Hamburg. Hamburgs Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi im Gespräch. Heute über den Streit zwischen Bund und Ländern.

Matthias Iken: Bei den Infektionszahlen erleben wir ein ständiges Auf und Ab. Erst sollte ein Lockdown light Weihnachten retten, jetzt soll das Land konsequent heruntergefahren werden. Benötigen die Menschen nicht endlich einen Langzeitplan?

Klaus von Dohnanyi: Es wäre gut für alle, wenn das möglich wäre, aber das Virus ist nicht planbar. Vor acht Jahren machte das Robert-Koch-Institut eine Risikoanalyse für typische Virus-Epidemieverläufe und sagte voraus, dass eine zweite Welle sehr viel milder verlaufen werde als die erste. Das ist nun völlig anders und nicht nur bei uns. Wie soll man da einen Langzeitplan machen? Wir müssen uns auf die Disziplin der Menschen verlassen, diese lässt aber nach einem Jahr Corona offenbar nach. Wie sollen wir das einplanen? Nein, Corona ist nicht planbar, nur die Vorsorge ist es, und das geschieht ja.

Iken: Die Ministerpräsidenten haben im Oktober härtere Maßnahmen verhindert, das Ergebnis ist bekannt. Können wir uns leisten, dass die Bundesregierung auf die Länder warten muss und diese dann unterschiedlich entscheiden?

Dohnanyi: Wir sehen täglich, dass Corona sich von Bundesland zu Bundesland und von Stadt zu Stadt unterschiedlich entwickelt. Also müssen die Länder und Städte auch immer wieder flexibel auf die jeweilige Lage reagieren können. In Zeiten von Gefahr bewährt sich – wie auch sonst im Leben –, schnell und beweglich zu sein. Das geht für eine Stadt wie Hamburg aber besser als gleichzeitig für ganz Deutschland mit über 82 Millionen Einwohnern!

Iken: Wäre es besser, die Kanzlerin nähme das Thema ganz in ihre Hände?

Dohnanyi: Es ist unsere historische Tradition, dass wir in der Politik so viel wie möglich nahe bei den Menschen entscheiden. Wir nennen das Föderalismus. Der ist oft mühsam, meist auch eher langsam, aber unsere größeren Erfolge im Vergleich mit vielen anderen Staaten – auch bisher bei Corona – verdanken wir dieser Ortsnähe unseres politischen Systems. Dennoch sollten wir nach den Erfahrungen dieser Pandemie eine grundsätzliche Überarbeitung unseres Föderalismus in Angriff nehmen. Wir müssen auch hier aus der Erfahrung lernen.

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