Das Filmfest zwischen Hollywoodglamour und politischer Botschaft. Kevin Spacey und Demi Moore zeigen ihren Börsen-Thriller “Margin Call“.
Berlin. Auf der Berlinale hat am Freitag die Jagd auf den Goldenen und die Silbernen Bären begonnen. Den Auftakt machte der US-Börsenthriller „Margin Call“ mit Kevin Spacey und Jeremy Irons. In der Pressevorführung bekam das Kinodebüt von JC Chandor nur wenig Applaus. Irons spielt in "Margin Call“ den Chef einer Investmentbank, der am Vorabend des Ausbruchs der Finanzkrise 2008 mit aller Macht versucht, toxische Wertpapiere abzustoßen – und somit mitverantwortlich für das folgende Desaster ist. Der Oscar-Preisträger nutzte die Vorstellung des Films für ein Plädoyer an Banker und Unternehmer. Irons kritisierte globalisierte Unternehmen und Investmentgesellschaften als weitestgehend unmoralisch. Angesichts endlicher Ressourcen müsse der "wilde Konsum der letzten 25 Jahre“ ein Ende haben, sagte der 52-jährige Brite. Spacey hingegen bezeichnete Banker als normale Menschen, die versuchten, Geld zu verdienen. "Es ist bequem, alles über einen Kamm zu scheren und zu verdammen“, kritisierte er.
In den Wettbewerb war am Freitag zudem "El premio“ ("The Prize“) der argentinischen Regisseurin Paula Markovitch über die Militärdiktatur in ihrem Land gestartet. Der autobiografische Erstlingsfilm spielt 1976 und handelt von der kleinen Tochter von Systemkritikern.
"Tropa de Elite 2“ setzt mehrere Jahre nach dem Vorgänger ein und läuft in der Sektion Panorama. Ihn verbinde mit dem Festival eine Liebesgeschichte, es sei sehr wichtig für seine Karriere, sagte Padilha am Freitag. In "Tropa de Elite“ ("Eliteeinheit“) erzählte Padilha vom brutalen Kampf einer Polizeieliteeinheit gegen die Drogenkriminalität in den Favelas in Rio de Janeiro. Die gezeigte reaktionäre Law-and-Order-Mentalität der Truppe hatte auch Widerspruch ausgelöst.
+++ Das Dossier zur Berlinale: +++
Filme, Stars und roter Teppich - Die Berlinale 2011
Am Freitagabend sollte Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) den Deutschen Drehbuchpreis 2011 verleihen. Die Auszeichnung ist mit 30.000 Euro dotiert, 25.000 Euro müssen für die Herstellung eines neuen Drehbuchs verwendet werden. Ein neues Programm soll künftig deutsch-türkische Koproduktionen erleichtern. Gründer sind das türkische Kulturministerium, der Koproduktionsmarkt des Istanbuler Filmfestivals „Meetings on the Bridge“, die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein und das Medienboard Berlin-Brandenburg, wie letztere Organisation am Freitag mitteilte. Pro Jahr stünden bis zu 150.000 Euro zur Verfügung. Am Rande der Berlinale schlossen Deutschland, Österreich und die Schweiz ein Filmabkommen für die Zusammenarbeit von Produzenten der drei Staaten ab. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) sagte, „es gibt keine anderen Länder, mit denen unsere filmwirtschaftliche und filmkulturelle Zusammenarbeit so intensiv und so fruchtbar ist wie mit Österreich und der Schweiz.“
Insgesamt gehen 16 Filme in das Rennen um die Bären, die am 19. Februar vergeben werden. Das Festival war am Donnerstagabend mit dem Western „True Grit“ von Joel und Ethan Coen eröffnet worden. Am Samstag wartet der Wettbewerb mit dem ersten deutschen Beitrag auf. "Schlafkrankheit“ von Regisseur Ulrich Köhler erzählt von einem Entwicklungshelfer in Kamerun, dem die deutsche Heimat fremd geworden ist.
Weiterer Kandidat für einen Preis ist der englische Beitrag „Yelling to the Sky“ von Victoria Mahoney mit Gabourey Sidibe („Precious“). Außer Konkurrenz läuft der deutsch-türkische Wettbewerbsfilm „Almanya – Willkommen in Deutschland“. Im Panorama Special wird am Samstag der Episodenfilm „Life in a Day“ von Oscar-Preisträger Kevin Macdonald („Ein Tag im September“) gezeigt. Für das Projekt hatten Menschen in 197 Ländern ihren Alltag am 24. Juli 2010 dokumentiert und rund 80.000 Kurzfilme auf der Videoplattform YouTube zur Verfügung gestellt. Am selben Tag ereignete sich das Unglück bei der Loveparade in Duisburg mit 19 Toten und 342 Verletzten.
Vier Abendblatt-Redakteure berichten live von der Berlinale im Festivalblog