Bargteheide. Der Interimsvorsitzende Klaus Mairhöfer will wegen der angespannten Corona-Lage keine Mitgliederversammlung in Präsenz.
Mehr als zwei Monate nach der turbulenten Mitgliederversammlung des Bargteheider Europavereins am 1. Dezember 2021 soll ein erneuter Anlauf unternommen werden, einen handlungsfähigen Vorstand zu wählen. Allerdings nicht erneut im Rahmen einer Präsenzveranstaltung, sondern per Briefwahl. „Aus dem Kreis der Mitglieder ist der Wunsch an mich herangetragen worden, in Anbetracht der derzeitigen Pandemiesituation keine Mitgliederversammlung in Präsenz durchzuführen“, begründete der Interimsvorsitzende Klaus Mairhöfer den ungewöhnlichen Schritt in einem dreiseitigen Schreiben vom 8. Februar an alle Vereinsmitglieder, das dem Abendblatt vorliegt.
Vorgehen für viele Mitglieder fragwürdig
„Es wäre interessant zu erfahren, welche Mitglieder das waren“, sagt Wolfgang Bischoff, Gründungspräsident des Europavereins und noch immer Mitglied. Angesichts der beständig sinkenden Inzidenz und der vom Landesvater Daniel Günther jüngst angekündigten umfassenden Lockerungen des Pandemiemanagements sei das Vorgehen Mairhöfers kaum nachvollziehbar. „Im Dezember war die Corona-Lage doch viel dramatischer. Warum also jetzt eine Briefwahl und warum mit dieser Eile?“, fragt Bischoff.
Diese Fragen stellen sich mehrere Mitglieder des Europavereins. „Auch ich war überrascht“, sagt etwa Mairhöfers Vorgängerin Martina Vollrath. „Angesichts des Ablaufs der Mitgliederversammlung am 1. Dezember hätte ich erwartet, dass die Vorfälle in einer Präsenzveranstaltung noch einmal ausführlich diskutiert werden und erst dann gewählt wird“, sagte die im Oktober zurückgetretene Vorsitzende des Vereins.
Nichts lief nach demokratischen Regeln
Auch Rainer Wiegard, ehemaliger Finanzminister des Landes und ebenso wie seine Ehefrau Jutta Werner Gast der Sitzung, zeigt sich noch immer fassungslos über das Geschehen an diesem Tag. „In der Versammlung ist – außer der Corona-Prüfung – überhaupt nichts nach allgemein üblichen demokratischen Regeln abgelaufen“, sagt Wiegard. Es habe das reinste Chaos geherrscht, ausschließlich verursacht durch das Verhalten des Versammlungsleiters. „In den 50 Jahren unseres politischen Lebens haben wir so etwas noch nicht erlebt“, so Wiegard.
Wie bereits berichtet, war Mairhöfer bei besagter Sitzung unter anderem Wahlmanipulation vorgeworfen worden. Obwohl zuvor geheime Wahl beantragt wurde, trugen mindestens vier Wahlzettel die Namen der Abstimmenden. Mairhöfer hatte das auf Nachfrage dieser Redaktion als „Unachtsamkeit“ bezeichnet. Nach lautstarken Protesten war die Wahl ergebnislos abgebrochen worden.
Änderung der Satzung ist plötzlich hinfällig
Vorangegangen war eine heftige Kontroverse über einen von Mairhöfer selbst angekündigten Antrag auf Verkleinerung des Vorstands von fünf auf drei Personen, weil diese Zahl angesichts der Größe des Vereins mit unter 100 Mitgliedern angeblich „völlig ausreichend“ sei. Tatsächlich hatten sich an dem fraglichen Abend nur zwei weitere Vorstandskandidaten zur Wahl gestellt.
In besagtem Schreiben ließ der partei- und fraktionslose Stadtvertreter nun überraschend wissen, dass sich inzwischen zwei weitere Personen bereitgefunden hätten im Vorstand mitzuarbeiten. „Dies bedeutet, dass wir jetzt sogar wieder einen fünfköpfigen Vorstand aufstellen können, so dass eine Änderung der Satzung gar nicht mehr erforderlich ist“, erklärte Mairhöfer wörtlich.
Kandidaten sind Anhänger der Bürgermeisterin
„Eine Vorstandswahl per Post? Ein Winkelzug!“, findet Gründungsmitglied Klaus Andresen. Offenbar wolle sich Mairhöfer vor der Wahl nicht noch einmal einer offenen Auseinandersetzung und vielen unangenehmen Fragen stellen. Dass er sich plötzlich um die Gesundheit und Unversehrtheit der „nicht mehr ganz so jungen Mitglieder“ sorge, sei zwar ein wohlklingendes, letztlich aber fadenscheiniges Argument.
Mit Blick auf die vier Kandidaten, zu denen neben Professorin Gabriele Bendixen und Tom Mac Arthur jetzt auch Birgit Gartenschläger und VHS-Leiter Frank Feier gehören, sieht er zudem seinen Verdacht bestätigt, dass Mairhöfer den Verein zum Wahlkampfverein für die umstrittene Bürgermeisterin Birte Kruse-Gobrecht machen wolle. „Drei der vier Kandidaten sind ebenso wie Mairhöfer selbst Unterstützer der amtierenden Rathauschefin. Das haben sie nicht nur in mehreren Leserbriefen, sondern auch auf der Homepage von Kruse-Gobrecht zum Ausdruck gebracht“, so Andresen.
Andresen erwartet noch immer eine Entschuldigung
Sollten sich alle vier durchsetzen, will auch er den Verein verlassen. Mit seiner Versammlungsleitung am 1. Dezember habe sich Mairhöfer als Vorstandsvorsitzender selbst disqualifiziert. „Wer so agiert und Kritiker als Heckenschützen und Totengräber diskreditiert, sollte seinen Hut nehmen und nicht noch den großen Retter spielen. Zumal er bisher nicht einmal den Anstand hatte, sich für diese Beleidigung zu entschuldigen“, so Klaus Andresen.
Andere, wie Ex-Bürgermeister und Gründungsmitglied Werner Mitsch, haben bereits ihre Konsequenzen aus den Vorgängen rund um die Mitgliederversammlung am 1. Dezember gezogen und sind schon ausgetreten. Das hat Mairhöfer in seiner Einladung zur Briefwahl, die an diesem Freitag mit dem Versand der Stimmzettel beginnt, selbst eingestanden. Angeblich konnte der Schwund aber durch diverse Neumitgliedschaften „nahezu kompensiert“ werden.