Es geht nicht nur um Geld, Stifter haben einen hohen immateriellen Gewinn, meint der Vorstand der “Zeit“-Stiftung.
Abendblatt:
Sie haben mit "Unternehmen Stiftung" einen Ratgeber für Menschen geschrieben, die darüber nachdenken, eine Stiftung zu gründen. Ist die Wirtschaftskrise nicht ein eher unpassender Zeitpunkt?
Michael Göring:
Die Wirtschaftskrise führt sicherlich dazu, größere Geldausgaben gut zu überlegen. Sie gibt aber auch Anlass, darüber nachzudenken, was denn im Leben wirklich wichtig ist. Mit einer Stiftung investiert der Stifter in die zukünftige Gesellschaft. Auch wenn mit seinen Stiftungserträgen jährlich nur einige wenige Kinder vor dem Abgleiten ins Prekariat bewahrt werden, Kitas besser ausgestattet oder Studenten Auslandsstudien ermöglicht werden. Auch eine kleine Stiftung setzt Impulse, sie macht einen Unterschied. Das ist heute mindestens so wichtig wie vor der Wirtschaftskrise.
Abendblatt:
Ihr Buch beantwortet nicht nur juristische und wirtschaftliche Fragen, sondern auch sehr viel persönlichere Fragen. Wie würden Sie die klassische Zielgruppe dafür definieren?
Göring:
Ich möchte diejenigen erreichen, die gern einmal - oder noch einmal - unternehmerisch tätig werden wollen, allerdings nicht im kommerziellen, sondern im gemeinnützigen Bereich. Und wer das Buch liest, wird sehen, dass dies gar nicht schwer ist und dass er reich belohnt wird - nicht durch materiellen Gewinn, sondern durch die tiefe Befriedigung, anderen, die es verdienen, zu helfen, ihnen Chancen zu geben, Soziales, Bildung, Wissenschaft, Kultur, Gesundheitswesen, Naturschutz oder Sport in unserer unmittelbaren Umgebung ein Stück weit zu verbessern.
Abendblatt:
Ist diese Zielgruppe in Hamburg besonders ausgeprägt?
Göring:
Eindeutig ja! Hamburg hat die lange republikanische und stifterische Tradition. Kästners Satz: "Es gibt nichts Gutes, außer man tut es", passt auf diese Stadt. Sie hat viele Bürgerinnen und Bürger mit unterschiedlich großem Geldbeutel, die unternehmerisch denken und etwas für die Menschen und die Einrichtungen dieser Stadt tun oder tun wollen. Hamburger denken pragmatisch, sie wollen etwas erreichen und nachhaltig wirken. Im gemeinnützigen Bereich ist die Stiftung dafür das beste Vehikel.
Abendblatt:
Wie sollte sich ein Neu-Stifter die Felder aussuchen, in denen er tätig werden will?
Göring:
Die Stiftung ist etwas sehr Persönliches. Der Stifter sollte daher die Zwecke seiner Stiftung nach seinen eigenen gemeinnützigen Zielvorstellungen ausrichten. Stifter haben die Freiheit, gemeinnützige Ziele selbst zu bestimmen, und sie nutzen sie.
Abendblatt:
Ist das Errichten einer Stiftung nur ein moralisch höher stehendes Steuersparmodell?
Göring:
Ein Stifter spart Steuern - aber nur auf den Betrag, den er unwiderruflich seiner Stiftung eingebracht hat. Er gibt also finanziell sehr viel mehr her, als er an Steuern einspart. Sein immaterieller Gewinn ist aber um ein Mehrfaches höher als sein finanzieller Einsatz. Glück ist keine Frage, die durch die Höhe des Bankdepots bestimmt wird.
Abendblatt:
Was kann ich sinnvoll tun, wenn ich nur einen kleineren Betrag stiften kann?
Göring:
Wer einen kleineren Betrag stifterisch einsetzen will, fährt gut mit einer Zustiftung oder auch einer unselbstständigen Stiftung. Auch die Bürgerstiftungen bieten hervorragende Möglichkeiten, stifterisch tätig zu werden, und das nicht nur durch eine finanzielle Beteiligung, sondern durch die Hingabe von Zeit. Sie können Zeit stiften, die Sie gemeinnützig einsetzen.
Abendblatt:
Wo können sich potenzielle Stifter beraten lassen, wenn sie nach der Lektüre Ihres Ratgebers noch Fragen haben?
Göring:
Die für Stiftungen in Hamburg zuständige Stiftungsaufsicht ist in der Justizbehörde angesiedelt. Sie berät, gibt Hinweise und verschickt auch Mustersatzungen.