Hamburg. Einstmals populäre Urlaubsziele landen im Ranking weit hinten. An der Spitze gibt es Wechsel – und Sylt nimmt eine Sonderrolle ein.

Deutschland startet in den Urlaub. In Schleswig-Holstein haben die Sommerferien schon begonnen. Hamburg folgt in wenigen Tagen, das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen schließt in zwei Wochen die Schulen. Und bei allen steht ein Ziel ganz obenan: die Ostsee. Das geht aus einer Datenanalyse des Buchungsportals HomeToGo hervor.

Einen enormen Sprung im Ranking der Suchanfragen hat dabei die Schleiregion gemacht. 2019 lag sie noch auf Platz 271, nun landet sie auf Platz 75. Die Gegend rund um Schleswig und Kappeln hatte sich Mitte April als erste touristische Modellregion in Deutschland enorm profilieren können. Und der Boom hält an. „Wir sind ab Mitte Juli, wenn die Ferien in Nordrhein-Westfalen beginnen, so gut wie ausgebucht“, sagte Max Triphaus, Tourismus-Chef der Schleiregion. „Die Modellregion hat uns einen sehr hohen Ertrag gebracht.“

Ostsee an der Spitze – Schlei bei Urlaubern beliebter

An der Spitze des HomeToGo-Rankings liegt die Ostsee. In der Zeit vom Anfang Januar bis zum 14. Juni lag diese Region bei den Suchanfragen für Urlaub im Zeitraum Anfang Juli bis Ende August deutlich vorn – noch vor den Suchbegriffen „Deutschland“ (2), „Kroatien“ (3), „Italien“ (4) und „Nordsee“ (5). Einstmals populäre Urlaubsziele landen weit hinter dem Suchbegriff „Ostsee“. „Mallorca“ findet sich erst auf Platz 10. Die „Toskana“-Fraktion rangiert nur auf Platz 12, „Sardinien“ gar nur auf dem
33. Platz.

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Die Ursache für dieses Ranking ist klar. Die Corona-Pandemie hat viele Urlaubspläne im europäischen Ausland zunichte gemacht. Manche Touristen haben dort gar nicht erst gesucht, sondern gleich im Inland gebucht. „Bei den Suchanfragen standen in diesem Jahr Sicherheitsüberlegungen im Vordergrund“, sagt HomeToGo-Sprecher Jonas Upmann.

St. Peter-Ording an der Nordsee hat Plätze verloren

Und so machten viele Reiseziele an der deutschen Nord- und Ostsee beim Ranking der Suchanfragen einen deutlichen Sprung nach oben. Gegenüber 2019 ging es für Sylt von Platz 33 auf Platz 22, für Amrum von 84 auf 51, für Timmendorfer Strand von 78 auf 54, für Boltenhagen (Mecklenburg-Vorpommern) von 148 auf 63, für Föhr von 140 auf 77.

Nur wenige Urlaubsorte haben Plätze verloren, so zum Beispiel St. Peter-Ording (von 58 auf 67). Möglicherweise ist das einem statistischen Sondereffekt geschuldet. „Es kann sein, dass das Interesse an St. Peter-Ording 2019 sehr groß gewesen ist, weshalb es nun diesen leichten Rückgang gegeben hat“, sagt Jonas Upmann.

Blick auf das Missunder Fährhaus an der Schlei. Die Region an der Ostsee hat deutlich an Popularität gewonnen.
Blick auf das Missunder Fährhaus an der Schlei. Die Region an der Ostsee hat deutlich an Popularität gewonnen. © Andreas Laible | Andreas Laible

Blickt man auf die Gesamtheit aller deutschen Suchbegriffe, wird der Trend zum Urlaub zu Hause noch deutlicher: Rund 50 Prozent aller HomeToGo-Nutzer suchen nach deutschen Reisezielen. Das ist ein Plus von 58 Prozent gegenüber dem Sommer 2019.

Vor Ort bestätigen die Tourismusexperten das, was Datenanalysten am Schreibtisch ermittelt haben. „Wir sind nahezu ausgebucht“, sagt Andre Rosinski, der Chef der Tourismusagentur Lübecker Bucht (Talb). „Nur noch ab Mitte August bis Mitte September gibt es eine gewisse Auswahl“.

Höhere Preise für Urlaub an der Ostsee?

Die Modellregion Innere Lübecker Bucht war deutlich später gestartet als die in der Schleiregion. Und schon nach einer Woche ging sie in einer landesweiten touristischen Öffnung auf. Dennoch habe es auch hier einen spürbaren Marketingeffekt gegeben, sagt Rosinski. „Wir waren mit unseren Badeorten in vielen Hauptnachrichtensendungen, als Schleswig-Holstein am 8. Mai den Tourismus wieder erlaubt hat.“

Führt das gestiegene Interesse auch zu höheren Preisen? Auch dazu hat das Buchungsportal HomeToGo Zahlen ermittelt, deren Interpretation sich allerdings als schwierig erweist. Denn erfasst wird nur ein Preisdurchschnitt, dessen Höhe unter anderem dadurch bestimmt, welche Unterkünfte noch buchbar sind.

Urlaub auf Sylt etwas günstiger geworden

Wenn also die günstigen Unterkünfte schon belegt sind, steigt der Preisdurchschnitt pro Nacht und Unterkunft. Dennoch lässt sich sagen: Wer jetzt bucht, muss in manchen Orten und Regionen deutlich mehr zahlen als zum selben Zeitpunkt vor zwei Jahren. Für Unterkünfte in ganz Schleswig-Holstein weist HomeToGo einen Anstieg um 13,33 Pozent für Juli und um 69,12 Prozent im August aus. In Mecklenburg-Vorpommern liegt der Anstieg bei 28,13 Prozent (Juli) und 9,8 Prozent (August).

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Sylt spielt hier eine Sonderrolle. Weil auf der Insel der Reichen und Schönen offenbar zunächst die teuersten Unterkünfte gebucht worden sind, weil man sich etwas gönnen wollte, sind die Preise dort geringfügig niedriger als vor zwei Jahren (minus 4,9 Prozent für Juli und minus 2,5 Prozent für August).

Ist der Ostsee-Boom bald wieder vorbei?

Bei allen Jubelmeldungen für den Ostsee-Tourismus darf nicht übersehen werden, dass die tollen Zeiten bald wieder vorbei sein könnten. „Vor ein paar Wochen war das Interesse an der Ostsee noch größer als jetzt, wir beobachten nun wieder ein wachsendes Interesse an Zielen in Europa“, sagt Jonas Upmann.

Pandemie vorbei, Ostsee-Boom vorbei? „Unsere Marktanteile werden sich sicher wieder einpendeln“, sagt Andre Rosinski, Tourismus-Chef in der Lübecker Bucht. „Aber wir sind auf Augenhöhe mit den Top-Reisezielen. Wir werden nicht ins Hintertreffen geraten.“