Blickwechsel. So heißt eine CD, für die der Liedermacher einen Song mit Hamburger Behinderten aufgenommen hat.

Hamburg. Konstantin Wecker ist nicht nur als Liedermacher, Pianist, Komponist, Schriftsteller, Film- und Fernsehschauspieler bekannt, sondern auch für sein soziales und politisches Engagement. Mit Liedern wie "Sage nein!", "Es herrscht wieder Frieden im Land" oder "Ach, du mein schauriges Vaterland" verschafft er seinen kritischen Meinungen immer wieder Gehör.

Manchmal ruft der Liedermacher damit den Staatsanwalt auf den Plan. Anfang 2003: Weil er bei einer Demonstration die Soldaten der Bundeswehr aufgefordert hatte, den Dienst an den Awacs-Flugzeugen zu verweigern oder zu desertieren, wurde gegen ihn wegen des Aufrufs zur Fahnenflucht ermittelt. Das Ermittlungsverfahren ist inzwischen eingestellt.

Doch Wecker kam nicht nur wegen seines politischen Engagements mit dem Gesetz in Konflikt: Zwischen 1993 und 2000 war er vor allem wegen seiner - heute besiegten - Kokainsucht in den Schlagzeilen. Zu ihr bekannte er sich erstmals öffentlich in seinem 1992 erschienenen Debütroman "Uferlos". Es folgte 1995 die Verhaftung wegen Kokainbesitzes. Er wurde zu zweieinhalb Jahren ohne Bewährung verurteilt. Nachdem ein Berufungsgericht das Urteil 1998 zunächst bestätigt hatte, wurde es ein Jahr später aber aufgehoben, da "suchtbedingte Schuldunfähigkeit" nicht ausgeschlossen werden konnte. Es kam zur Neuverhandlung, in der Konstantin Wecker zu 20 Monaten auf Bewährung und 100 000 Mark Geldstrafe verurteilt wurde.

Doch es gibt auch einen anderen Konstantin Wecker. Seine aktuelle Tournee "Am Flussufer" brachte ihn vergangenen Dienstag in die Laeiszhalle. Und er kam nicht nur für das Konzert - am selben Tag wurde in der Rathauspassage die CD "Blickwechsel" vorgestellt.

Ein ungewöhnliches CD-Projekt - getreu Weckers Überzeugung "Musik muß wieder zum Heiligtum werden, und heilig hat für mich auch etwas mit heilen zu tun".

Die Leiterin der "Individuellen Tagesförderung" - kurz "TaFö" - für Behinderte, Diplompädagogin Petra Steinborn, lernte bei ihrer Arbeit eben diese heilende Wirkung der Musik sehr zu schätzen. Sie hat nämlich mit Erstaunen festgestellt, daß die Musik das Verständnis zwischen Mitarbeitern, Betreuern und Betreuten fulminant verstärkt. Mit der Musiktherapeutin Christiane Becker baute sie ihre Erfahrungen aus. Und schließlich entstand die Idee, eine CD mit den Liedern zu produzieren, die in der TaFö entstanden sind.

Das Ergebnis ist "Blickwechsel", ein integratives Gemeinschaftsprojekt der "TaFö", der Theatergruppe "Klabauter" - beide gehören zur Stiftung "Das Rauhe Haus" - und der Musikgruppe "taste & smile".

Wecker war ihr prominenter Unterstützer: Während seiner Tournee "Stationen" im vergangenen Herbst hat er das Lied "Wir sind Freunde" mit dem spastisch behinderten Sänger Lars Pietzko und einem Chor geistig und körperlich behinderter Menschen aufgenommen. Die Session fand statt in den Räumen der Behinderten-Theatergruppe "Klabauter", die seit sechs Jahren bejubelte Theaterstücke auf die Bühne bringt. Allen Beteiligten war beim Einsingen von "Wir sind Freunde" Engagement, Professionalität und vor allem Spaß anzumerken. Das Lied ist nun einer von zwölf Titeln auf der CD "Blickwechsel".

Nach einigen Schwierigkeiten mit der Produktion wurde "Blickwechsel" endlich am vergangenen Dienstag veröffentlicht - mit improvisiertem Vertrieb: Die CD ist nur über die Homepage des "Rauhen Hauses" zu bekommen. Und die Einnahmen gehen an die Behindertenhilfe.

"Blickwechsel": www.rauhes haus.de, 12 Euro zuzügl. ca. 2,50 Euro Porto und Verpackung.