Wentorf. Warum führt sich Bildhauer Wulf Kirschner im Woods Art Institute in Wentorf wie im siebten Himmel? Wir geben die Antwort.
Die Begrüßung zwischen Wulf Kirschner und Anna-Julia Reinking ist herzlich. „Wie geht es dir?“, fragt sie ihn und der 74-Jährige antwortet: „Wie im siebten Himmel.“ Der Bildhauer ist der erste Künstler, den der Sammler Rik Reinking zum Arbeiten in das Woods Art Institute (WAI) an die Golfstraße eingeladen hat. Beide erinnern sich nicht mehr, bei welcher Vernissage sie sich kennengelernt haben, nur noch daran, dass es lange her ist. „Wulf Kirschner gehört quasi zur Familie“, stellt Rik Reinking fest.
Die Einladung kommt Wulf Kirschner wie gerufen. Denn seitdem er mit seiner Frau vor acht Jahren von Hamburg in die Nähe von Frankfurt gezogen ist, hat er keinen geeigneten Atelierplatz zum Schweißen mehr – und das ist für ihn und für seine Kunst elementar. Denn er fertigt einfache geometrische Körper aus Edelstahl, Corten- oder Schiffbaustahl, deren Oberflächen er durch Schweißnähte eine neue Struktur verleiht. „Die Oberfläche ist für mich die Schnittstelle zur Poesie“, erklärt Wulf Kirschner. „Ich möchte die Oberfläche und den Körper in Einklang bringen.“
Seine Werke stehen in großen Städten wie in Stuttgart und Mainz
Während seines Studiums an der Hochschule für bildende Kunst (HfbK) in Hamburg bei Ulrich Rückriem hat er unter anderem auch einen Schweiß-Lehrgang besucht. Rückriems gesprengte und wieder vereinte Granitblöcke stehen beispielsweise neben der Uni Hamburg am Platz der Deportierten an der Edmund-Siemers-Allee. „Rückriem hatte es ja mit dem Trennen und wieder Verbinden“, sagt Kirschner. „Ich habe das auf den Stahl übertragen und irgendwann gemerkt, mich interessiert eigentlich die Schweißnaht, die die gesamte Struktur des Stahls aufbricht.“ So überzieht er die platonischen und archimedischen Körper mit den Linien der Schweißnähte. Heute stehen seine Werke ebenfalls in großen Städten wie Salzgitter, am Mainufer in Mainz – oder im Park des WAI.
Zwei Skulpturen will Wulf Kirschner in Wentorf vollenden
Während des Gesprächs wird er unruhig, es drängt ihm zurück zu dem Werkstatttisch, auf dem schon die zugeschnittenen Edelstahlplatten liegen. Zwei Skulpturen will er in Wentorf vollenden. „Das schaffe ich“, sagt er selbstsicher. In einem Alter, in dem andere längst in Rente sind, ist er voller Tatendrang. „Ich habe noch so viele Ideen, es gibt viel zu tun“, stellt er fest. „Aber mehr als vier Stunden am Tag schweiße ich nicht mehr, das musste ich meiner Frau versprechen.“
Neben der Natur ist auch die Philosophie und die Reflexion darüber für ihn eine wichtige Quelle der Inspiration. Gerade liest er Heidegger: „Die Kunst ist ein wichtiges Ding, alles andere ist Zeug“, schreibt der. „Ich finde das lustig“, sagt Kirschner und lacht „Aber er ist sehr schwergängig.“
Früher hat der Künstler auf der Werft geschweißt
Pausen fallen ihm nicht leicht. Bis 2017 noch hatte er sich auf der Werft von Blohm + Voss eine Ecke als Atelier einrichten dürfen. Mehr als 15 Jahre hat er dort gearbeitet, oft bis zur Erschöpfung, mehr als acht Stunden am Tag. „Ein Ingenieur von Blohm + Voss ist mal zu mir gekommen und hat gesagt: ,Sie könnte ich auch einstellen, Sie sind ein fleißiger Schweißer“, erzählt der Künstler schmunzelnd. Auch mit den Werftarbeitern stand er mehr als 15 Jahre im Austausch, als sie sahen, wie ernsthaft und handfest er sich mit dem Material auseinandersetzte. „Das war ein tolles Miteinander. Leider war das nach der Übernahme der Werft durch Lürssen nicht mehr möglich“, bedauert er.
Aktuelle Kunst im Woods Art Institute in Wentorf
Für die Sonderausstellung „TTT – Terence, Tim und Trier“ gibt es ab sofort Karten für zweistündige Führungen. Diese Tickets ab 15 Euro sind nur noch über das Portal Eventbrite.de buchbar. Dort gibt es für Sonnabend, 19. Juni, die ersten freien Termine. Auf dem WAI-Gelände besteht Masken- und Abstandspflicht (1,5 Meter). Außerdem braucht jeder Gast am Tag des Besuches ein negatives Corona-Testergebnis. Alle Führungen sind erst ab 16 Jahren zugänglich. Hunde sind auf dem Gelände nicht gestattet.