Kiel. Vier Modellregionen in Schleswig-Holstein erlauben Ferien – streng überwacht. Wohin Reisen nun möglich sind und wie sie ablaufen.
Ab dem 1. Mai sind Sylt-, Föhr- und Amrum-Besuche wieder möglich, ab dem 19. April können Reisende und Ausflügler wieder in die innere Lübecker Bucht, an die Schlei, nach Eckernförde oder Büsum fahren. Das Land hat gemeinsam mit Tourismus-Fachleuten vier Modellprojekte ausgewählt, in denen das Corona-konforme Urlauben geprobt werden soll. Am Freitagnachmittag gab Tourismusminister Bernd Buchholz (FDP) die Regionen und die genauen Regeln für die Besucher bekannt.
Vier Regionen und Kreise haben den Zuschlag bekommen und werden unter wissenschaftlicher Beobachtung vorsichtige Öffnungsschritte wagen: Der gesamte Kreis Nordfriesland mit seinen Nordseeinseln Sylt, Amrum und Föhr, der Dithmarscher Urlaubsort Büsum, die Schlei-Region samt Eckernförde sowie die innere Lübecker Bucht um Timmendorfer Strand sind für die kommenden Monate Tourismus-Modellregionen in Schleswig-Holstein. Beworben hatten sich insgesamt zwölf Kreise, Städte, Gemeinden und Regionen. Alle ausgewählten Modellprojekte stehen unter dem Vorbehalt, dass das jeweils zuständige Gesundheitsamt der Umsetzung zustimmt oder Auflagen erteilt.
Tourismus an Nordsee und Ostsee mit hoher Testkapazität
„Die von uns ausgewählten Bewerber haben allesamt gute und ambitionierte Konzepte vorgelegt, mit denen sich nach unserer Überzeugung beweisen lässt, dass ein sicherer Tourismus trotz Pandemie möglich ist“, sagte Buchholz. Bestandteil der Konzepte sei unter anderem der Aufbau einer – gegenüber dem augenblicklichen Zustand – deutlich erhöhten Testkapazität in den Kommunen. Nun gehe es darum, die zu Papier gebrachten Ideen möglichst rasch in konkretes Handeln umzusetzen.
Buchholz machte allerdings auch deutlich, dass das Infektionsgeschehen und die damit verbundene Belastung des Gesundheitswesens das ausschlaggebende Kriterium bleibe. „Das heißt also, dass im Ernstfall – unabhängig vom Inzidenzwert eines Kreises – jedes Modellprojekt durch das Veto des örtlichen Gesundheitsamtes abgebrochen werden kann und die Gäste nach Hause geschickt werden“, betonte der Minister klar.
Dies gelte im Zweifelsfall mit jeweils sofortiger Wirkung. Dessen müssten auch Besucher sich bewusst sein. Beobachtet werden unter anderem die Auslastung der Kliniken vor Ort und die Infektionszahlen. Dafür sind die örtlichen Gesundheitsämter zuständig, die im Zweifel auch die Entscheidungen treffen.
Kreis Nordfriesland startet später
Mit Ausnahme des Kreises Nordfriesland starten die Modellregionen am 19. April in die Testphase. Nordfriesland wird am 1. Mai nachziehen. Allerdings werden Gäste, die zum Beispiel nach Sylt reisen, sich engmaschigen Kontrollen unterziehen müssen. So werden sie nur auf die Insel gelassen, wenn sie einen negativen Antigen- oder PCR-Test vorweisen können. Am Urlaubsort selbst müssen sie alle zwei Tage erneut zu einer Teststation. Die Beherbergungsbetriebe sind angehalten, die Testungen zu dokumentieren. Gäste, die nicht alle zwei Tage zum Testen gehen, müssen die Insel verlassen. Sollte es nicht gelingen, genügend Testkapazitäten bereitzustellen, findet keine Öffnung statt.
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Für Sylt sprechen nach Einschätzung der Fachleute die umfangreichen Vorkehrungen, die jetzt schon angelaufen oder vorgesehen sind – insbesondere die umfassenden Testkapazitäten. „Sylt war Vorreiter beim Thema Testregime und hat sich früh für die Kontakt-Nachverfolgungs-App ,Luca‘ entschieden. Das in der Bewerbung vorgeschlagene Konzept ist anspruchsvoll und umfassend“, sagt der Minister. Die Bewerbung des Kreises Nordfriesland, in den der Antrag Sylts integriert ist, lege ebenfalls fundiert die geplanten Vorhaben dar. „Hieraus erwarten wir einen erheblichen Erkenntnisgewinn für andere touristische Orte und Regionen“, so Buchholz.
An der Schlei ist Gastronomie ausgenommen
Eine Besonderheit birgt die Bewerbung der Schlei-Region mit Eckernförde. Hier ist die Gastronomie ausdrücklich ausgenommen. Die Öffnung konzentriert sich auf Beherbergungsbetriebe, insbesondere auf Ferienwohnungen und -häuser. „Hier könnte also ein praktischer Beweis für die Einschätzung des Robert-Koch-Instituts geliefert werden, dass Beherbergungsbetriebe ein niedriges Risiko darstellen“, sagte Buchholz. Für Eckernförde als Modellprojekt sprach nach Überzeugung der Jury, dass mit dem Ostseebad ein Tourismusort mit städtischen Strukturen zum Zuge komme, der auch erhebliches tagestouristisches Potenzial biete.
Timmendorfer Strand darf wieder Gäste empfangen
In der inneren Lübecker Bucht dürfen die Orte Timmendorfer Strand, Scharbeutz, Haffkrug, Neustadt, Niendorf Pelzerhaken und Rettin Gäste empfangen. Angesichts des Tagestourismus bezeichnete Buchholz die Bewerbung als „mutig“, zugleich aber auch als sinnvoll, da sich einzelne Orte nicht aus der Perlenkette herauslösen könnten. „Denn die Vorgabe ist unter anderem eine regionale Abgrenzbarkeit. Und dieses Modellprojekt wäre ein exzellentes Beispiel für eine gelungene Öffnung des Tourismus unter schwierigen Bedingungen einer hohen touristischen Frequenz“, sagte der Minister.
Die Bewerbung des benachbarten Grömitz und vom Weißenhäuser Strand mit der Ortschaft Wangels hatte hingegen keinen Erfolg. Der Grund: Das für die drei Regionen zuständige Kreis-Gesundheitsamt meldete Bedenken an, mehrere Projekte gleichzeitig zu betreuen. Zudem, so Buchholz, sei der Erkenntnisgewinn bei einer offenen Region wie der inneren Lübecker Bucht vermutlich größer als in abgeschlossenen Ortschaften. Das Hansaland in Sierksdorf wird nicht öffnen, die Ostseetherme in Scharbeutz hingegen könnte es – wenn ein gutes Sicherheits- und Hygienekonzept vorliege.
Fundierte Bewerbung aus Büsum
Die Bewerbung des Dithmarscher Urlaubsortes Büsum bezeichnete Buchholz als besonders fundiert. So sei vor allem das Testregime sehr ausgefeilt und detailliert dargestellt. Büsum habe zudem schon im vergangenen Sommer mit hoher Frequenz an Übernachtungs- und Tagesgästen zu tun gehabt und sei damit sehr professionell umgegangen – etwa durch einen selbst finanzierten Security-Service. „Mit dem kommunalen Ärztezentrum hat Büsum zudem einen sehr wichtigen Player vor Ort“ sagte Buchholz. Er bezeichnete Büsum als eine „klassische Urlaubsdestination“, die als Modellprojekt im Erfolgsfall enorm viele Erkenntnisse für vergleichbare touristische Orte liefern dürfte.
Hohe Infektionszahlen in Lauenburg
Ohne Erfolg blieben unter anderem die Bewerbungen aus dem Herzogtum Lauenburg und aus Bad Segeberg. Dies lag in erster Linie an den aktuellen Infektionszahlen und den Inzidenzen. In Lauenburg liegt die Inzidenz derzeit bei 109. Diese Werte machten es unmöglich, dort großflächigere Öffnungen durchzuführen, so Buchholz. Die Bewerbung aus Bad Segeberg sei zudem nicht vollständig gewesen. Ebenfalls abgelehnt wurde die Initiative aus Kiel. Dort habe man nicht viel mehr getan, als die aktuellen Testmöglichkeiten aufzulisten. Wie viele Gäste man erwarte, ob die Gesundheitsämter mitziehen sei offen geblieben, so Buchholz.
Warum Helgoland als "Unikat" nicht geeignet ist
Auch die Insel Helgoland wird nicht zur Modellregion. Das Konzept, mit dem die Hochseeinsel im Kreis Pinneberg sich beworben hatte, sah vor, dass Besucher sich vor der Überfahrt auf dem Festland testen, dann aber nicht mehr verpflichten. Ausschlaggebend für die Nichtberücksichtigung, so Buchholz, sei die mangelnde Vergleichbarkeit gewesen. „Es ist ein Unikat“, so Buchholz. Auch die ambitionierte Bewerbung eines Skipper-Teams sei mangels Vergleichbarkeit zu anderen Anbietern abgelehnt worden.
Sämtliche Versuchs-Öffnungen werden wissenschaftlich begleitet. „Es ist uns ernst damit, sodass nur solche Projekte an den Start gehen können, die mit Partnern aus Hochschulen oder Kliniken zusammenarbeiten, die den Verlauf des Projekts genau verfolgen. Es ist schließlich niemandem geholfen, wenn das schiefgeht“, sagt Buchholz. Der Minister betonte zudem, dass nicht automatisch alle Betriebe in den Modellregionen öffnen dürften. Auch sie müssen zuvor in ihren Gesundheitsämtern detaillierte Konzepte präsentieren.