Hamburg. Französische Klassiker mit Hamburger Twist, dazu ein wunderschöner Blick auf die Elbe. Welche Gerichte den Kritiker begeistern.

Manchmal bergen zunächst eher missliche Umstände auch beträchtliche Chancen in sich: So kann der langjährige Zweisternekoch Thomas Martin, nach dem das Louis C. Jacob während der Corona-Pandemie sein kulinarisches Engagement beträchtlich zurückgefahren hat, nun gemeinsam mit Michel Jasse und Christian Otte einen großen Teil seiner beachtlichen Schaffenskraft und geballten Kreativität in die zur gleichen Unternehmensgruppe gehörende Carls Brasserie einbringen – was dieser zu einer sehr respektablen kulinarischen Kompetenz verhilft.

Restaurant Hamburg: Die perfekte nordische Bouillabaisse in Carls Brasserie

Das Carls kann überdies mit einer echt knorke Lage aufwarten: Direkt neben der Elbphilharmonie, mit Panoramablick auf den Fluss – viel mehr geht in Hamburg nicht. Was der gemeine Immobilienmakler stets betont („Lage, Lage, Lage“) und bei geeigneten Objekten in stolze Preise ummünzt, gilt auch für das Carls: Hier isst man verlässlich gut, wenngleich nicht gerade zu Schnäppchenpreisen.

Thomas Martin hat das Konzept „Französische Gerichte aus nachhaltigen und regionalen Produkten“ entwickelt – und das geht vollumfänglich auf. Ein Klassiker unter den Vorspeisen ist das perfekt angemachte „Tatar Classique vom Husumer Ochsen“ (19,50 Euro), dass der aufpreispflichtigen Pommes (4,50 Euro) nicht bedarf.

Spannend ist auch der variantenreiche Salat von Bunten Beten aus den Vierlanden mit Ziegenkäse, Haselnuss und Apfel (17 Euro), und auch die vorzüglichen Wilden Austern aus dem Wattenmeer (wie ich sie selbst schon einstmals gejagt habe) mit Schalottenvinaigrette und Beurre Salé vermögen zu überzeugen (Stück 6,50 Euro).

Wer die Seezunge bestellt, sollte gut rechnen können

Vorsicht ist geboten bei der ersten Position auf der Hauptgerichtskarte: Die Nordische Seezunge Müllerin Art mit Dill-Gurkensalat und Butterkartoffeln wird hier leicht verschämt für 17 Cent pro Gramm offeriert. Klingt erst mal harmlos, aber wenn so ein Tierchen erst mal 600 Gramm auf die Waage bringt (und das tut die Seezunge gerne) kommt schnurstracks ein dreistelliger Betrag dabei raus.

Dann doch lieber ein Signature Dish des Hauses: Die famose Bouillabaisse, klassisch gekocht, aber mit nordischen Fischen und Krustentieren und geröstetem Baguette und Sauce Rouille (39 Euro). Tadellos bereitet und mit Martins berühmter Beurre Blanc, Curry, Blumenkohl und Panisse kommt auch der blütenweiße Skrei auf den Teller geschwommen (34 Euro).

Restaurant Hamburg: Zu den kulinarischen Highlights in Carls Brasserie zählen die Schmorgerichte

Des Patrons Liebe zu Schmorgerichten manifestiert sich im großartigen, aromenintensiven, ewig lange sanft geschmorten Boeuf Bourguignon mit Rotweinjus, Karotten und Kartoffel-Schnittlauchpüree, dass Sie sich von vornherein mit extra Sauce bestellen sollten (34 Euro). Auch die ausgewogene, hanseatisch-konventionelle Weinkarte ist sportlich kalkuliert, bietet dafür jedoch laut Eigenwerbung Weine von bienenfreundlichen Winzern.

Aber der 2021er Chardonnay & Weißburgunder vom Pfälzer Topweingut Rings (44 Euro), der 2019 Fleurie Vielles Vignes „La Roilette“ von Bernard Métrat (49 Euro) oder der elegante badischen Spätburgunder „Gipskeuper“ von Klumpp (52 Euro) bieten ein noch vertretbares Preis-Genuss-Verhältnis. Mit Bedacht ordern sollte der durstige Champagnerfreund: Schlägt doch das 0,1-Gläschen Basis-Taittinger mit 18,50 Euro zu Buche – dafür aber mit Elbblick.

Am Kaiserkai 69, Tel 300 322 400, tgl. 12–15 und 16.30–23 Uhr, https://carls-brasserie.de