkitchen-Halle in Wilhelmsburg gab es plötzlich von der Stadt eine Verlängerung der Nutzungserlaubnis. Der Hintergrund hat dabei längst die Qualität eines Drehbuches erreicht: Nach dem erfolgreichen Film von Fatih Akin im Jahr 2009 ging Betreiber Mathias Lintl in die berühmte Halle im Gewerbegebiet von Wilhelmsburg. Er stellte ohne Förderung ein Kulturprogramm auf die Beine, mit Musik, Theater, Experimenten und geselligen Veranstaltungen. Innerhalb eines Jahres kamen mehr als 10 000 Gäste.

Nun haben die Betreiber eine Verlängerung bis zum Ende des kommenden Jahres. Sie planen ein Theater-, Mitmach- und Musikprogramm. Und sie gehen weiter davon aus, dass sie in Wilhelmsburg viele Freunde haben, die dafür sorgen, dass die Soulkitchen-Halle länger bestehen wird. Schon beim ersten Versuch, sie zu vertreiben, dementierte Lintl eine Besetzung und sagte: "Wir bleiben einfach."

Schilleroper

Für kaum ein leer stehendes Gebäude in der Innenstadt gibt es mehr Bewerber und Ideen. Die Schilleroper könnte wieder Theater, Museum, Kunst- oder Zirkusraum werden. Doch sie vergammelt seit 18 Jahren, weil die Eigentümer mit der Stadt streiten. Weil Hamburg den 120 Jahre alten Bau unter Denkmalschutz stellen will, klagten die Eigentümer. Das Gericht schlug eine Lösung vor, die von vielen im Bezirk begrüßt wird: Nach der Sanierung solle das Stahlskelett ein paar Meter versetzt werden, um für eine Randbebauung Platz zu schaffen. Doch so richtig scheint das Gericht den Eigentümern nicht zu trauen, denn es fordert bei einem Bauantrag eine Sicherheitsleistung von einer Million Euro. Grund, so meinen Insider, sei die Befürchtung, das ungewöhnliche Gebäude könnte beim Bau nicht gerade unabsichtlich zusammenstürzen, sodass eine große Fläche für einen Neubau entstünde.

Doch es tut sich nichts, wie das Bezirksamt Mitte jetzt dem Abendblatt bestätigte. Dieser Leerstand ist vielen Menschen seit Langem ein Dorn im Auge. Im Oktober hatten 60 junge Menschen mit einem "Maskenball" in der Schilleroper auf den Leerstand aufmerksam gemacht. Diese kurze "Besetzung" brachte kein Ergebnis.