Braak. Braak bekommt ein Umspannwerk. 35-Meter-Mast wurde aufgestellt. SH Netz rechnet mit Verdoppelung des Energiebedarfs bis 2035.

Acht Monteure sind am Montagmorgen unweit der Landesstraße 92 in Braak in luftiger Höhe zu sehen. Sie schrauben Stahlmodule zusammen. Ein Kran setzt bereits das vierte Element oben drauf. Es ist Millimeterarbeit, und doch geht es im Eiltempo voran. In wenigen Stunden wird der 35-Meter-Kreuzgittermast mit einem Gewicht von 75 Tonnen errichtet sein. Über den Koloss wird das Umspannwerk, das sich gerade im Bau befindet, an die 110.000-Volt-Hochspannungsleitung angebunden. Das Umspannwerk in Stapelfeld wird auch erneuert. Für all das investiert der Betreiber, die Schleswig-Holstein Netz AG (SH Netz), mehr als 8,7 Millionen Euro.

„Wir rechnen mit einer Verdoppelung des Energiebedarfs bis 2035“, sagt Unternehmenssprecher Ove Struck und nennt in diesem Zusammenhang zum Beispiel die erhöhte Nachfrage nach Elektroautos und darüber hinaus den Neubau der Müllverbrennungsanlage in Stapelfeld. Im Braaker Umspannwerk, das in spätestens eineinhalb Jahren betriebsbereit sein soll, wird der Strom mithilfe von zwei Transformatoren auf 30.000 Volt heruntergeregelt, nach Stapelfeld geleitet, dort auf 11.000 Volt entschärft und in die Region verteilt. Zwischen den beiden Kommunen wird eine Kabeltrasse verlegt. Sie verläuft unter Feldern. Das Unternehmen benötigte deshalb die Zustimmung von Landwirten. Die Planungen hatten 2019 begonnen. Natürlich gibt es auch Umweltauflagen. „Wegen der Haselnussmaus konnten wir Rodungen erst ab Mai durchführen“, sagt Marius Bruhn, Projektleiter für den Kreuzmast.

Module des Kreuzmastes wurden binnen zwei Wochen vormontiert

Das Umspannwerk in Braak wird zurzeit gebaut.
Das Umspannwerk in Braak wird zurzeit gebaut. © Unbekannt | René Soukup

Dieser wird von 250 Kubikmeter Stahlbeton im Boden gehalten. Das Material für den Turm, der rund 1,1 Millionen Euro kostet, kommt aus Polen. Die Lieferung bestand aus kleinen Teilen. Die Module wurden in Braak auf der Baustelle binnen zwei Wochen vormontiert. Der Weg von der L 92 bis zum Areal ist mit Stahlplatten ausgelegt. Sie sorgen dafür, dass die Lastwagen die Strecke nicht kaputt machen. Die Arbeiten am Umspannwerk sind vor einem Monat gestartet. Seitdem sind jede Menge schwere Transporte unterwegs.

Grundpfeiler des Gebäudes sind bereits gesetzt, Fundamente geschüttet. Das Areal ist eingezäunt, Sandberge wohin das Auge reicht. 3,5 Millionen Euro sind dafür veranschlagt. Jürgen Pohl ist Projektleiter für das Umspannwerk. Er sagt: „Wir werden mit dem Betrag wohl nicht auskommen, die Kosten für einige Materialien haben sich um 70 bis 80 Prozent erhöht.“ Pohl ist einer von 1400 Mitarbeitern der Schleswig-Holstein Netz AG, die für rund 2,8 Millionen direkt oder indirekt angeschlossene Kunden Strom- und Gasleitungen in mehr als 900 Kommunen in Schleswig-Holstein betreibt.

Neue Müllverbrennungsanlage dürfte Anfang 2024 Betrieb aufnehmen

Mit der modifizierten Netzinfrastruktur ist das Unternehmen für die Einspeiseerhöhung durch die neue Müllverbrennungsanlage in Stapelfeld gewappnet. Deren Inbetriebnahme dürfte Anfang 2024 sein. Betreiber EEW Energy from Waste selbst hat sich zum Investitionsvolumen auf Stormarns größter Baustelle bisher nicht geäußert. Branchenkenner hatten die Summe bei der Vorstellung der Pläne Ende 2017 auf mindestens 150 Millionen Euro geschätzt. Schon wegen der erheblichen Baukostensteigerungen in den vergangenen Jahren dürften es deutlich mehr sein.

Nach einer mehrwöchigen Übergangsphase soll die alte „Mülle“, wie die Anlage in der Umgebung nur genannt wird, stillgelegt und abgebaut werden. Dann verschwindet auch der 110 Meter hohe Schornstein. Der neue Schlot ist mit 63 Metern nur geringfügig länger als das höchste Gebäude, das Kesselhaus. Der Ofen arbeitet dank modernerer Technik deutlich effizienter als sein 43 Jahre alter Vorgänger. So produziert das Müllheizkraftwerk aus der gleichen Menge Abfall die doppelte Menge Strom.

Die jährlich mehr als 200.000 Megawattstunden reichen, um rund 57.000 Haushalte zu versorgen. Parallel steigt die Fernwärmemenge von gut 250.000 auf 400.000 Megawattstunden. An das Netz sind unter anderem die meisten Häuser in Stapelfeld und die nahen Gewerbegebiete angeschlossen.

Davon wird es demnächst ein weiteres in Stapelfeld geben. Es heißt Minervapark. Wie berichtet, war vor Kurzem Erschließungsbeginn. Zuständig dafür ist die Wirtschafts- und Aufbaugesellschaft Stormarn (WAS). Maximal zehn Firmen sieht deren Geschäftsführer Ulf Hahn auf dem Sieben-Hektar-Areal. Der Bebauungsplan lässt sogar die doppelte Größe zu. Ein Landwirt wollte aber seinen Grund nicht an die WAS verkaufen.

Gründächer sind in Stapelfelder Gewerbegebiet Vorschrift

Stapelfeld ist Bestandteil des ersten länderübergreifenden Gewerbegebiets von Hamburg und Schleswig-Holstein. In der Hansestadt entsteht zurzeit im Anschluss an den seit 1992 existierenden Merkurpark der 34 Hektar große Victoriapark, den der Ahrensburger Unternehmer Klaus-Peter Jebens entwickelt. Dieser wirbt jetzt um die Gunst des Stapelfelder Bauern. Die Erschließung auf Stormarner Seite ist so geregelt, dass dessen Flächen mitgedacht sind. Hahn hat das Projekt von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen mit dem „Gold Standard“ zertifizieren lassen. Gebäude müssen Gründächer und Solaranlagen haben.