Außerdem sei das Rückenmark Samuel K.s in Mitleidenschaft gezogen, sagte der Ärztliche Direktor der Uniklinik Düsseldorf. Lebensgefahr bestehe nicht. Der Wettkandidat sei zweieinhalb Stunden notoperiert worden.
Düsseldorf. Der am Sonnabendabend bei „Wetten, dass..?“ verunglückte Samuel K. aus Efringen-Kirchen (Kreis Lörrach) hat sich bei seinem Unfall eine komplexe Verletzung an der Halswirbelsäule zugezogen. Auch das Rückenmark sei in Mitleidenschaft gezogen worden, sagte der Ärztliche Direktor des Uniklinikums Düsseldorf, Prof. Wolfgang Raab, am Sonntag auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf. Raab sprach außerdem von Lähmungserscheinungen. Man habe Koch mittlerweile notoperiert, er liege im künstlichen Koma. Inwieweit er wieder gesund werde, könne man derzeit nicht sicher sagen.
Zwar bestehe keine akute Lebensgefahr, der Patient sei aber in „ausgesprochen kritischem Zustand“, erläuterte Raab. Er sei einer zweieinhalbstündigen Notoperation unterzogen worden und befinde sich derzeit im künstlichen Koma. Zu möglicherweise bleibenden Schäden wollte sich Raab nicht äußern
Zuvor waren über den Gesundheitszustand von Wettkandidat Samuel K., der sich am Sonnabend gleich bei der ersten Wette in der ZDF-Unterhaltunssendung schwer verletzt hatte, nur wenig Informationen nach außen gedrungen. Samuel sei in einem "bewusstseinsnahem Zustand", soll sich Oberarzt Dr. Michael Schädel-Höpfner nach einer Tomographie geäußert haben. Das berichtet "Bild.de".
Bereits im "heute journal" des ZDF am Sonnabendabend hatte "Wetten, dass...?"-Moderator Thomas Gottschalk gesagt, Samuel K. sei bei Bewusstsein, seine Eltern seien bei ihm und hätten mit ihm gesprochen. Zum genauen Gesundheitszustand seines Wettkandidaten könne und wolle er nichts sagen. Gottschalk sagte, für ihn sei der Unfall „eine ganz furchtbare Erfahrung“.
+++Thomas Gottschalk zum Unfall im "heute journal"+++
Am späten Abend sagte Klinik-Sprecherin Dopheide im ZDF, Samuel K. sollte noch in der Nacht „operativ behandelt“ werden. Nähere Angaben machte aber auch sie nicht.
ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut erklärte: „Die ersten Informationen über den Zustand unseres Wettkandidaten waren nicht eindeutig. (...) Unter dieser Voraussetzung konnten und wollten wir die Unterhaltungssendung nicht fortsetzen.“ Er kündigte eine gründliche Untersuchung des Unfalls an.
+++Mit solchen Sprungfedern wollte Samuel Koch seine Wette gewinnen+++
Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat sich „geschockt und bestürzt“ über den schweren Unfall gezeigt. „Der Unfall ist direkt vor uns passiert“, sagte Kraft am Sonntag, die bei der Live-Sendung am Sonnabendabend aus Düsseldorf im Publikum saß. Sie habe für den Verunglückten gebetet, sagte Kraft weiter: „Es war richtig, die Sendung abzubrechen. Wir alle bangen mit der Familie des Kandidaten und hoffen darauf, dass er bald wieder gesund wird.“
Der 23-jährige Wettkandidat war bei dem Versuch, mit Sprungfedern unter den Füßen über ein fahrendes Auto zu springen, gestürzt und reglos am Boden liegen geblieben.
Der Student hatte anscheinend ursprünglich eine weniger spektakuläre Wette geplant, sein hatte vor der Sendung gesagt, das ZDF habe mit ihm zusammen an der Wette gefeilt.
+++Wie es zu der Wette kam+++
Millionen Fernsehzuschauer bangten um die Gesundheit des Kunstturners. Sowohl bei Gottschalks Abmoderation als auch beim "heute journal" waren fast 10 Millionen Zuschauer dabei. Im Durchschnitt sahen 8,13 Mio. Menschen ab 20.15 Uhr das abgebrochene "Wetten, dass..?", beim "heute-journal" um 22.45 Uhr waren es 8,08 Mio. Der Blick auf die Minutenwerte zeigt aber, dass sowohl bei Gottschalks Abbruch-Moderation um 21.10 Uhr, als auch zu Beginn des "heute-journals" mit der Schalte zu Gottschalk nach Düsseldorf um 22.45 Uhr jeweils ca. 9,5 Mio. Leute das ZDF eingeschaltet hatten.
Das ZDF entschied sich zunächst für eine Unterbrechung der Livesendung und stellte deren Fortsetzung in Aussicht, sobald Klarheit über den Gesundheitszustand des Verunglückten herrsche. Nach etwa einer halben Stunde Pause, in der der Sender Musikacts aus vergangenen Sendungen zeigte, verkündete Moderator Thomas Gottschalk den Abbruch der Unterhaltungsshow. „Ich halte es für meine Pflicht, Ihnen zu sagen, wir werden Ihnen nicht etwas vorspielen“, sagte er den Zuschauern. Sichtlich mitgenommen fügte Gottschalk hinzu: „Wir wollen nicht auf heiter machen, wenn wir nicht wirklich heiter sind.“
+++ Schon einmal endete eine Sprung-Wette tragisch +++
Das Unglück geschah bereits kurz nach Beginn der 192. „Wetten, dass..?“-Ausgabe aus Düsseldorf – gleich bei der ersten Wette. Beim ersten Sprung mit seinen sogenannten Powerizern kam Samuel K. noch ohne Probleme über den Smart-Kleinwagen. Beim zweiten Auto brach der junge Mann ab und nahm noch einmal Anlauf. Dann klappte es wieder. Beim vierten Versuch geschah der Unfall. Am Steuer des Wagens saß ausgerechnet der Vater des jungen Mannes, der an der Hochschule für Musik, Theater und Medien in Hannover studiert und Hobby-Kunstturner ist.
Samuel K. hatte vor der Sendung offenbar selbst an seinem Vorhaben gezweifelt. "Bei den Proben am Donnerstag bin ich zweimal schwer gestürzt. Der Wettteil klappt noch nicht", hatte er der "Badischen Zeitung" gesagt. Er sei "skeptisch", die Voraussetzungen seien aber so, dass es in der Sendung "funktionieren könnte".
Die Wettpaten, Komiker Otto Waalkes und Model Sara Nuru, reagierten ebenso wie das Düsseldorfer Publikum geschockt auf den Sturz. Fernsehmitarbeiter spannten ein schwarzes Tuch um die Unfallstelle. Gottschalk unterbrach die Sendung; das ZDF blendete Musikvideos ein. Den Zuschauern in der Halle auf dem Düsseldorfer Messegelände erklärte Gottschalk, der Student sei auf dem Weg ins Krankenhaus. Er sei ansprechbar. Im günstigsten Fall sei der Wettkandidat mit einer Nackenprellung davongekommen.
Näheres zum Zustand des 23-Jährigen sollte nach Gottschalks Worten eine Computertomographie erbringen. Der Wettkandidat hatte einen Helm und Schutzkleidung getragen. Kurz darauf brach Gottschalk die Sendung komplett ab. „Ich bringe es nicht fertig, jetzt hier weiter zu moderieren“, sagte Gottschalk kreidebleich. Es sei der erste derartige Abbruch in seiner Karriere. Die Zuschauer schickte er mit den Worten nach Hause: „Ich entlasse Sie ratlos. Ich bin ratlos, Sie sind ratlos – und traurig sind wir alle.“
"Wir sind in Gedanken bei unserem Kandidaten", sagte Programmdirektor Bellut. "Unsere Redaktion und Produktion legen immer größten Wert auf die Sicherheit aller Beteiligten. Wir werden diesen Unfall gründlich untersuchen und Lehren daraus ziehen." Thomas Gottschalk sei mit dieser schwierigen Situation sehr gut umgegangen, habe die Zuschauer informiert und den Abbruch der Sendung begründet. "Ich bin sicher, dass die Zuschauer das verstehen und gutheißen“, so Bellut.
Das ZDF zeigte nach Abbruch der Show "Ein starkes Team". Bis dahin überbrückte der Sender die Pause mit Einspielern vergangener Musikauftritte von Bands wie Modern Talking oder Boyzone. Der Hamburger Krisenberater und Kommunikationscoach Wolf Achim Wiegand kritisierte die Auswahl des Sendematerials. "Während die TV-Nation rätselte, ob eben ein Mensch vor ihren Augen in den Tod gestürzt war, liefen lustige Nostalgie-Clips", so Wiegand, "es geht gar nicht, einen auf lustig zu machen, wenn ein Personenschaden vorliegt. Das ist ein alter Grundsatz der Krisen-PR. Das ZDF missachtete ihn."
+++ Hamburger Medienberater: Krisenkommunikation beim ZDF klappte, aber nur bedingt +++
In den Proben habe der Stunt funktioniert, meinte Gottschalk. Angekündigt hatte der Moderator die Wette mit den Worten: „Ich habe vieles gesehen in meiner Laufbahn, so gefürchtet hab' ich mich noch nie, dass dem jungen Mann etwas passiert. Ich kann nur sagen: Ich hoffe, alles geht gut.“ Es war das ertse Mal in der 29-jährigen Geschichte von „Wetten, dass..?“, dass eine Sendung abgebrochen wurde.
Auf Gottschalks Gästeliste hatten die mit Robbie Williams wiedervereinigte Band Take That und der 16 Jahre alte Teenie-Schwarm Justin Bieber gestanden. Erwartet wurden auch die Hollywood-Schauspieler Cameron Diaz und Christoph Waltz, Sängerin Cher, Musiker Phil Collins, Mimin Alexandra Maria Lara sowie Hardy Krüger senior. Zu den Gästen in Düsseldorf, die Zeuge des Unfalls wurden, gehörte auch die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD).
Tennie-Star Bieber reagierte mit einer Mitteilung via "Twitter" auf den Unfall in der Unterhaltungsshow. "Wir alle denken, dass es nicht richtig wäre, die Show fortzusetzen. Bitte betet für Samuel und seine Familie, während wir um seine Gesundheit bangen."
Die jungen, zumeist weiblichen Fans des 16 Jahre alten Kanadiers reagierten verzweifelt, weil sie ihren Star nicht sehen konnten. Kreischend hatten sie ihrem Idol entgegengefiebert. Viele Mädchen waren in Tränen aufgelöst. Eine Jugendliche sagte, sie habe eine achtstündige Zugfahrt auf sich genommen, um Bieber in Düsseldorf sehen zu können. Als die Zuschauer die Halle verließen, konnten sie lediglich auf Robbie Williams einen Blick erhaschen, der ihnen kurz zuwinkte, dann aber ebenfalls verschwand.