Er war der Retter in der Not. Vor zwei Wochen übernahm Otto Bubenicek die Orpheus-Rolle für den erkrankten italienischen Gaststar Roberto Bolle in John Neumeiers Ballett. Eingespielt auf den Choreografen, machte er im Probenmarathon das Unmögliche möglich. "Ich hatte nur mehr die Schritte im Kopf", bekennt der Erste Solist, seit 1973 in der Compagnie. Bei der Premiere in der Staatsoper feierte ihn das Publikum für den grandiosen Kraftakt.
Der Sohn aus einer tschechischen Fahrrad-Artistenfamilie kam vor Zwillingsbruder Jiri zur Welt. Eine Lehrerin entdeckte das Tanztalent der beiden Zirkuskinder und vermittelte sie ans Prager Konservatorium. Beim Prix de Lausanne 1972 sah Neumeier das Paar, holte es nach Hamburg und baute es zu den "Ballett-Zwillingen" auf. Sie brillierten mit "Doppel-Rollen" in "Njinsky" oder "Tod in Venedig", bis Jiri vor drei Jahren nach Dresden wechselte.
"Anfangs war ich traurig über die Trennung", sagt Otto, "doch wir sind in ständigem Kontakt und treten weiterhin gemeinsam auf." Sie haben auch Pläne für die Zukunft: "Mein Bruder ist ein talentierter Choreograf, und ich schreibe die Musik zu seinen Stücken." Im "Orpheus" sind Tanz und Liebe zur Musik das Thema: "Das eine kann ohne das andere nicht existieren."