Mit der Weltpremiere des chinesischen Liebesdramas „Tuan Yuan“ startete am Donnerstag die 60. Berlinale in der Hauptstadt.
Berlin. Mit der Weltpremiere des chinesischen Liebesdramas „Tuan Yuan“ (Getrennt zusammen) startete am Donnerstagabend die 60. Berlinale. Zum Auftakt der elftägigen Internationalen Filmfestspiele Berlin zeigte Regisseur Wang Quan’an, wie große Politik und privates Schicksal untrennbar verknüpft sein können.
Mit dem Film des in seiner Heimat China als Autorenfilmer anerkannten Quan’an holte Berlinale-Direktor Dieter Kosslick zum Festivalauftakt nicht das starbesetzte Glamour-Kino auf den roten Teppich. Er setzte vielmehr ein Zeichen dafür, dass die Berlinale sich auch im 60. Jahr ihres Bestehens als Festival mit politischer Botschaft versteht.
„Tuan Yuan“ erzählt von einem Mann, der vor 50 Jahren vor den chinesischen Kommunisten nach Taiwan floh. Bei einer Reise in seine frühere Heimat Schanghai trifft er seine ehemalige Geliebte wieder, die er damals schwanger zurückließ. Alte Gefühle flammen wieder auf. Doch die Frau ist schon lange mit einem Unteroffizier der kommunistischen Truppen verheiratet und hat mehrere Kinder mit ihm. Ein teils offen, teils subtil geführter Konflikt in der Familie bricht aus.
„Dass unser Land geteilt ist, das ist eine Tragödie – im Großen. Unser Film schaut auf das scheinbar Kleine: Darauf, wie sich diese Tragödie auf den Alltag ganz durchschnittlicher Menschen ausgewirkt hat“, sagte Regisseur Quan’an. „Das höchste Ideal für uns Chinesen ist, die Familie zusammenzuhalten, die Familie zu vereinen. Unser Film erzählt davon, wie schwer das sein kann. Ein Problem sicher nicht nur für uns in China, sondern für die ganze moderne Welt, die sich in einem Umbruch befindet“, sagte Quan’an.
In seinem ebenso politischen wie privaten Film verbindet er komische mit tragischen Momenten. Der Regisseur ist kein Berlinale- Neuling. Er gewann vor drei Jahren mit „Tuyas Hochzeit“ den Goldenen Bären. Die Berlinale war in den 80er Jahren das erste große Festival, das dem asiatischen Kino eine Plattform verschaffte. Der heutige Starregisseur Zhang Yimou gewann 1988 als erster Chinese den Goldenen Bären für „Rotes Kornfeld“.
Zur Festivaleröffnung waren mehr als 1600 Zuschauer in den Berlinale-Palast am Potsdamer Platz geladen, darunter die versammelte deutsche Filmprominenz und natürlich die internationale Jury mit ihrem Vorsitzenden Werner Herzog („Fitzcarraldo“). Was einen guten Film ausmacht, wollte der 67-jährige Regisseur nicht klar definiert wissen. „Das bleibt immer ein Rätsel“, meinte er. Jurymitglied Renée Zellweger zog bereits am Vormittag die Blicke auf sich. „Was mir gefällt, das sind diese Filme, die wirklich eine Herausforderung stellen, die Angst machen, denn sie machen den größten Eindruck“, beschrieb sie ihre Film-Vorlieben.
Bis zum 21. Februar zeigt die Berlinale rund 400 Filme aus aller Welt. Stars wie Leonardo DiCaprio, Martin Scorsese, Ben Stiller, Shah Rukh Kahn, Jeanne Moreau, Jackie Chan und Gérard Depardieu werden erwartet. Im Wettbewerb um den Goldenen Bären sind neben „Tuan Yuan“ weitere 19 Regiearbeiten. Auch drei deutsche Filmemacher sind in der Konkurrenz. Oskar Roehler („Elementarteilchen“) erzählt in „Jud Süß – Film ohne Gewissen“ mit Tobias Moretti in der Hauptrolle die Entstehungsgeschichte des berüchtigten Nazi-Propagandafilms.
Burhan Qurbani, in Deutschland aufgewachsener Sohn afghanischer Eltern, ist mit dem Film „Shahada“ über junge Muslime in Berlin dabei. Benjamin Heisenberg stellt seinen auf einer wahren Geschichte beruhenden Film „Der Räuber" über einen Marathonläufer vor, der Banken ausraubt.
Als Weltpremiere ist bereits am Freitag Roman Polanskis Politthriller „Der Ghostwriter“ im Wettbewerb zu sehen. Polanski selbst kann wegen seines andauernden Hausarrests in der Schweiz allerdings nicht nach Berlin kommen. Die USA fordern Polanskis Auslieferung. Ihm wird vorgeworfen, 1977 eine 13-Jährige mit Drogen gefügig gemacht und dann Sex mit ihr gehabt zu haben. Nach Berlin schickt der Regisseur „Ghostwriter“- Autor Robert Harris und seine Darsteller Ewan McGregor und Pierce Brosnan. Außer Konkurrenz zeigen die Berlinale-Stammgäste DiCaprio und Scorsese am Samstag das Gefängnisdrama „Shutter Island“.