Es gibt Abende, da stimmt sehr viel, und doch fehlt das Sahnehäubchen: das umwerfende, berauschende, anrührende Gefühl, gerade etwas Einzigartiges erlebt zu haben. Das Konzert von Elina Garanca, mit dem die lettische Mezzosopranistin ihre Deutschland-Tournee am Freitag in der Laeiszhalle begann, war solch ein Knapp-an-toll-vorbei-Event.
Hamburg. Es gibt Abende, da stimmt sehr viel, und doch fehlt das Sahnehäubchen: das umwerfende, berauschende, anrührende Gefühl, gerade etwas Einzigartiges erlebt zu haben. Das Konzert von Elina Garanca, mit dem die lettische Mezzosopranistin ihre Deutschland-Tournee am Freitag in der Laeiszhalle begann, war solch ein Knapp-an-toll-vorbei-Event.
Die Messlatte lag sehr hoch. Dieser Vorab-Erfolgsdruck insbesondere bei den vielen neuen Fans baute Erwartungen an stimmliche Vollkommenheit auf, die weniger versierte Sängerinnen nervös machen können. Das Versprechen einer unfassbar charismatischen Diven-Erscheinung hat Garancas Auftritt nicht gehalten, doch auch unterhalb dieses Hochplateaus konnte man sich für zwei Stunden Hauptprogramm an einer erstklassigen Stimme erfreuen. An einem Mezzosopran, der blendend daherkommt und groß auftischen kann, ohne ins Prahlen zu verfallen. An einer Stimme, die elegant ist, wandlungsfähig, wendig und charmant. An einer Charaktersängerin, die als Mezzo eine Etage unterhalb der klassischen Primadonnen- Stimmlage zu bezirzen vermag. Intensiv, zielsicher, professionell und geschmackvoll inszeniert. All das bot Garanca zunächst mit einer Mischung aus italienischen Belcanto-Bonbons von Donizetti und Bellini. Zur Romeo-Szene aus dem 1. Akt von Bellins "I Capuleti e i Montecchi" hätte man gern noch eine ebenbürtig ergänzende Julia erlebt.
Nach der Pause folgten einige spanische Niedlichkeiten, bevor es mit einem "Carmen"-Potpourri ans Eingemachte ging, an die Paraderolle, nach der sich jede Mezzosopranistin ihres Kalibers früher oder später fragen lassen muss. Garanca meisterte diese Herausforderung fast lässig, sie gab das konzertante Luxus-Luder, die Schlampe vom Feinsten. Eine sehr appetitliche Kostprobe.
Schade, dass Star-Gatte Karel Mark Chichon bei den Orchester-Intermezzi die Neue Philharmonie Westfalen nach der Devise "Ich mag Musik nur, wenn sie laut ist" dirigierte. Als Begleiter jedoch erkannte Chichon seine Aufgabe in diesem Spiel mit klar verteilten Rollen. Ein Abend, der nicht alles, aber sehr viel von dem hielt, was er versprochen hatte. Schon das ist mehr Ausnahme als Regel.