Nun ist er also fertig: “Walküre“ ist kein schlechter Film. Das Making-of war trotzdem besser.

Hamburg. Hört man Tom Cruise dieser Tage im Interview mit amerikanischen Fernsehjournalisten, muss man kurz stutzen. Die deutsche Regierung, sagt er da anlässlich der New-York-Premiere seines neuen Kinofilms "Operation Walküre", habe ihn sehr dabei unterstützt, diesen Film zu drehen. Sie habe ihm sogar Geld gegeben! Einen Moment lang hat man unwillkürlich Angela Merkel vor Augen, wie sie Tom Cruise entschlossen einen Geldkoffer in die Hand drückt: "Nehmen Sie, junger Mann, und erklären Sie der Welt unsere Geschichte."

Und bevor man den absurden Gedanken noch zu Ende denken kann, schiebt Tom Cruise schon den nächsten Satz hinterher: Außerdem, erzählt er mit fast kindlich stolzem Ernst, habe man ihm in Deutschland einen Preis, "eine Art deutschen Oscar", verliehen, für den Mut, den er hatte, den Hitler-Attentäter zu spielen in der "Operation Walküre", die am 22. Januar auch in den deutschen Kinos startet. Deutschland, so hat es jedenfalls Tom Cruise verstanden, und diesen Eindruck dürfte nun also auch eine Reihe von US-Fernsehzuschauern teilen, steht kompromisslos hinter ihm. Wir sind Tom Cruise. Tom Cruise ist Stauffenberg. Eine relativ verblüffende Wendung der Dinge, wenn man bedenkt, wie viel Kritik gerade diese Besetzung (ein Scientologe als Widerstandskämpfer!) und diese Dreharbeiten (Hollywood im Bendlerblock!) gerade auch in den deutschen Medien ausgelöst hatte. Und auch Berthold Schenk Graf von Stauffenberg, Sohn des Widerstandskämpfers, war nicht begeistert darüber, dass Tom Cruise seinen Vater verkörpert.

Die Erklärung ist simpel: Das "Geld der deutschen Regierung" sind Filmfördermittel - 4,8 Millionen Euro des Deutschen Filmförderfonds (DFFF) hat diese Produktion erhalten, eine Investition, gekoppelt an die Auflage, das Geld hierzulande auszugeben. Im Falle eines Kassenschlagers wird die Summe ganz oder teilweise zurückgezahlt. Und der "deutsche Oscar" ist der Bambi. Darüber, wie couragiert es ist, einen Widerstandskämpfer zu spielen, haben sich die Journalisten - mit Ausnahme an der Verleihung aktiv beteiligter Großfeuilletonisten - zur Genüge hämisch ausgelassen.

Jetzt aber ist der Film fertig. Jetzt sollte all das lautstarke Vorabgeschreibe und -getöse unerheblich sein und der Film in erster Linie so wie jeder andere, der vor Publikum bestehen will: gut.

Nun, schlecht ist er nicht. Aber er ist doch - aus deutscher Sicht - extrem seltsam. Wer den Film im Original schaut, ist fortwährend damit konfrontiert, dass die (hervorragenden) Schauspieler alle ein unterschiedliches Englisch sprechen. Mit Oxford-Akzent (z B. Tom Wilkinson als General Fromm), mit US-Akzent (z. B. der Hauptdarsteller), mit deutschem Akzent (z. B. Thomas Kretschmann als General Otto Ernst Remer). Dass die Darsteller überhaupt Englisch sprechen, ist schräg genug, führt es doch auch dazu, dass aus Hitler ein "Hiddlör" wird und aus Stauffenberg ein "Stauffnbörg". Aus Tom Cruise, so redlich und durchaus leinwandpräsent er sich müht, wird bis zum Schluss kein Stauffenberg. Er bleibt ein Tom Cruise. Höchstens ein Stauffnbörg. Auch mit Augenklappe. Die er, anders als in der allerersten Stauffenberg-Verfilmung von 1955, immerhin auf dem richtigen Auge, dem linken nämlich, trägt. Ansonsten krankt das Historiendrama in der Hollywood-Thriller-Variante an der Natur der Sache: Der Ausgang des missglückten Attentats vom 20. Juli 1944 ist ja dummerweise bekannt. Und so nörgelt die US-Filmzeitschrift "Variety": "Die notwendige Spannung fehlt." Oder, muss man ergänzen, die zündende dramaturgische Idee.

In der Tat wirkt der Film über weite Strecken wie Puppentheater. Sehr gute Schauspieler spielen einen historischen Stoff nach. Das ist im besten Fall ehrenwert. Ergibt aber leider noch keinen guten Kinofilm. Regisseur Bryan Singer hat sich zwar im Einzelfall zurecht gegen haarkleine Faktentreue und für eine die Motivation verdeutlichende Verdichtung oder Ergänzung entschieden. Trotzdem wirkt das Ganze wie ein Remake deutscher Geschichte mit (vor allem) amerikanischen Schauspielern - nicht wie ein eigenständiger, aus seiner Idee heraus zwingender Film.

Und so bleibt, das dürfte bei aller PR-Relevanz die eigentliche Tragik für Regisseur und Hauptdarsteller und letztlich auch für den Zuschauer sein, das Making-of bis zuletzt doch die spannendere Geschichte. In der allerdings war Tom Cruise unbestritten die bestmögliche Besetzung.