Eine Betrachtung von Iris Hellmuth
Die Schnittmenge jener Hamburger, die in der kommenden Woche die Vorstellungen der Lessingtage am Thalia besuchen, und jener, die Abend für Abend das "Dschungelcamp" einschalten, dürfte gering ausfallen - Umfragen im erweiterten Bekanntenkreis lassen keinen anderen Schluss zu. Die anfangs zarten, am Ende doch nachdrücklichen Konvertierungsversuche sind Ende der Woche vollends im Sande verlaufen. Das verstehe, wer will: Denn an beiden Orten, im Busch wie im Theater, wird die Welt derzeit auf das Wesentliche reduziert, weil es um den Menschen geht, die Liebe, das Scheitern und den Rest. Jean-Paul Sartre hätte seinen Spaß an diesem Treiben, er hat es ja schon einmal vorempfunden in "Huis Clos", "Geschlossene Gesellschaft", die Hölle, heißt es da, das sind die anderen.
Als Vincent, der Zauberer, am Donnerstag in einen Teich fiel, der dem Vernehmen nach in großen Teilen aus Exkrementen bestand, da sprach er aus, was alle dachten: "Ich bin nicht in Scheiße gefallen - ich bin Scheiße, verstehst du?" So viel Wahrheit im Showgeschäft war selten.
Auch Ailton sitzt im Dschungel, er war mal ein sehr erfolgreicher Stürmer bei Werder Bremen. Das sagt mehr über Werder Bremen aus als über Ailton, aber so ist es ja grundsätzlich mit dem Dschungelcamp - es hält nicht nur denen den Spiegel vor, die gerade darin sitzen, sondern auch uns. Da ist es wie mit dem Theater.