Show: Unser Star für Oslo. 20.15 Uhr ProSieben
Was für ein Wandel: Die ARD macht einen Riesensatz über ihren Schatten und arbeitet mit Stefan Raab zusammen, jenem Mann also, der in seiner Karriere vermutlich öfter verklagt worden ist als seine TV-Kollegen zusammen. Wie kein anderer steht Raab für all das, was der ARD abgeht: Spontaneität, Einfallsreichtum, Experimentierfreude und Erfolg beim jungen Publikum. Kein Wunder, dass die Kooperation zunächst scheiterte, wenn auch weniger wegen der durchaus vorhandenen kulturellen Berührungsängste: Beim schwerfälligen Senderverbund will erfahrungsgemäß jeder Koch im Brei mitrühren, darauf hatte Raab keine Lust. Wie durch ein Wunder hat's dann doch geklappt. Selbst wenn die eigentliche Arbeit - von heute an wird "Unser Star für Oslo" gesucht - jetzt erst losgeht: Schon allein mit ihrer Kooperationsbereitschaft haben beide Seiten viel erreicht. Was wie das Eingeständnis einer Niederlage aussieht, weil die ARD die Vorentscheidung für den Eurovision Song Contest (ESC) nicht mehr alleine stemmen kann, könnte auch Ausdruck der Anerkennung für Raabs musikalisches Gespür sein. In Anlehnung an Robert Louis Stevensons Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde könnte man von Dr. Stefan und Mr. Raab sprechen: Während Mr. Raab die düsteren Seiten des Privatfernsehens auslebt und in der Vergangenheit mit plumpen Scherzen regelmäßig juristische Scharmützel provozierte, hat Dr. Stefan beim Engagement für die Musik immer Ernst gemacht. Das mag nicht immer Kunst gewesen sein, war aber enorm erfolgreich: "Böörti Böörti Vogts" kam auf Platz vier der deutschen Single-Charts, "Ho mir ma ne Flasche Bier" auf Platz zwei, "Maschen-Draht-Zaun" auf Platz eins.
Wenn Raab für Deutschland in den europäischen Wettbewerb zog, schaffte er es immer unter die ersten zehn, ob als Interpret ("Wadde hadde dudde da?", 2000) oder als Produzent von Guildo Horn ("Guildo hat euch lieb", 1998) und Max Mutzke ("Can't Wait Until Tonight", 2004). Mutzke hatte Raabs Nachwuchswettbewerb "Stefan sucht den Super Grand Prix Star" ("SSDSGPS") gewonnen, Raabs eigener Gegenentwurf zu "Deutschland sucht den Superstar". Für die Talentsuche ist der Moderator sogar mit dem renommierten Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet worden. Später siegte Mutzke auch bei der Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest, belegte in Istanbul einen respektablen achten Platz und ist im Gegensatz zu den "Superstars" von RTL nach wie vor im Geschäft.
Auf eine ähnliche Karriere hoffen natürlich auch die Teilnehmer von "Unser Star in Oslo". In acht Sendungen wetteifern 20 Kandidaten (von ursprünglich 4500) um die Gunst einer Jury, in der neben Raab wechselnde Gäste wie Marius Müller-Westernhagen, Jan Delay, Yvonne Catterfeld oder Sarah Connor sitzen. Die fünf Vorauswahlsendungen und das Halbfinale laufen bei ProSieben, Viertelfinale und Abschlusssendung am 12. März im Ersten. Dann ist entschieden, wer für Deutschland am 29. Mai in Olso singt.
Als das Konzept, das Leichtigkeit und künstlerischen Anspruch verbinden soll, kürzlich in Berlin vorgestellt wurde, versicherte ProSieben-Geschäftsführer Thilo Proff: "Dafür brennt Stefan Raab, dafür brennt ProSieben, dafür brennt auch die ARD." Und ARD-Programmdirektor Volker Herres ergänzte: "Wenn es um eine nationale Aufgabe geht, dann kenne ich keine Konkurrenten mehr, dann kenne ich nur noch Deutschland." Im vergangenen Jahr hatte die ARD komplett auf diese Art der Qualifikation verzichtet und hinter verschlossenen Türen einen Teilnehmer bestimmt. Raabs Erwartungen an die Finalteilnehmer klingen wie eine Selbstbeschreibung: "Es muss nicht immer der gewinnen, der die beste Stimme hat, Charisma und Haltung sind nicht weniger wichtig. Die größten Chancen hat man, wenn man sich treu bleibt." Deshalb soll die Jury auch nicht nach dem Kandidaten mit den besten Aussichten auf einen Sieg in Oslo suchen. Zu verlieren hat der Gewinner der deutschen Vorentscheidung ohnehin nichts: Vergangenes Jahr erreichte Deutschland Rang 20.