Reinbek. TSV Reinbek bietet Kursus für Menschen an, die unter Corona-Folgen leiden. Trainerin hat Ausbildung für ganzen Bereich Innere Medizin.
Rüdiger Höhne, Geschäftsführer der TSV Reinbek, und der Sportliche Leiter Uwe Schneider haben auf dem Kunstrasenplatz am Mühlenredder mehrere Stationen mit Tennis-, Medizinbällen, Gummizügen, Kunststoffstangen und einer Stuhlreihe aufgebaut. So könnte es aussehen, wenn hier am 19. Juli der neue Kursus des Sportvereins startet. Es ist ein ganz besonderer. An jenem Tag wird eine Gruppe mit Long-Covid-Patienten aktiv. Also Menschen, die eine Corona-Infektion überstanden haben und an Langzeitfolgen leiden.
„Reha ist Hilfe zur Selbsthilfe. Unser neues Angebot ist eine logische Fortführung dessen, was wir schon länger machen, nämlich den Genesungsprozess durch Bewegung zu unterstützen“, sagt Höhne. Die Stühle sind für Lungenkranke, die nach drei Schritten aus der Puste sind und Übungen besser im Sitzen machen. Bei Menschen mit Herzproblemen geht es um die Grundlagen-Ausdauer, an den Stangen steht die Koordination im Fokus. „Und mit den Tennisbällen wird im Hand-Arm-Fußbereich der Tastsinn gefördert“, erklärt Schneider.
Depressionen, Angst- und posttraumatische Belastungsstörungen als Spätfolgen
Die Krankheitsbilder sind diffus. Es ist wenig erforscht über das sogenannte Post-Covid-Syndrom. Allerdings verdichten sich Hinweise, dass eine Corona-Infektion multiple Schäden an Organsystemen zur Folge haben kann. Viele, die aus dem Krankenhaus entlassen werden, leiden an Ermüdung und Kurzatmigkeit. Sie haben auch Schmerzen, weiterhin Husten. Nicht zu vergessen Depressionen, Angst- und posttraumatische Belastungsstörungen. Oft treten auch fibrotische Veränderungen der Lunge auf, geht die Erkrankung mit einer Beteiligung des Herzens einher – und zwar ohne eine Vorbelastung. So lässt sich der Alltag nur bedingt gestalten.
Schneider hatte die Kooperationsärzte der TSV angeschrieben und ihnen die Idee einer Corona-Reha-Gruppe präsentiert. Die Rückmeldungen waren durchweg positiv. So begann das Projekt. Bei der Suche nach einer Trainerin wurden die Verantwortlichen schnell im eigenen Haus fündig.
Claudia Wieser ist seit mehr als zehn Jahren Übungsleiterin auf Honorarbasis bei der TSV in der Abteilung Fitness, Gesundheit und Freizeit, baute sich damit neben ihrem Beruf als Röntgenassistentin ein zweites Standbein auf. Die 53-Jährige erweiterte in regelmäßigen Intervallen ihr Repertoire durch Fortbildungen, hat die B-Lizenz in den Bereichen Rückenschule und Bewegung für Erwachsene. Doch das reichte ihr nicht. Sie machte auch noch eine Reha-Ausbildung in Hamburg für den gesamten Bereich der Inneren Medizin, die Orthopädie und Pneumologie impliziert.
Bei entsprechender Nachfrage werden weitere Gruppen installiert
„Rehabilitation für Inneres habe ich zunächst gemacht, weil ich meinen Horizont erweitern wollte und bei der TSV eine Lungensportgruppe fehlte“, sagt die medizinische Fachkraft. Neben ihrer Trainertätigkeit erstellt und koordiniert Wieser auch noch Halbjahrespläne. Über ihre Kursteilnehmer sagt sie: „Die meisten können mehr, als sie sich zutrauen. Und da möchte ich sie hinbekommen.“
Wieser wird nach Tagesform der Gruppen-Mitglieder entscheiden, welche Übungen gemacht werden. Maximal 18 Personen können mitmachen, vier im Alter zwischen 28 und 55 Jahren haben sich bereits angemeldet. Sie sind nicht in der TSV organisiert. Ein Arzt hat ihnen eine Verordnung ausgestellt, eine Art Rezept. Diese umfasst 50 Einheiten in eineinhalb Jahren. Der Verein rechnet die Leistung mit den Krankenkassen ab. Treffen ist einmal in der Woche für eine Stunde. Auch Menschen ohne Verordnung können dazustoßen, müssen aber Vereinsmitglied sein. Kosten für Erwachsene pro Monat: der allgemeine Beitrag in Höhe von 18,70 Euro plus Spartengebühr Rehasport mit 12,25 Euro.
300 Menschen machen beim Rehabilitationssport mit
Sollte die Nachfrage höher als das Angebot sein, wird die TSV aufstocken. „Wir haben vier Trainer mit entsprechender Ausbildung“, sagt Höhne. Reha ist ein großes Thema im Verein. Es gibt jetzt 16 Gruppen, darunter sieben für Menschen mit Herzproblemen und zwei für Lungenkranke. 300 Personen treiben in der Abteilung Sport, um ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Höhne hat in seiner Funktion als Geschäftsführer Kontakt zu Verbänden und anderen Vereinen. Er sagt: „Das Thema Corona-Langzeitfolgen ist bundesweit im Sport angekommen. Viele Vereine stehen in den Startlöchern, auch weitere aus Stormarn.“ Die TSV Reinbek zählt zu den größten im Kreis mit 3260 Mitgliedern. Weitere 1300 Menschen jeglichen Alters werden von Trainern angeleitet: zum Beispiel in Schulen beim offenen Ganztag und in Altenheimen.
Der Verein hat vor wenigen Tagen übrigens eine Meldestelle samt Zeltdach für Genesene und vollständig Geimpfte installiert. Sie dürfen bei Kursen in Hallen mitmachen, auch wenn schon zehn Personen zugegen sind. Durch die Registrierung haben die Übungsleiter einen besseren Überblick.
Anmeldungen für die Long-Covid-Patienten-Gruppe unter Telefon 040/40 11 326-0 oder per E-Mail an info@tsv-reinbek.de