Rund 17.000 Gäste haben beim Reeperbahn Festival zu neuer internationaler Musik getanzt. Unter den 22 Orten waren auch ungewöhnliche Locations.

St. Pauli. Das diesjährige Reeperbahn Festival auf Hamburgs berühmter Amüsiermeile hat mit seiner Besucherresonanz an das Rekordjahr 2009 angeknüpft. Wie die Veranstalter zum Abschluss am Sonntag mitteilten, lockte das dreitägige Musikevent mit 17.000 Gästen genauso viele Besucher an wie im Vorjahr. „Wir haben 2010 noch konsequenter den Ansatz verfolgt, Deutschlands größtes Club-Festival als qualitätsorientiertes Entdeckerfestival zu positionieren“, resümierte Geschäftsführer Alexander Schulz.

Seit Donnerstag waren 190 Newcomer aus aller Welt in den Spielstätten auf dem Kiez von St. Pauli aufgetreten. Zu den gefeierten Acts gehörten unter anderem „Soul Machine“ Cee-Lo Green, die jamaikanischen Jolly Boys, das zehnköpfige Performance Orchester The Irrepressibles sowie Gonzales' Piano Show.

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Bespielt wurden nicht nur Musik-Clubs und Theater, sondern auch ungewöhnliche Etablissements wie die Table-Dance-Bar „Pearls“, die St. Pauli-Kirche, das Party-Schiff „Frau Hedi“ und die Reeperbahn-Filiale der Hamburger Sparkasse. Die Erweiterung des Festivals um sechs neue Spielstätten habe zudem bewirkt, dass auch spontane Besucher noch Tickets bekamen und lange Warteschlangen an den Clubs vermieden werden konnten, so die Veranstalter.

Der internationale Branchentreff Reeperbahn Campus verzeichnete auf 70 Veranstaltungen etwa 1500 Fach- und Medienvertreter, darunter Branchenexperten wie der Ire Vince Power, Promoter unter anderem von Eric Clapton, Philip Mortlock aus Australien, Verleger von AC/DC, oder Brent Grulke, Creative Director des South-By-Southwest-Festivals aus Austin, Texas. Im Songwriter Camp mit 25 Autoren aus sechs Ländern wurden Songs für Projekte wie „Popstars“ oder Lenas neuer Beitrag zum Eurovision Song Contest geschrieben und bei einem öffentlichen Showcase aufgeführt.


Feingefühl zeigt auch das US-Quartett Deer Tick, und zwar für ungeschliffene Countryperlen. Sänger John McCauley krächzt, als hätte er schon einige Gallonen Whiskey durchgezogen. Das beflügelt den Folk, die Melancholie und auch die verzückt lächelnden Besucher des Molotow. Zu dieser frühen Stunde klappt das hier noch mit der Ein- und Ausatmung. Später beim dynamischen Welpenrock von The Carolines aus London oben in der Bar drängeln sich genauso viele Leute draußen vor der Fensterscheibe wie drinnen.

Anarchie, wenn auch inhaltlich, demonstriert kurz vorher auch Jochen Distelmeyer. "Wohin mit dem Hass?" fragt der Hamburger. Die Streberfrisur hat sich zwar zur Hippielänge ausgewachsen. Doch als zorniger, wenn auch nicht mehr ganz so junger Mann geht er immer noch durch. Mit "Eintragung ins Nichts", einem prallen Stück Diskursrock seiner einstigen Band Blumfeld, kommentiert er "die politischen Veränderungen in diesem Land, vor allem in dieser Stadt".

Das Festival, es kann neben Branchentreff und Partyhype auch kontrovers sein. Denn Widerstand und -sprüche sind auf dem Kiez ebenfalls nicht unalltäglich.

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Internet: www.reeperbahnfestival.com