Hamburg.
Endlich wird es wieder heller. Wenn am Montag die Weihnachtsmärkte öffnen, erstrahlt Hamburg im Lichterglanz. Sternengleich funkeln dann Lampen, LED-Leuchten und Laternen, sodass die Nacht an Elbe und Alster zum Tage wird.
Doch bevor der weihnachtliche Trubel beginnt, hat der christliche Jahreskreislauf etwas ganz Tristes gesetzt: den morgigen Totensonntag.
Er ist eine Zäsur, weil er so ganz anders ist als die heiteren Sommer- und Herbstsonntage. Dieser Tag, auch Ewigkeitssonntag genannt, soll der eigenen Trauer Zeit und Raum geben. Denn viele Menschen gedenken morgen ihrer verstorbenen Verwandten und Freunde. Ganze Familien werden die Gräber und Mausoleen auf den Friedhöfen besuchen, Kränze niederlegen und Kerzen als Zeichen des Gedenkens entzünden. Nur wer sich der Trauer stellt und seine Gefühle anschaut, kann dem Schmerz den Stachel nehmen.
Jede Kultur in der Menschheitsgeschichte hält ein Reservoir an Bestattungs- und Trauerritualen bereit. Am Ende bleibt ein Grab mit dem Namen des Verstorbenen oder eine anonyme Grabstätte. Friedhöfe sind Seelenorte für die Lebenden. Sie gemahnen die Besucher, dass sie selbst nur Gast auf Erden sind und eines Tages „zu den vielen gehen“ werden, wie einst die alten Römer sagten.
Leid, Sterben und Tod waren nie so präsent wie heute
Wie allgegenwärtig Tod und Vernichtung sind, vermitteln uns die modernen Kommunikationsmittel. In keiner Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg sind Leid, Sterben und Tod in der kollektiven Seele so präsent wie heute. Im „globalen Dorf“ wird über ein tragisches Zugunglück im fernen Asien ebenso berichtet wie über den Bürgerkrieg in Jemen – wenn auch mit unterschiedlicher Gewichtung. Darüber hinaus hämmern sich Hungersnöte, Terroranschläge, Artensterben und mörderische Kriminalität ins Bewusstsein der Mediennutzer ein.
Wer bei diesen negativen Nachrichten aus der ganzen Welt nicht ganz abstumpfen will, schaltet ab, wechselt die Internetseite und wendet sich schönen Dingen zu.
Ein solcher Gedenktag wie morgen bietet freilich die Gelegenheit, sich einmal mit der eigenen Endlichkeit auseinanderzusetzen. Die Grabinschriften auf den Hamburger Friedhöfen können dafür Impulse zum Nachdenken geben. Prominente Persönlichkeiten wie Helmut und Loki Schmidt verzichteten freilich auf große Worte: Auf ihrem Grabstein stehen lediglich Namen und Lebensdaten.
Helmut Schmidt schloss ein Leben nach dem Tod aus
Dahinter steht ein Umgang mit dem Tod, der sich aus dem Erfahrungsschatz der antiken Philosophie speist. Helmut Schmidt, der im Dezember 100 Jahre alt geworden wäre, hielt es im Blick auf den eigenen Tod mit Epikur (341–270 v. Chr). Der griechische Philosoph sagte, der Tod gehe den Menschen nichts an. Denn wenn der Tod da sei, „existieren wir nicht mehr“. Schmidt selbst schloss für sich ein Leben nach dem Tod aus: „Wenn es vorbei ist, ist es vorbei.“
Viele Grabinschriften auf den Friedhöfen sind allerdings von der christlichen Hoffnung inspiriert, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Diese Hoffnung gründet sich auf Jesus Christus, den guten Menschen und Gottessohn aus Nazareth, und seine Auferweckung von den Toten durch Gott.
Es gleicht einem Wunder, dass diese Hoffnung noch heute Millionen Menschen beflügelt. Für sie haben Tod, Terror und Krieg nicht das letzte Wort. Sie hoffen, dass Gottes gute Ordnung stärker ist und sich durchsetzen wird. Und sie hoffen auf ein Wiedersehen mit ihren verstorbenen Lieben, die ihnen vorausgegangen und nun in der Hand ihres Schöpfers sind.