Bargteheide. Über den Ausbau des Standorts im Gewerbegebiet Bargteheide darf nicht ohne Einzelhandelskonzept entschieden werden.

Die Entwicklung des Famila-Standorts im Gewerbegebiet Langenhorst hält die Bargteheider Kommunalpolitik seit vielen Monaten in Atem. Dass am kommenden Donnerstag im Ausschuss für Planung und Verkehr nun ein Satzungsbeschluss zur Änderung des Bebauungsplans gefasst werden soll, stößt indes auf entschiedene Kritik der Grünen. „Warum diese Eile?“, fragt Fraktionschefin Ruth Kastner. Weder seien offene Fragen hinreichend geklärt, noch liege das Einzelhandelskonzept vor, dessen Erstellung mehrheitlich beschlossen worden sei. „Mit einer überhasteten Entscheidung Fakten zu schaffen, gefährdet zudem die weitere Fördermittelakquise“, ist Kastner überzeugt.

Wie bereits mehrfach berichtet, plant die Kieler Unternehmensgruppe Bartels-Langness (Bela) in der Straße Am Redder aktuell neben einer neuen, um 900 Quadratmeter vergrößerten Famila-Filiale, einen Tierfutter- und einen Möbelfachmarkt (Futterhaus und Dänisches Bettenlager), eine Tankstelle und 350 Parkplätze. Ursprünglich wollte Bela eine Gesamtverkaufsfläche von 10.750 Quadratmetern für Famila, einen Discounter und vier Fachmärkte ausweisen.

Sortimente sollen genau definiert werden

„Gegen die Modernisierung und moderate Erweiterung der Famila-Filiale am jetzigen Standort gibt es unsererseits überhaupt keine Einwände“, sagt Kastner. Alles, was darüber hinausgeht, sehen wir jedoch nach wie vor kritisch. Zumal auf knapp 500 Quadratmetern Verkaufsfläche zentrumsrelevante Randsortimente angeboten werden sollen und weiter unklar bleibe, welche „Dienstleistung“ im dritten Shop des Vorkassenbereichs angeboten wird.

„Aus unserer Sicht ist unabdingbar, dass vor der Änderung des B-Plans eine genaue Definition jener Sortimente erfolgen muss, die Am Redder angeboten werden sollen“, erklärt Kastner. Weil nur so die Auswirkungen auf den Innenstadthandel beurteilt werden könnten. Dafür sei das Einzelhandelskonzept ein bestens geeignetes Instrument.

Einzelhandelskonzept liegt erst Ende Mai vor

Allerdings wird es laut Stadtverwaltung frühestens Ende Mai dieses Jahres vorliegen. Einer aktuellen Vorlage zufolge soll auf Basis des vorliegenden Arbeitsstandes während der zweiten Sitzung des betreffenden Arbeitskreises am 3. Mai ein Entwurf erarbeitet werden, der dem zuständigen Ausschuss für Planung und Verkehr zu seiner Sitzung am 27. Mai zur Entscheidung vorgelegt wird. Dessen Zustimmung vorausgesetzt, könne anschließend die vorgeschriebene Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung eingeleitet werden.

Auf die Abfolge – erst Einzelhandelskonzept, dann Änderung B-Plan – verweisen im Übrigen auch die Landesplanung sowie die Industrie- und Handelskammer (IHK) in ihren Stellungnahmen zu den Bela-Plänen. Beide Gremien äußerten „Bedenken bezüglich der Festsetzungen und der rechtlichen Belastbarkeit“ des B-Plans, wie es die IHK in ihrem Statement vom 29. Januar dieses Jahres expressis verbis formulierte.

IHK warnt vor „verstecktem Drogeriefachmarkt“

„Wir raten dazu, zunächst ein Einzelhandelskonzept aufzustellen und daraus ableitend den Bebauungsplan“, heißt es bei der IHK weiter. Eine sehr große rechtliche Unsicherheit entstehe durch die „fehlende Einstufung von Sortimenten in nahversorgungs-, zentren- und nicht zentrenrelevant“, die ortsspezifisch aufgestellt sein müsse. Zudem warnte die IHK vor dem Entstehen eines „versteckten“ Drogeriefachmarkt innerhalb der Famila-Filiale, sowie vor der Bereitstellung von Angeboten, die eher im zentralen Versorgungsbereich bereitgestellt werden sollten, wie etwa Dienstleistungen von Ärzten, Friseuren, Sonnen- und Tattoostudios sowie Offerten im Freizeit- und Sportbereich.

Insbesondere die Größenordnung der Non-Food-Sortimente hatte ebenso die Landesplanung in den Fokus genommen. Laut Entwurfs der Fortschreibung des Landesentwicklungsplans 2010 seien zentrenrelevante Randsortimente auf maximal zehn Prozent der jeweils zulässigen Verkaufsfläche zu begrenzen.

Famila-Filiale darf nur begrenzt wachsen

Zu achten sei zudem darauf, die zulässige Verkaufsfläche der Famila-Filiale auf maximal 4100 Quadratmeter zu begrenzen. Wohlgemerkt inklusive Vorkassenzone mit höchstens drei Shops und je 100 Quadratmetern reiner Verkaufsfläche. Zudem sollte das Non-Food-Sortiment auf maximal 1000 Quadratmeter begrenzt sowie die Sortimentszusammensetzung genau definiert werden.

„Sollte die Änderung des B-Plans schon jetzt erfolgen, käme das einer Verschwendung von Steuergeld gleich“, sagt Ruth Kastner. Die überdies darauf hinweist, dass wesentliche Teile der Finanzierung des Einzelhandelskonzepts aus dem Städtebauförderprogramm „Lebendige Zentren – Erhalt und Entwicklung der Stadt- und Ortskerne“ stammen.

Druck auf Märkte im Stadtzentrum nimmt zu

Es sei aber schon jetzt offensichtlich, dass der Ausbau des Famila-Standorts einer Stärkung des Ortszentrums rund um die Rathausstraße „entgegenlaufe“, so lange sich insbesondere der Lebensmitteleinzelhandel dort nicht marktgerecht aufstellen könne. Erste Untersuchungen zur Erstellung des Einzelhandelskonzepts hätten bereits ergeben, dass eine Stärke der Bargteheider Innenstadt auf der „Magnetfunktion Lebensmittelhandel“ beruhe.

„Gelingt es nicht, Edeka und Rewe Potenzialflächen für eine moderne Warenpräsentation zur Verfügung zu stellen, werden diese dem mit der Famila-Erweiterung einhergehenden wachsenden Wettbewerbsdruck kaum standhalten können“, so Kastner. Das hätten sowohl Untersuchungen der HafenCity Universität Hamburg (HCU), als auch der Uni Kiel hinreichend belegt. Deshalb müsse ebenso über alternative Standorte am Kreisel, der Parkpalette hinter der Stadtverwaltung und dem Bürgerbüro hinter der Rathaus Lounge (Elvis) nachgedacht werden.