Frankfurt. Lange Zeit war die Frauenrechtlerin, Autorin und Gründerin der Frauenzeitschrift "Emma" in Deutschland als "Männerhasserin" verschrien, später wurde sie zum Liebling der Talkshows. Gestern nun erhielt Alice Schwarzer in der Frankfurter Paulskirche den renommierten Ludwig-Börne-Preis für ihre journalistische Arbeit.

In seiner Laudatio würdigte der Juror Harald Schmidt die 65-Jährige als "personifiziertes Sturmgeschütz der Gleichberechtigung" und "unsere Simone de Beauvoir ohne Sartre". "Wenn es um ihre Herzensangelegenheiten geht, kann Alice Schwarzer nerven", sagte Schmidt. "Aber nicht jede, die nervt, hat die Qualitäten von Alice Schwarzer." In letzter Zeit gebe es neue, jüngere Feministinnen, sogenannte Girlies, für die Schwarzer so etwas sei wie Franz Beckenbauer für den Fußball: nicht wegzudenken, aber nicht mehr aktuell, ergänzte Schmidt. Doch "da fragen wir, wo die Girlies sind: An der Spitze der deutschen DAX-Unternehmen jedenfalls nicht."

Auch Schwarzer distanzierte sich in ihrer Dankesrede von den "neuen deutschen Mädchen" und deren "Wellness-Feminismus". Sie dächten im Namen des Feminismus nur an eigene Bedürfnisse, und diese hießen Männer und Karriere. Jedenfalls hoffe sie, dass sie von nun an nicht mehr als "Vertreterin der Frauenbewegung" tituliert werde. "Ich habe keine Lust, diese Post-Girlies zu vertreten." Sie selbst halte es wie der jüdische Frankfurter Schriftsteller Ludwig Börne (1786-1837), nach dem die Auszeichnung benannt ist, erklärte sie: "Nicht meine persönlichen Angelegenheiten sind die Welt, sondern die Welt ist meine persönliche Angelegenheit."

Der Ludwig-Börne-Preis wird seit 1993 jährlich verliehen und ist mit einem Preisgeld von 20 000 Euro eine der höchstdotierten literarischen Auszeichnungen Deutschlands. Über den Preisträger entscheidet der vom Vorstand der Börne-Stiftung benannte Juror in alleiniger Verantwortung. Geehrt werden deutschsprachige Autoren, die im Bereich des Essays, der Kritik und der Reportage Hervorragendes geleistet haben. Frühere Preisträger waren unter anderen Henryk M. Broder (2007) und Marcel Reich-Ranicki (1995).