Frankfurt am Main. Die Bundesliga hat auch weiter mit den Auswirkungen der Corona-Krise zu kämpfen. Wie sich die Vereine wappnen wollen.
DFL-Boss Christian Seifert wirkte fast schon staatsmännisch, als er in deutlichen Worten den Ernst der Lage im Profifußball beschrieb und kurz darauf mehr Mut zur Rückkehr der Fans in die Stadien anmahnte. "Die Organisation und Durchführung dieser Spielzeit wird um ein Vielfaches komplizierter als die Beendigung der letzten Spielzeit", betonte der Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga am Donnerstag nach der virtuellen Mitgliederversammlung der 36 Erst- und Zweitligisten in Frankfurt mit Nachdruck. "Man muss kein Philosoph und kein Prophet sein, um die Aussage zu treffen, dass dies die anspruchsvollste und schwierigste Spielzeit des professionellen Fußballs in Deutschland wird."
Bei der knapp dreistündigen Videokonferenz schwor Seifert die Vereinsvertreter auf die weiterhin großen Herausforderungen in der Corona-Krise ein. "Die wirtschaftlich ganz harten Monate kommen erst noch", warnte Seifert. Die DFL und ihre Clubs würden ein "Höchstmaß an Energie" benötigen, um die kommende Saison zu bewältigen. Es bedürfe bei der Planung "Besonnenheit und Mut".
Größere Angstfreiheit in der Corona-Pandemie forderte Seifert auch von den Entscheidern in der Frage der Teilzulassung von Zuschauern ein. Die Frage, ob dies bei steigenden Corona-Infektionszahlen das richtige Zeichen wäre, sei zwar "absolut berechtigt und die muss auch gestellt werden", sagte Seifert. Die Rückkehr von Fans könne aber auch "ein ganz wichtiges und sehr positives Zeichen sein. Ein Zeichen, dass sich tausende Menschen sehr wohl an Hygieneregeln halten wollen und halten können."
Bundesliga: Spielverlegungen wegen Corona möglich
Trotz des noch mindestens bis Ende Oktober geltenden Verbots für Sport-Großveranstaltungen warb der 51-Jährige erneut dafür, möglichst bald wieder die Arenen für eine größere Zahl von Fans zu öffnen. "Natürlich darf man nicht leichtsinnig werden, aber die Angst vor dem, was passieren könnte, darf uns nicht lähmen. Und man sollte sie auch nicht schüren", betonte Seifert. Mit den vielen Unsicherheiten in der Corona-Pandemie müsse man "offensiv und mit Bedacht umgehen".
Um so gut es geht gewappnet zu sein, wurde das optimierte medizinisch-hygienische Arbeitsschutz-Konzept der "Taskforce Sportmedizin/Sonderspielbetrieb" von den Vereinen gut zwei Wochen vor dem Bundesligastart einstimmig verabschiedet. Zudem dürfen die Teams in der Bundesliga und der 2. Liga auch in der kommenden Saison in allen Spielen fünf statt drei Auswechslungen vornehmen. Damit soll das Verletzungsrisiko für die Spieler minimiert werden.
Auch die kurzfristige Verlegung von Partien in andere Orte ist weiter möglich, um Spielausfälle zu vermeiden. Darüber hinaus will die DFL eine eigene Struktur für Corona-Tests schaffen, "denn die Lebensader der Bundesliga sind die Spiele", betonte Seifert. "Ein Ausfall von Spielen wäre organisatorisch-logistisch ein großes Problem."
Regel-Flickenteppich in den Ländern
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten hatten zuletzt entschieden, eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die bis Ende Oktober Regelungen für den Umgang mit Zuschauern im Sport vorlegen soll. Aufgrund der regional sehr unterschiedlichen Verfügungslage droht bis dahin ein Flickenteppich bei der Rückkehr von Fans in die Arenen.
Während RB Leipzig zum Saisonstart gegen den FSV Mainz 05 vor 8500 Fans spielen darf und Hertha BSC gegen die TSG 1899 Hoffenheim die in Berlin erlaubten 5000 Besucher ins Olympiastadion lassen will, dürfte Rekordmeister FC Bayern München sein Auftaktspiel gegen Schalke 04 zum derzeitigen Stand nur vor 400 Zuschauern bestreiten.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder äußerte – wie zuvor schon Bundesgesundheitsminister Jens Spahn – daher deutlich Vorbehalte gegen eine Teilzulassung von Zuschauern zum Bundesligastart. "Jetzt wieder Fußballspiele mit Fans zu erlauben, während gleichzeitig die Infektionszahlen steigen, wäre ein schlechtes Signal", sagte der CSU-Chef der "Passauer Neuen Presse". Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer bestärkte die Vereine in seinem Bundesland am Donnerstag dagegen darin, weiter verantwortungsvoll und koordiniert an der Rückkehr von Zuschauern bei Großveranstaltungen zu arbeiten.
DFL sieht keine Wettbewerbsverzerrung
Söder sieht zudem das Risiko von Wettbewerbsverzerrungen. "Ein Verein mit Fans, die anderen ohne – das kann weder im Sinn der Liga noch des Sports sein", sagte der 53-Jährige. Ähnliche Töne kamen aus dem Fanlager.
Die Liga sieht das anders. "Grundsätzlich begrüßen wir, dass es bundeseinheitliche Regelungen geben soll", sagte Seifert. "Aber ich würde das scharfe Schwert der Wettbewerbsverzerrung stecken lassen. Das hat heute auch keiner gezogen." Man müsse sich in kleinen Schritten in die Zukunft vortasten. "Erst wenn irgendwann mal ein Verein vor 50.000 Fans spielt und ein anderer mit null, wird es relevant für den Wettbewerb", betonte der DFL-Boss.
Um die Fan-Rückkehr in die Stadien zu beschleunigen, werden sich die DFL und der Deutsche Fußball-Bund mit einem siebenstelligen Betrag an mehreren Studien zur Coronavirus-Pandemie beteiligen und diese wissenschaftlich begleiten. "Die Studien beginnen so schnell wie möglich", sagte Seifert. "Wir gehen davon aus, dass wir nach dem Start des Spielbetriebs so schnell als möglich die ersten Ergebnisse vorlegen können.