Der deutsche Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck über Hollywood und die Dreharbeiten zu seinem neuen Film “The Tourist“.

Berlin. Ende letzten Jahres hatte sich Florian Henckel von Donnersmarck in die Abgeschiedenheit eines Klosters bei Wien zurückgezogen, um an einem neuen Drehbuch zu schreiben. Bis ein Handyklingeln die Stille zerriss. Am anderen Ende der Leitung? Angelina Jolie . "Florian, ich habe hier ein Skript, das mir nicht gefällt, dessen Grundidee ich aber interessant finde. Kannst du das Drehbuch eventuell neu schreiben? Und den Film auch inszenieren?" Florian konnte. Herausgekommen ist "The Tourist", der erste Film von Donnersmarcks nach " Das Leben der Anderen ".

Hamburger Abendblatt:

Was bedeutet Ihnen Hollywood?

Florian Henckel von Donnersmarck:

Hollywood bedeutet für mich Staunen, denn das Staunen über diese Traumfabrik verliert man einfach nicht. Ich hatte ständig in den Columbia-Studios zu tun und bin nach der Arbeit immer noch einmal über das Gelände gelaufen. Es ist wirklich traumhaft dort. Da marschieren leicht bekleidete Showgirls oder Aliens den Weg entlang, oder auch einfach mal ein paar Elefanten.

Warum hat es nach Ihrem Sensationsdebüt so lange gedauert, bis Sie einen neuen Film gemacht haben?

Donnersmarck:

Nach der Oscar-Verleihung im Februar 2007 war ich noch ein Jahr lang mit "Das Leben der Anderen" unterwegs. Ich habe erst 2008 angefangen, Drehbücher zu lesen, es waren sicher mehr als 100.

Und unter diesen Büchern gab es keines, das Sie interessiert hat?

Donnersmarck:

Eigentlich nicht. Von den Büchern, die ich gelesen habe, sind jetzt etwa 15 realisiert worden. Bei keinem habe ich gedacht: Ui, den hätte ich aber selbst gern gemacht. Die meisten Skripte gingen in die Richtung von Monster, Mumien, Mutationen. Superhelden, Aliens und Explosionen sind vielleicht gerade die Gegenwart von Hollywood, aber nicht das, was den Ort so groß gemacht hat. Der Stoff von "The Tourist" dagegen war etwas, das meinem Hollywood-Bild entspricht.

"The Tourist" ist das Remake des französischen Thrillers "Anthony Zimmer". Darin geht es um einen Amerikaner auf dem Weg nach Italien, der sich nach einer Trennung ablenken will und in Venedig eine atemberaubende Frau trifft. Was war das Spannende an dieser Vorlage?

Donnersmarck:

Ich habe mir das Original bewusst nicht angeschaut, weil man dann Bilder in den Kopf bekommt, gegen die man dann später ankämpft. Es schien mir eine gute Gelegenheit, mal etwas Leichtes zu versuchen und wegzukommen von der deutschen Schwere. Die habe ich ja doch in meiner Seele.

Und Sie konnten eine Schauspielerin zur Göttin machen, wie das früher mit allen Diven üblich war ...

Donnersmarck:

Ich wollte die Ikone Angelina Jolie einmal nicht als Action-Star inszenieren. Sondern als die unglaublich weibliche und elegante Frau, die sie im Grunde ja ist. Diese Rolle ist sehr nah an dem, was Angelina im wirklichen Leben ausmacht. Sie ist eine sehr zarte, sehr stolze, intelligente Person.

Haben Sie sich daran gewöhnt, dass ein Star wie Frau Jolie Sie einfach so anruft?

Donnersmarck:

Ich falle nicht in Ohnmacht, wenn Angelina am Apparat ist, wenn Sie das jetzt gedacht haben.

Eigentlich schon.

Nein, nein, ich kenne sie auch schon länger.

Wie kam Johnny Depp ins Boot?

Donnersmarck:

Es sollte sich nicht alles nur um Angelina drehen. Ich weiß zum Beispiel gar nicht mehr, mit welchem männlichen Partner sie in "Lara Croft" oder in "Salt" gespielt hat. Sie hat so eine enorme Strahlkraft, dass man ihre Partner leicht übersieht. Wer kann ihr Paroli bieten? Da gab's nur Johnny Depp. Er ist der coolste, witzigste, präsenteste Schauspieler, der mir einfiel.

Sie zeigen in "The Tourist" Paris im Regen und Venedig im Nebel. Steckt dahinter ein bisschen Heimweh nach Europa?

Donnersmarck:

Vielleicht. Aber es ist auch so, dass sich wirklicher Hollywood-Glamour besser in Europa umsetzen lässt. Paris und Venedig sind für mich die schönsten Städte der Welt, und zu ihrer Textur gehört sicherlich auch das Wetter.

Wie kehren Sie nach Europa zurück?

Donnersmarck:

Ich bin oft hier. Mein Vater ist im vergangenen Jahr gestorben und ich habe die letzten Wochen mit ihm zusammen verbracht.

Und als Regisseur? Was wird Ihr nächstes Projekt sein?

Donnersmarck:

Es beschäftigt sich mit der Frage: Wofür ist man bereit, sein Leben zu geben? Das beleuchte ich anhand des Schicksals von ganz normalen Leuten. Ein schwerer Stoff, aber na ja - teutonisch eben.