Frauen-, Schwulen- und Lesben-Verbände bezeichnen Bushido als “geistigen Brandstifter“ und werten den Juryentscheid als ignorant.
Wiesbaden/Berlin. Der rote Teppich ist ausgerollt, die Trophäen sind blank geputzt: Zum zweiten Mal nach 1991 ist Wiesbaden am heutigen Donnerstag Gastgeber der jährlichen Bambi-Verleihung. Schon Stunden vor der Gala am Abend dürften sich die ersten Fans zum Beispiel von Teenie-Schwarm Justin Bieber vor den Rhein-Main-Hallen tummeln. Neben dem kanadischen Pop-Idol wird auch Popsängerin Lady Gaga erwartet.
Auf der Liste der insgesamt 18 Preisträger stehen zudem unter anderem Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt, Rapper Bushido, Hollywood-Star Gwyneth Paltrow, Sänger Tim Bendzko, Schauspielerin Ruth Maria Kubitschek und TV-Moderator Thomas Gottschalk sowie die Band Rosenstolz. Die Gala wird in der ARD ab 20.15 Uhr live übertragen.
Der als Rüpel-Rapper bekannte Bushido wehrt sich gegen die scharfe Kritik an seiner Wahl zum Bambi-Preisträger. „Der Vorwurf ist zu Recht da, ich bin ja kein Kind von Traurigkeit“, sagte Bushido am Donnerstag dem Hessischen Rundfunk. Er habe selbst schön mächtig ausgeteilt, das sei der „menschliche Makel“, den er habe. „Aber nichtsdestotrotz weiß ich natürlich, was richtig und falsch ist“, verteidigte sich der 33-Jährige. Viele empfinden die oft krassen Texte von Bushido als diskriminierend, sexistisch oder auch gewaltverherrlichend.
Am Abend sollte Bushido in Wiesbaden den Bambi als „Vorbild für Integration“ erhalten. „Wenn man mich von Mensch zu Mensch anspricht, bekommt man von mir immer die richtige Antwort – egal, was meine Musik sagt“, betonte Bushido im Radiosender hr3. Ein wenig nervös sei er dennoch vor der Preisverleihung. Er wisse noch nicht, was er sagen werde. „Ich hoffe, ich werde nicht ausgebuht.“
Bei Twitter und Facebook gab es einige Protestaufrufe, weil Bushido sexistisch oder schwulenfeindlich sei. Hessens SPD-Vorsitzender Thorsten Schäfer-Gümbel kündigte an, bei der Preisübergabe nicht zu applaudieren: „Bei mir wird sich keine Hand rühren“, sagte er dem hr. Das Frauenhilfswerk Terre des Femmes (Berlin) nannte die Entscheidung für Bushido als Preisträger „fatal“.
Die bayerische Grünen-Landtagsabgeordnete Claudia Stamm kritisierte in einem Protestschreiben an den Münchner Unternehmer und Bambi-Jury-Vorsitzenden Hubert Burda: „Bushido ruft in seinen Texten und Statements zu Gewalt gegen Schwule und Lesben auf. Unter „gelungener Integration“ verstehe ich etwas anderes.“
Dagegen sieht Hessens Integrationsminister in der Wahl Bushidos auch eine Chance: Der Rapper sei umstritten oder auch streitbar. „Er bedient üble Klischees, aber er nutzt auch seine Popularität, um gute Botschaften zu verbreiten, etwa: Ausländer, die hier leben, müssen die deutsche Sprache lernen“, sagte Jörg-Uwe Hahn (FDP) laut Mitteilung. Bushido spreche „die Sprache der Kids“. Der Preis solle ihm Ansporn sein. „Er hat jetzt den Auftrag, sich als Brückenbauer zu profilieren“, sagte Hahn.
Von Ausländern in Deutschland forderte Bushido unterdessen erneut Deutschkenntnisse ein: „Wenn ich hier in Deutschland lebe, muss ich mich nicht nur an die Regeln halten, sondern ich muss auch dafür sorgen, dass die Menschen in der Lage sind, mit mir zu kommunizieren.“ Frage ihn zum Beispiel Fußball-Nationalspieler Thomas Müller nach der Uhrzeit, müsse man ihm auch auf Deutsch antworten können, „ohne dass ich mit der Schulter zucke und ohne, dass ich sage „Halt’ die Fresse, du scheiß Kartoffel.“
Als traditionsreichster deutscher Medienpreis wird der Bambi seit 1948 jährlich vom Hubert Burda Verlag verliehen. Ausgezeichnet werden nach dessen Angaben „Menschen mit Visionen und Kreativität, deren herausragende Erfolge und Leistungen sich im ablaufenden Jahr in den Medien widerspiegelten“. Der Jury gehören die Chefredakteure des Medienkonzerns an.