Der Weg zu Günter Grass führt über eine steile Holztreppe. Der Literaturnobelpreisträger hat sein Büro im zweiten Stock des Günter-Grass-Hauses an der Glockengießerstraße in der Lübecker Altstadt. Unten findet man einen Laden und einen Ausstellungsraum. Nach oben kommt nur, wer angemeldet ist. Grass' Sekretärin nimmt die Besucher am Fuß der Treppe in Empfang, die normalerweise von einer Kordel verhängt ist. Der steile Weg in den zweiten Stock sei Grass' "Rennstrecke", sagt sie.
Diese "Rennstrecke" tut dem 83 Jahre alten Schriftsteller offenbar gut. Er geht ein wenig gebeugt, wirkt aber ansonsten überhaupt nicht gebrechlich. Grass empfängt seine Gäste mit einem Becher Tee in der Hand. Auf dem Trinkgefäß sind das Hamburger Wappen, der Schriftzug "Bürgermeister für Hamburg" und die Unterschrift von Michael Naumann zu sehen. Offenbar ein Relikt aus dem Hamburger Bürgerschaftswahlkampf 2008, als die SPD Naumann ins Rennen schickte. Neben Grass und seiner Sekretärin begrüßt auch die Gattin des Literaten die Besucher. Die beiden Frauen ziehen sich in einen hinteren Winkel des Raumes zurück, als das Gespräch beginnt.
Grass' Büro ist ein etwa 30 Quadratmeter großes Zimmer, das von Holzbalken abgestützt wird. Es wirkt etwas niedrig und dunkel, zugleich aber auch gemütlich. An der Wand hängen Bilder. Die meisten von ihnen sind Zeichnungen, die Grass selbst angefertigt hat. Unterhalb der Bilder steht ein halbhohes Regal mit Büchern und Krimskrams, darunter auch ein Fußball. Vor dem Regal liegt ein Gegenstand, der nicht nur aussieht wie eine Blechtrommel, sondern auch eine ist. "Für Günter 2007" ist darauf geschrieben. Auf der Stirnseite des Raums steht ein Tisch, der dem Fenster zugewandt ist. Auf ihm liegen jede Menge Schreibutensilien.
Der Gastgeber bittet seine Besucher an einen anderen Tisch. Er wartet, bis auch seine Gäste eine Tasse Tee bekommen. Dann kann das Interview beginnen. Es ist absolut ruhig im Zimmer. Nur ab und an klingelt irgendwo ein Telefon. Grass spricht mit klarer Stimme. Er geht auf jede Frage ein. Zwischendurch entzündet er immer wieder seine Pfeife, die während des Gesprächs mehrmals ausgeht.