Die Band Tocotronic zeigte bei ihrer Show im Hamburger Stadtpark aufs Neue, dass Diskurs und Rock sehr wohl zusammen passen.

Hamburg. Die kalkulierte Dissonanz von 1000 Robota wirkt ein wenig hilflos. So sehr sich die drei Hamburger auch bemühen, der Funke will nicht überspringen. Die langsam eintrudelnden Gäste stehen ein wenig ratlos vor den wütenden jungen Männern. „Wir schreien so, weil wir nicht anders schreien wollen !“ Das wirkt nicht rebellierend oder gar revolutionär, sondern schlicht trotzig. Und wenn die Herren dann noch über das mangelnde Interesse zu quengeln beginnen, kann der langsam mit gealterte Tocotronic-Fan nur milde lächelnd die Schultern zucken und sich auf die 95 Minuten Diskursrock freuen, die noch folgen werden.

+++ Auf einer Reise durch die Gefühlswelt +++

„This Boy Is Tocotronic“. Treffender lässt sich Dirk von Lowtzow kaum beschreiben. Gewohnt ironisch beginnt er das Konzert mit „Eure Liebe Tötet Mich“. Und so geht es über die gesamte Zeit hinweg. Das Spiel mit den Emotionen, den Diskursen beherrscht kaum jemand so virtuos wie das Hamburger Quartett . Da stehen die Vier eng gedrängt auf der Bühne, als ob sie sich der Gegenwart ihrer Mitspieler ständig vergewissern müssten, schleudern der Gesellschaft „Aber Hier Leben, Nein Danke“ entgegen. Und freuen sich kindergleich über das „wunder-, wunderbare“ Publikum, die Nacht unterm „Hamburger Sternenzelt“ und die „unbarmherzige Großherzigkeit“, mit der die 2500 Besucher eine weitere Zugabe fordern. Und geben zum Abschluss Allen noch einmal den Rat: „Im Zweifel für den Zweifel“. Die Bilder, die ihre Texte entstehen lassen, wirken auch auf dem Heimweg noch nach. „Bitte oszillieren sie“. Das tun wir, zwischen Resignation und Rebellion, zwischen Melancholie und Lebensfreude.