Was für ein trister Abend. Kurz und schmerzlos absolvierten die Preisträger ihren Auftritt in Köln. Es gab nur wenige Lichtblicke.
Köln. Die Dekolletés waren nicht der einzige Blickfang an diesem Abend. Auch ein paar Zentimeter weiter rechts gab es viel zu sehen oder besser gesagt: eine etwas bemüht doppeldeutige Botschaft. "Ich bin preiswert" funkelte es von briefmarkengroßen Silberansteckern, die das Schauspielertriumvirat Hans-Werner Meyer, Heinrich Schafmeister und Dietmar Bär vor der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises mit verschwörerischer Miene an die Gäste verteilt hatte, als wären es Stinkbomben auf dem Schulhof.
Preiswert meinte natürlich: auszeichnungswürdig, nicht billig zu haben, wie mancher Sendermitarbeiter mit Blick auf künftige Gehaltsverhandlungen unkte. Die als beste Schauspieler Nominierten Jessica Schwarz und Lars Eidinger trugen die Sticker ebenso selbstbewusst zur Schau wie die großzügig tätowierte ZDF-Moderatorin Dunja Hayali - neben der als glitzernde Himbeertorte verkleideten Cindy aus Marzahn übrigens die meistfotografierte Frau des Abends. Was unweigerlich zu der Frage führte, wer alles an diesem Abend fehlte. Iris Berben , Senta Berger, Thomas Gottschalk, Günther Jauch, Johannes B. Kerner, um nur die Wichtigsten zu nennen. Glamour wurde beim 12. Deutschen Fernsehpreis sehr kleingeschrieben.
Der Unmut im Vorfeld zwischen Preisstiftern (ARD, ZDF, RTL, ProSiebenSat.1) und den Verbänden der Kreativen lag wie ein Schatten über der Gala. Abergläubige würden sagen: wie ein Fluch. Kurz und schmerzlos absolvierten die Preisträger ihren Auftritt, Protest gegen die veränderten Regularien - etwa die Streichung wichtiger Personenkategorien - wurde hauptsächlich durch Nicht-Erscheinen demonstriert. Auf der anschließenden Party schielten die Gäste ab Mitternacht auf die Uhr.
Dabei hatte auf dem Papier alles so richtig ausgesehen. Ein Abend, mögen sich die Veranstalter gesagt haben, der damit beginnt, dass Zuschauerliebling Lena Meyer-Landrut ihren Oslo-Hit "Satellite" schmettert, kann kein ganz schlechter Abend werden. Das war einerseits richtig überlegt (und auch die Auszeichnung für "Unser Star in Oslo" als beste Unterhaltungssendung war verdient), andererseits aber komplett falsch. Das Publikum groovte, tanzte nicht zum Song, sondern klatschte gefällig und ein bisschen steif. Kein einziges Mal während der immerhin zweieinhalbstündigen Verleihung gab es Standing Ovations - und das bei einer Branche, die sich doch lieber feiert als jede andere.
So vieles wurde da verschenkt. Dominik Grafs hervorragende Miniserie "Im Angesicht des Verbrechens" wurde erwartungsgemäß als bester Mehrteiler ausgezeichnet - und Regisseur und das Ensemble um Marie Bäumer und Misel Maticevic zogen es vor, den Abend in einem Berliner Restaurant zu verbringen, anstatt sich auf der Bühne für eine mögliche zweite Staffel starkzumachen. Stiller Protest, für die Branche vielleicht ein Signal, für den Zuschauer allerdings nur eines: schade.
Dann doch lieber ein Auftritt, wie ihn Schauspielerin Annette Frier hinlegte, ausgezeichnet für die Sat.1-Serie "Danni Lowinski". Im Namen ihrer Serienfigur, einer schnodderigen Anwältin, forderte sie die Parteien auf, "ihren beleidigten Arsch an einen Tisch zu setzen, damit wir uns im nächsten Jahr wieder gemeinsam besaufen können". Folgerichtig endete die Gala, die wie mit angezogener Handbremse vor sich hineierte, mit einem Ehrenpreis, bei dem wohl erstmals in der Fernsehpreisgeschichte niemand im Saal einen Anflug von Gänsehaut verspürte. Kein Schweini, kein Poldi, kein Jogi Löw vertraten die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft, nur ein einsamer Oliver Bierhoff, dem man wenigstens ein paar Balljungen zur Dekoration hätte zur Seite stellen können, bedankte sich artig für den schönen Preis.
Und dann war es endlich geschafft. Was für ein trister Abend.