Der “schlechteste Regisseur der Welt“ sorgt für Schlagzeilen und entrüstete Online-Petitionen.

Hamburg. Uwe Boll ist der schlechteste Regisseur der Welt. Das behaupten jedenfalls die bislang 315 164 Unterzeichner einer Online-Petition, die ihn auffordern, nie wieder einen Film zu drehen. "Selbst mein Hund hat mehr drauf als Sie", ist einer der freundlichsten dort abgegebenen Kommentare.

Erstaunlich an dieser vehementen Ablehnung: Bolls Filme werden im Kino kaum gesehen und erreichen in Deutschland höchstes fünfstellige Besucherzahlen. Dennoch schafft es der 43-Jährige problemlos auf die Top-Positionen bedeutender Negativlisten. So rangieren im wichtigsten Filmforum, der Internet Movie Database, gleich sechs Boll-Werke unter den 100 schlechtesten Filmen aller Zeiten - der Rest seines Oeuvres hat diesen Platz auf der Schattenseite der Filmgeschichte nur knapp verpasst.

Warum? Weil Boll sich den Hass einer riesigen Fangemeinde zugezogen hat, den der Computerspielfreaks, die Tage und Nächte mit ihren Lieblingsspielen am PC oder der Playstation verbringen. Sein "Verbrechen": Er liefert Filmversionen ihrer Spiele, die vor allem eines sein müssen - profitabel. Qualität spielt keine Rolle. Für die fanatische Spielergemeinde kommt das einem Sakrileg gleich, auf das sie mit virtuellen Wutausbrüchen reagiert. Boll indes ficht das nicht an: "Für mich geht es darum, Filme zu finanzieren und zu drehen. Da kann ich keine Rücksicht auf Befindlichkeiten nehmen", sagt er.

Überhaupt: Rücksicht nehmen ist Bolls Sache nicht. Einer aktuellen Meldung des "Hollywood Reporters" zufolge muss er wegen Beleidigung seiner ehemaligen Geschäftspartnerin, Hollywood-Filmproduzentin Roxane Barbat, angeblich rund 2,1 Millionen Dollar zahlen. Gut für Boll also, dass er alles daransetzt, seine Fließbandware so billig wie möglich herzustellen - weshalb er besonders gern in Kanada dreht, wo sich staatliche Fördergelder abgreifen lassen. Deutsche Fördergelder indes habe er noch nie bekommen, klagt Boll.

Ein Großteil seiner Klientel sucht regelmäßig in Videotheken nach Filmen des Regisseurs, in denen das Blut spritzt und Dialogen bestenfalls eine Nebenrolle zukommt. Konsequenz: Bis zu 80 Prozent der erzielten Einnahmen werden nicht an der Kino-, sondern an der Videothekenkasse gemacht.

Wobei es natürlich hilft, wenn eine Vampirgeschichte ("BloodRayne") durch Ben Kingsley aufgewertet wird oder für eine Dämonenhatz ("Alone In The Dark") Christian Slater vor der Kamera steht. Die allerdings kontaktiert Boll grundsätzlich erst kurz vor Drehbeginn, wenn klar ist, dass ihnen für den avisierten Zeitraum keine anderen Angebote vorliegen und die Gagenforderungen zusammenschrumpfen. "Ich engagiere Weltstars zu Minipreisen", brüstet sich Boll und rechnet vor, dass die "BloodRayne"-Besetzung, zu der neben Kingsley noch Kristanna Loken, Michelle Rodriguez, Udo Kier und Geraldine Chaplin gehörten, gerade mal drei Millionen Dollar gekostet hat. Wobei Kingsley mit 800 000 Dollar der Löwenanteil zukam. "Ich kriege ja sowieso keinen anderen Job mehr, dann spiele ich eben beim Boll mit", denke sich selbst ein Oscar-Preisträger, sagt Boll.

Doch geringe Kosten sind nicht alles, Boll braucht auch die Öffentlichkeit, die sich an seinen Filmen reibt und ihm Schlagzeilen garantiert. Zum Beispiel im Fall von "Postal". Hier sind in einer Szene Terroristen zu sehen, die sich beim Anflug auf das World Trade Center darüber unterhalten, wie viele Jungfrauen ihnen im Paradies für diesen Anschlag wohl zugeführt werden. Und der telefonisch befragte Osama Bin Laden teilt mit, wegen akuter "Jungfrauenknappheit" seien nur 20 pro Täter möglich. Boll verkauft so etwas tatsächlich als satirische Gesellschaftskritik. Immerhin: Die US-Presse reagierte entrüstet und berichtete großflächig. Ziel erreicht.

Nun läuft "1968 Tunnel Rats" in den Kinos, ein kruder Vietnamfilm, in dem Amerikaner und Vietcong sinnfrei aufeinander einschießen. Aber auch wenn es jetzt wieder vernichtende Kritiken hagelt, Boll wird seine profitable Arbeit nicht einstellen. Urlaub sei für ihn schon nach einem Tag langweilig, sagt er. Erst bei einer Million Unterschriften erwäge er ernsthaft aufzuhören.