Serie: Die Clubs und Discos der Hansestadt (Letzter Teil). Viele Hamburger Clubs machen dicht oder wechseln bald die Betreiber - Grund zur Panik oder szenetypische Erneuerung?

Hamburg. "Und so was soll 'ne Party sein, na du hast wirklich Mut. Angenehmes Sterben noch, ich nehm' jetzt meinen Hut." - sangen einst "Die Ärzte".

Hamburgs Club-Szene gehört zu den lebendigsten in Deutschland, Dutzende kleine Kneipen, angesagte Szene-Discos und große Tanz-Tempel locken Woche für Woche Tausende Hamburger, Besucher aus dem nahen und fernen Umland und Touristen aus aller Welt in das Party-Dreieck Schanze - St. Pauli - Altona. So war es schon in den 60er Jahren zu Star-Club-Zeiten, und so wird es auch in Zukunft sein. Aber die Zeiten sind hart geworden. Zum Club-Leben gehört auch das Club-Sterben.

Daß es mal einen Club "erwischt", gehört seit jeher zum guten Ton in der schnellebigen Welt der Töne und Trends. Star Club, Top Ten in den 60ern, Unit und La Cage in den 90ern: legendär schon zu Lebzeiten, und doch geschlossen, weil sich das Geschäft nicht mehr rentierte oder das Publikum neue "Hot Spots" entdeckte. Dieses Jahr aber ist "Club-Sterben" das Stichwort schlechthin, ein gutes Dutzend Club-Betreiber hat die Segel gestrichen oder wird demnächst endgültig dichtmachen.

Den größten Schock verursachte der angekündigte Abriß des "Club-Kaufhauses", des ehemaligen C&A-Kaufhauses am Nobistor. In diesem abgefledderten Betonblock waren drei Jahre lang Click, Echochamber, Weltbühne sowie das Phonodrome und sein Nachfolger KdW untergekommen, die ein vielfältiges, anspruchsvolles Programm von Reggae, HipHop, Techno, Minimal-Elektro, IndiePop bis hin zu Konzerten boten. Nun weicht das Kaufhaus dem Ausbau der benachbarten Endoklinik, am 6. Januar sind die letzten Partys.

"Wir wußten von Beginn an vom geplanten Abriß", sagt Click-Mitbetreiber Henning Heuer, "da konnten wir uns drauf einstellen. Wir machen weiter auf dem Kiez. Mehr wird noch nicht verraten." Selbiges gilt für Wolf von Waldenfels und sein KdW-Team, das an neuen Projekten arbeitet.

Echochamber-Boss Omo Bewarder denkt über ein Projekt im Bereich Bar/Gastronomie nach. Definitiv Feierabend ist aber für die kleine Weltbühne: "Wir haben keine Vorhaben", so Betreiber Alvaro Pina.

Ebenfalls Geschichte ist seit 22. Dezember die Bar Lago an der Großen Elbstraße; das vom Hans-Albers-Platz nach Niendorf gezogene Madhouse (Das Original- Madhouse steht am Valentinskamp) schloß im Herbst die Türen - Randlagen haben es im zentralisierten Party-Hamburg schwer. Das mußte auch das Pacha in Hammerbrook, Hamburger Ableger des berühmten Ibiza-Edelclubs, erkennen. Mit neuem Betreiber und neuem Namen (Night Fever) geht es im Januar weiter. Das After Shave am Spielbudenplatz, seit Oktober dicht, beginnt neu und verstärkt mit Konzerten, als "Hörbar". Der Avantgard-Elektro-Miniclub Astra Stube an der Max-Brauer-Allee geht ab Januar an die Betreiber der studentischen Pony Bar (Allende-Platz), die Schilleroper wechselt wohl im März den Pächter.

Das Tanzen geht also weiter, aber: Das Geld sitzt nicht mehr locker im Freizeitpark Deutschland. Der Konzert-Gast gibt zwar immer noch gerne 50 bis 100 Euro für Superstars aus, aber unbekannte Newcomer und Geheimtips müssen, trotz 5 Euro Eintritt, oft mit knapp zehn Zuschauern auskommen. In der Club- Szene ist es aktuell oft genau andersherum: Während es in den 90er Jahren, dem Höhepunkt von Techno- und House-Musik, selbstverständlich war, 25 D-Mark Eintritt und mehr für berühmte DJs wie Sven Väth oder Westbam auszugeben und dazu ein paar Bier für 6 D-Mark die Flasche zu trinken, bleiben die heutigen Club-Betreiber oft unter sich, trotz anerkannter DJs (mit Gagen bis 10 000 Euro pro Nacht plus Sonderwünsche) und mittlerweile gängiger Eintrittspreise von 6 bis 10 Euro. Gleichzeitig platzen kleine Clubs und Kneipen mit Musikangebot rund um Hamburger Berg, Hans-Albers-Platz und Schulterblatt nach wie vor aus allen Nähten, egal ob Mainstream-Bierschwemme wie die 99 Cent Bar in der Gerhardstraße oder Underground-Clubs wie die beliebte Rockabilly-Bar 20 Flight Rock in der Friedrichstraße. Hier ist der Eintritt frei, das Astra gibt's für nicht mal zwei Euro, und musikalisch ist auch für jeden Geschmack etwas auffindbar.

Das Publikum ist nach wie vor da, und die Club-Szene ist fast wie eine Hydra: Verliert sie einen Kopf, wächst ein neuer nach. Aber: Energie-, Technik- und Mietkosten sind teuer, während für Szene-Gänger Geiz "geiler" wird. Die Club-Betreiber, gerade abseits des Mainstreams, müssen hart kalkulieren. Eine Goldgrube waren Clubs nie, aber das Erfolgsrezept "viel geben, wenig fordern, noch weniger bekommen" bleibt bestehen - ohne Erfolg zu garantieren.