Linda de Mol, in den 90er Jahren der Publikumsliebling im deutschen Privat-TV, will sich bei Sat.1 wieder in die Herzen der Zuschauer spielen.
Berlin. Ihre Stimme hat immer noch als unverkennbares Markenzeichen diesen holländischen Akzent, ihr Lachen bringt immer noch dieselbe Herzlichkeit rüber wie früher, und die Haare strahlen immer noch im gleichen Blond – vielleicht sogar noch ein bisschen mehr – wie vor 20 Jahren. Linda de Mol steht mit einem erneuten Comeback-Anlauf auf der Bühne des deutschen Fernsehens. Der frische Eindruck täuscht über die Realität hinweg: Die jetzt 47-Jährige ist ein Stück gelebter TV-Geschichte.
Früher noch war sie mit ihrer „Traumhochzeit“ (1992-2000) der unangefochtene RTL-Quotengarant, heute muss sich Linda im Haifischbecken genauso bewähren wie alle anderen, vor allem auch jüngere, die auf eine Karriere hoffen. Ein harter Neustart. „Ich denke nicht in Kategorien wie Comeback“, sagt de Mol. „Ich habe ein Angebot von Sat.1 bekommen, zuerst unglaublich gezweifelt daran und mir die Frage gestellt: Warum soll ich mir das antun?“
Doch dann sagt Linda etwas, was zwar viele äußern in solch einer Situation, wenn ihnen die Pistole auf die Brust gesetzt wird, aber was bei de Mol einfach glaubwürdiger, charmant und betont ernsthaft klingt: „Das Format war sehr spannend. Komm, habe ich mir gesagt, sei nicht so feige. Du hast jetzt die Chance, wag es noch mal.“ Sie sagte zu. Ab Mittwoch (11.4., 20.15 Uhr) wird Sat.1 in acht Teilen die TV-Show „The Winner is...“ zeigen, die von Talpa TV (die Firma gehört Lindas Bruder John) und Schwartzkopff TV produziert wird.
Linda de Mol hat eine längere Pause im deutschen Fernsehen hinter sich. Nach dem Ende von „Einer gegen 100“ (begann 2002 auf RTL) moderierte sie 2004 sieben Mal die Sat.1-Show „Der Millionen-Deal“, den Sat.1 dann in „Deal or no Deal“ umtaufte und mit Guido Cantz fortsetzte. Ein erneuter Comeback-Versuch beim ZDF ging daneben: Ihre holländische TV-Serie „Feine Freundinnen“ traf auf kaum Resonanz, zwei TV-Filme liefen mittelprächtig, eine Revival-Ausgabe der „Traumhochzeit“ funktionierte 2008 auch nicht so recht. Dann: Stille.
Linda de Mol ist Realistin: „Es gibt eine neue Generation, die mich nicht kennt. Wer unter 20 ist, weiß nichts von mir. Aber als wir in Hilversum die ersten Sendungen aufgezeichnet haben, reisten viele Mütter, die mich als junge Frauen bei RTL gesehen hatten, mit ihren Töchtern an. Ich denke: Ich habe nicht den Anspruch darauf, dass ganz Deutschland darauf wartet, dass ich wiederkomme.“ Einer Neuauflage der „Traumhochzeit“ erteilt sie eine Absage: „Ich denke nicht, dass die Sendung in modernisierter Form mit mehr Spannung interessant wäre - und das passt auch nicht zur Romantik.“
RTL reagierte auf die Neuverpflichtung de Mols bei Sat.1 empfindlich: Ursprünglich sollte „The Winner is...“ am 13. April starten, doch RTL programmierte an dem Tag nicht den üblichen Günther Jauch mit „Wer wird Millionär?“, sondern verlängert die Sendezeit und experimentiert mit einer Prominentenausgabe in Doppel-Teams. „Ich verstehe das schon als Kompliment von RTL, wenn man dort sagt: Wir sorgen jetzt dafür, dass es bei Lindas erster Sendung nicht so gut läuft. Aber ich halte mich da raus. In Holland sage ich meine Meinung, in der deutschen TV-Landschaft kenne ich mich nicht so gut aus...“
Ein Schuft, der Schlechtes dabei denkt: Weil Sat.1 den Start auf den Mittwoch vorzog, gibt es nun ein holländisches Fernduell im Fernsehen, denn RTL zeigt mittwochs immer „Let’s Dance“ mit Linda de Mols holländischer Kollegin Sylvie van der Vaart. Im Gegensatz zu van der Vaart, die im Gebrauch der deutschen Sprache aktuell mehr Routine hat, muss de Mol wieder üben. „Ein bisschen eingerostet war ich schon, manchmal habe ich bei den Aufzeichnungen Wörter gesucht, deswegen habe ich trotz Teleprompter Respekt vor der Finalshow, die live ist.“
In der Show „The Winner is...“ treten pro Show Sänger in acht Kategorien gegeneinander an. Eine 101-köpfige Studio-Jury mit Musikproduzent Mousse T. als Chef entscheidet darüber, wer im direkten Duell gegeneinander weiterkommt. Wer freiwillig in der Vorrunde aufgibt, bekommt 5000 Euro. Wer im Finale siegt, erhält eine Million Euro in bar.
In Holland pflegt de Mol, die nach der Trennung von dem Vater ihrer beiden Kinder, dem TV-Mann Sander Vahle, seit vier Jahren mit dem Künstler Jeroen Rietbergen zusammen ist, ihre eigentlichen Berufe: Sie gibt die Illustrierte „Linda“ heraus und hat eine neue TV-Serie für RTL Niederlande entwickelt mit dem Titel „Divorce“ (Scheidung), in der drei Männer nach ihrer Trennung in eine alte Villa ziehen und neue Anfänge suchen. Vielleicht ist Sat.1 auch an dieser Idee interessiert.