Lerbach. Ulrike Krages eröffnet eine Gaststätte im Harz. Baumhäuser und Hütten sind geplant. Rückzugsraum in der Natur.

Es ist eines der wohl ungewöhnlichsten Investments im Harz: Die renommierte Hamburger Designerin Ulrike Krages hat einen Traum verwirklicht und eine Oase im Wald geschaffen. Nach mehreren Monaten Umbauzeit hat sie nun mit ihrem Sohn die Gaststätte Besenkammer in Lerbach bei Osterode eröffnet. Der dazugehörige Campingplatz ist ebenfalls wieder für Gäste geöffnet.

 In den kommenden Monaten will die Hamburgerin hier weiter investieren. So sollen ab August 20 Baumhäuser auf dem idyllisch in einem Tal gelegenen Platz entstehen, den Wälder einrahmen und zwei Bäche durchfließen. Auch zehn bis 15 Tiny-Häuser, kleine Hütten, sind auf dem Platz geplant. Es wird ein grüner Rückzugsraum in der Natur.

Mehr als ein Investment

Für Krages ist ihr Engagement mehr als ein Investment. „Wir stehen am Beginn einer neuen Epoche“, sagt sie. „Wir wollen den Harz neu denken: ökologisch, sozial, digital.“ Ökologisch heißt für Krages, Luxus nicht länger über Reichtum, sondern über den Genuss der Nachhaltigkeit zu definieren. Entsprechend umweltbewusst werden der Campingplatz und die Besenkammer geführt – im Restaurant werden Produkte aus der Region und vegane Küche angeboten, eigenes Quellwasser, auf Plastik verzichtet man.

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Digital definiert den Anspruch, in Lerbach einen „Co-Working-Space im Wald“ gerade für junge Leute zu schaffen. Viele Menschen arbeiteten digital, sehnten sich aber nach Natur und sportlichem Ausgleich. Der alte Skilift soll im Sommer Mountainbiker und im Winter Skifahrer in die Höhe ziehen. Und an dem Lift, so wünscht es sich Krages, soll eine kleines „Käse-Fondue-Stübli“ entstehen.

Die Menschen aus Hartz IV in den Harz holen

Der Platz mit seinen 35.000 Quadratmetern ist groß, noch größer sind die Ideen, die aus der Hamburgerin nur so heraussprudeln: Aus dem Wacholder der Region soll ein Gin werden, im Winter sollen Märchenerzähler auftreten, und sie träumt von Adventssingen in der Besenkammer: Mundorgel meets Moderne, der Wandervogel das World Wide Web.

Blick aus dem Hotel im Harz auf die Terrasse.
Blick aus dem Hotel im Harz auf die Terrasse. © UK3 | UK3

„Für mich ist der Harz das schönste Mittelgebirge Deutschlands“, sagt die Expertin in Sachen Architektur, Häuser und Lifestyle. Die Region um Lerbach zwischen Osterode und Clausthal-Zellerfeld ist wunderschön, aber strukturschwach. Noch immer verlassen viele junge Menschen ihre Heimat, der alte Wohlstand durch den Bergbau ist längst passé.

„Aber viele Menschen zieht es zugleich aufs Land - bei uns bewerben sich Köche aus Berlin“, sagt Krages. Auch ihr Sohn Louis, IT-ler aus Berlin, ist nach Lerbach gezogen, um das Projekt mit anzuschieben. Sie sieht die Krise in der Region auch als Chance: „Der Westharz ist vergessen worden. Nun aber haben wir die Möglichkeit, die Fehler des Ostens nicht zu wiederholen.“

Menschen vor Ort fördern

Zugleich will Krages Menschen vor Ort fördern, sie aus Hartz IV in den Harz holen. Sie nennt es die soziale Dimension des Projektes: „Wir schauen uns Leute aus der Region an, die bislang keine Chance hatten.“ Insgesamt sollen in Lerbach 30 Menschen beschäftigt werden – Servicekräfte, Gärtner, Mechaniker, Köche und Küchenhilfen.

Die Hamburger Investorin plant 20 Baumhäuser.
Die Hamburger Investorin plant 20 Baumhäuser. © Michael Paetzold/Harz Kurier | Michael Paetzold/Harz Kurier

Die ersten zehn hat sie bereits angestellt, Alleinerziehende, Migranten, Menschen ohne Schulabschluss. Viele waren arbeitslos, sodass das Arbeitsamt die erste Zeit die Hälfte des Lohnes übernimmt. Mentoren sollen die Angestellten coachen. „Ich frage diese Menschen immer, was sie als Kind werden wollten, das Schicksal hat es mit vielen nicht gut gemeint.“

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Sie ist mit dem Kauf des alten Campingplatzes zweieinhalb Autostunden südlich von Hamburg ein großes Wagnis eingegangen. Nicht alles klappte so wie erhofft, weil beispielsweise die Leitungen für die Tiny-Houses fehlten und Corona hinzukam. „Ich habe viele Probleme miteingekauft“, sagt sie unverzagt. „Aber ich möchte dazu beitragen, die Welt etwas schöner zu machen“, sagt Krages. „Meine Aufgabe ist es, diesen wunderschönen Platz und die Menschen vor Ort zurückzuholen.“