Anneke Kim Sarnau spielt eine der Hauptrollen in dem Film über die Ereignisse im September 1989.

Geschichtsdrama: Prager Botschaft. So, 20.15 Uhr RTL

Es hätte so schön sein können: Die frisch verheirateten DDR-Bürger Bettina (Anneke Kim Sarnau) und Stefan (Christoph Bach) sind im September 1989 auf Hochzeitsreise in Prag. Zusammen mit ihren engsten Freunden stoßen sie noch einmal auf ihre Eheschließung an. Es ist eine ausgelassene Feier, sie essen und trinken bis in die Nacht. Als Bettina im Morgengrauen im Hotelzimmer aufwacht, sitzt Stefan schon angezogen auf dem Bett. In wenigen Sätzen erklärt er ihr, dass er die Flucht in die bundesdeutsche Botschaft in Prag geplant hat - weil ihn die Stasi im Visier hat.

Tausende systemmüde Bürger der DDR waren damals, vor 18 Jahren, ins Palais Lubkowicz geflohen, sie alle hofften auf eine Ausreise in die Bundesrepublik. Die Ereignisse um die "Prager Botschaft" bezeichnet Barbara Thielen, Leiterin von RTL-Fiction, als "eines der bedeutendsten Geschehen der jüngeren deutschen Geschichte". Sie bedauerte, dass der Optimismus von damals einer eher pessimistischen Grundstimmung gewichen sei. "Es ging uns bei der Produktion vor allem darum, das Glücksgefühl von damals wiederaufleben zu lassen."

Die fiktive Geschichte der beiden Jungvermählten wäre wohl schnell auserzählt, wenn nicht der gemeinsame Sohn Felix noch bei Stefans Eltern in Berlin wäre. Widerstrebend lässt sich Bettina überreden, allein auf dem Botschaftsgelände zu bleiben, während er Felix holt.

Doch dann beginnt das tagelange, quälende Warten. Stefans Vater, ein 150-prozentiger Befürworter des DDR-Regimes, hat auf Stasi-Wegen Wind von den Fluchtplänen seines Sohnes bekommen - und will seinen Enkel nicht gehen lassen. Und Bettina trifft ausgerechnet in der Botschaft ihren früheren Liebhaber Georg Stein (Hans-Werner Meyer), der jetzt als Kulturattache arbeitet. Sie hatten vor Jahren eine heimliche Ost-West-Affäre - doch Bettina hatte sich damals für Stefan entschieden. Jetzt, in der mittlerweile völlig überfüllten Prager Botschaft, keimen ihre Gefühle füreinander wieder auf.

"Dass sich eine Frau zwischen zwei Männern entscheiden muss, von denen der eine aus dem Westen, der andere aus dem Osten kommt, mag ja zunächst etwas plakativ erscheinen. Aber es funktioniert sehr gut, ist sehr emotional und es unterstützt die Hauptgeschichte", sagte Hans-Werner Meyer. Für ihn, der aus Hamburg stammt, sei es eine einmalige Gelegenheit gewesen, Geschichte spielend nachzuerleben. Auch habe er auf die Gestaltung seiner Rolle Einfluss nehmen können. "Dieser Georg Stein glaubt nicht an eine Wiedervereinigung", erklärt er. Im Westen seien viele der Ansicht gewesen, die Blöcke würden sich niemals auflösen, die Wiedervereinigung nie stattfinden. "Dass diese Perspektive miteinfließen konnte, war mir sehr wichtig", sagte Meyer.

Als Georg Stein ist er vor allem damit beschäftigt, die zur Hochzeit rund 4000 Botschaftsflüchtlinge zu versorgen. Die Zustände auf dem Botschaftsgelände sind nahezu unbeschreiblich, es gibt zu wenig Toiletten, Waschgelegenheiten, Medikamente. Und auch die Versorgung mit Nahrungsmitteln stockt bisweilen.

Wie erlösend die Worte des damaligen Bundesaußenministers Hans-Dietrich Genscher (FDP) für die Flüchtlinge gewesen sein müssen - hier werden in den RTL-Film die echten Fernsehbilder von 1989 eingespielt - ist für die Zuschauer klar nachzuvollziehen.

Drehbuchautorin Rodica Döhnert plädiert für einen stolzeren Blick zurück. "Wir Deutschen sollten da unser Licht nicht unter den Scheffel stellen. Im Ausgang jener aufregenden Monate entstand ein neues Deutschland."