Ahrensburg/Bargteheide. Betriebe müssen sich stärker als bisher an den Kosten für ihre Azubis beteiligen. Höhere Beiträge für die Pflegebedürftigen.

Die Corona-Pandemie hat den seit Jahren kritisierten Pflegenotstand in Deutschland weiter verschärft. Angaben der Bundesagentur für Arbeit zufolge ging die Zahl der Beschäftigten in der Pflege zwischen Anfang April und Ende Juli vergangenen Jahres um mehr als 9000 zurück. Vor der Pandemie hatte die Branche, in der rund 1,8 Millionen Menschen arbeiten, sogar einen leichten Zuwachs.

„Angesichts dieser Zahlen finde ich es sehr verwunderlich, dass die Arbeitsagentur im Herbst vergangenen Jahres die Zuschüsse für die Pflegeausbildung, insbesondere für die einjährige Ausbildung zum Altenpflegehelfer um die Hälfte gekürzt hat“, sagt Mathias Steinbuck. In Bargteheide betreibt der Unternehmer mit seiner Firma stb care neben mehreren Seniorenwohnanlagen, Tagespflegeeinrichtungen und einem ambulanten Pflegedienst auch das Bildungszentrum Malepartus. Hier werden jährlich bis zu 175 Pflegekräfte ausgebildet. Aktuell auch 50 aus dem eigenen Unternehmen.

Konzertierte Aktion Pflege wurde 2018 ausgerufen

Dass Ausbildungsbetriebe durch die Neuregelung jetzt de facto schlechter gestellt sind, könne er nicht nachvollziehen. „Dass Pflegekräfte überall dringender denn je gebraucht werden, steht wohl außer Frage“, so Steinbuck. Deshalb sei es eigentlich naheliegend, die Förderkulisse so zu gestalten, dass ausbildungswillige Unternehmen nicht zusätzlich belastet würden.

Dass war zumindest eines der erklärten Ziele der so genannten „Konzertierten Aktion Pflege“ (KAP), die am 3. Juli 2018 mit großem medialen Getöse gestartet worden ist. Mehr Ausbildung, mehr Personal und mehr Geld, versprachen die drei Bundesminister Jens Spahn (Gesundheit), Hubertus Heil (Arbeit) und Franziska Giffey (Familie).

Förderung der Ausbildung jetzt oftmals halbiert

„Mit der Ausbildungsoffensive sorgen wir für mehr Nachwuchs für die Branche. Ohne Schulgeld, und mit Ausbildungsvergütung. Wir fördern 10 Prozent mehr Auszubildende und 10 Prozent mehr Einrichtungen, die ausbilden“, ließ sich seinerzeit Franziska Giffey zitieren. Dass sich daran in größerem Umfang auch die ausbildenden Betriebe beteiligen sollen, sagte sie nicht.

Wurden die Ausbildungskosten bis Ende September 2020 in der Regel zu 100 Prozent übernommen, so trifft das jetzt nur noch auf gering qualifizierte Berufseinsteiger sowie Umschüler, ältere und schwerbehinderte Mitarbeiter aus Betrieben mit weniger als zehn Beschäftigten zu. Betriebe mit bis zu 249 Beschäftigte erhalten nur noch bis zu 50 Prozent, größere Unternehmen zum Teil sogar nur noch bis zu 15 Prozent

Bildungszentrum hat aktuell 49 Kooperationspartner

„Das gleiche gilt annähernd analog übrigens auch für die Arbeitsentgeltzuschüsse, die der Auszubildende von seiner Firma bekommt“, ergänzt Steinbuck. Die fehlenden Zuschüsse seitens der Arbeitsagentur führten unter anderem dazu, dass viele Ausbildungsbetriebe für ihre Beschäftigten rund 290 Euro mehr an die Pflegeschule überweisen müssten, ohne Chance auf eine adäquate Refinanzierung.

„Das bedeutet vor allem für die ambulanten Pflegedienste mit deutlich mehr als zehn Mitarbeitern einen zusätzlichen finanziellen Druck“, sagt Steinbuck, dessen Bildungszentrum Malepartus aktuell 49 Kooperationspartner zählt, die regelmäßig Azubis entsenden.

Bürokratischer Aufwand für Förderanträge ist gestiegen

Das bestätigt Daniel Zwick vom gleichnamigen Pflege- und Beratungszentrum in Bargteheide. „Nicht nur, dass der bürokratische Aufwand zur Erlangung der Förderung extrem zugenommen hat. Ich halte auch die entsprechenden Auflagen für unverhältnismäßig“, so Zwick. Mal ganz abgesehen davon, dass die Kostensteigerung für die Ausbildung auf dem Rücken der zu Pflegenden ausgetragen werde, deren Beiträge um vier bis fünf Prozent gestiegen seien. Besser funktioniert hingegen die Förderung über den Ausbildungsfonds des Landes. Der speist sich aus Zahlungen aller relevanten Pflegeakteure wie Krankenhäusern, der stationären und ambulanten Pflege, der Krankenkassen und des Landes Schleswig-Holstein.

„Über diesen Fonds und verschiedene andere Zuschüsse werden die Kosten wenigstens weitgehend erstattet“, sagt Dorothea Ullmann, Geschäftsführerin des Pflegedienstes Ammersbek. Die ehemalige Krankenschwester hat sich vor drei Jahren selbstständig gemacht und betreut mit ihren 35 Mitarbeitern inzwischen 100 Kunden. „Da meine Mitarbeiter wichtige Aufgaben wahrnehmen, ist eine fundierte, fachgerechte Ausbildung unverzichtbar“, so Ullmann. Klar sei allerdings auch, dass sie mit momentan nur einem Azubi in den Fonds mehr einzahle als herausbekomme.

Wie sich das bei den über die Arbeitsagentur geförderten Mitarbeitern darstelle, werde sich künftig noch zeigen. „Andererseits ist es mir wichtig, dass meine Mitarbeiter möglichst das ganze Pflegespektrum abdecken können, um zusätzliche Besuche qualifizierterer Kollegen vermeiden zu können. Deshalb werde ich künftig auch selbst in die Weiterbildung meiner Angestellten investieren“, sagt Dorothea Ullmann.