Keine Ahnung, ob Robert De Niro weiß, wer Sam Garbarski ist, wenn nicht, wird er den Mann aus Brüssel sicher bald kennenlernen. Denn der ist sein schärfster Konkurrent im Wettbewerb um die Trophäen der 57. Internationalen Filmfestspiele von Berlin.
Garbarskis Heldin heißt Maggie. Maggie ist Witwe. Sie lebt in einem Londoner Vorort, ist 60 Jahre alt, nett, aber unscheinbar, und sie hat ihr Haus verkauft, um ihrem todkranken Enkel das Leben zu retten. Als die Ärzte sagen, dass Olly in eine Melbourner Klinik muss, wenn er eine Chance haben soll, und weil dafür in kürzester Zeit sehr viel Geld her muss, fängt Maggie als "Hostess" im Nachtclub "Sexy World" an . . .
Die wunderbare Marianne Faithfull spielt diese graue Maus, die das düster-graue Kabuff, in dem sie ihre nächtliche Arbeit macht, mit einem Bild und ein paar Blümchen aufheitert.
Ken Loach hätte aus diesem Stoff eins seiner gallebitteren Sozialdramen gemacht - Garbarski ist kein Misanthrop, und er hat sich für die Form der Tragikomödie entschieden. Denn natürlich fliegt die Sache irgendwann auf, und die Leute im Tante-Emma-Laden und die bigotten Freundinnen kriegen den Mund gar nicht mehr zu, wenn sie Maggie sehen, die in Mikis Nachtclub als "Irina Palm" so etwas wie eine Berühmtheit geworden ist.
Die Rock-, Blues- und Jazz-Sängerin Marianne Faithfull, die ihren ersten Film 1966 mit Jean-Luc Godard gedreht hat ("Made in U.S.A."), in den letzten Jahren in Patrice Chereaus "Intimacy", Gus Van Sants "Paris, je t'aime" und Sofia Coppolas "Marie Antoinette" zu sehen war, hat gestern in Berlin gesagt, ja, man biete ihr durchaus immer wieder Rollen an, aber sie habe nun mal keine Lust, in schlechten Filmen mitzumachen. Für ihren ebenso komischen wie bewegenden Auftritt in Garbarskis Low-Budget-Film "Irina Palm" würde man ihr den Darstellerpreis wünschen.
"Das Leben der Anderen" ist der große Gewinner bei der Vergabe des Preises der deutschen Filmkritik. Ausgezeichnet werden Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck für sein Spielfilmdebüt, der Schauspieler Ulrich Mühe sowie Patricia Rommel (Schnitt) und Hagen Bodanski (Kamera). Regisseur Hans-Christian Schmid und Darstellerin Sandra Hüller erhalten den Preis für "Requiem". Weitere Gewinner sind: Bernd Wrede (Musik/"Knallhart"), Wolfgang Kohlhaase (Drehbuch/"Sommer vorm Balkon") sowie die beiden Dokumentarfilmer Veit Helmer ("Behind the Couch") und Sönke Wortmann ("Ein Sommermärchen").