Ahrensburg. Ahrensburger verärgert: Fotovoltaik wäre Verlustgeschäft. Um die Pflicht zu umgehen, muss er jetzt eine noch intakte Anlage ersetzen.

Frank Loose ist verärgert. „Politik sollte doch für die Bürger gemacht werden und nicht gegen sie“, sagt der Ahrensburger. Der 53-Jährige steht im Garten seines Hauses im Stadtteil Am Hagen. Das Einfamilienhaus liegt gegenüber einem kleinen Waldareal, umgeben von hohen Bäumen. Sonne bekommt das Grundstück nur bedingt ab. Dennoch soll der 53-Jährige auf seinem Dach eine Fotovoltaikanlage installieren. So will es das neue Energiewende- und Klimaschutzgesetz, das der Kieler Landtag in diesem Herbst beschließen möchte. „Das ist doch überhaupt nicht sinnvoll, reine Schikane“, beschwert sich Loose.

Die Gesetzesnovelle sieht unter anderem vor, dass Hauseigentümer ab dem 1. Januar 2022 dazu verpflichtet sind, nach einem Austausch der Heizungsanlage mindestens 15 Prozent des jährlichen Bedarfs über erneuerbare Energiequellen zu beziehen. Die Regelung soll für alle Gebäude gelten, die vor 2009 errichtet wurden. Umweltminister Jan Albrecht (Grüne) erhofft sich von der Novelle einen erheblichen Schub für die Solarenergie in Schleswig-Holstein.

Er will statt Öl jetzt auf Gas umsteigen

Bei der Vorstellung des Gesetzes verwies der Politiker auf Studien, die ein Fotovoltaik-Potenzial auf Gebäuden im nördlichsten Bundesland von sieben bis neun Gigawatt sehen. Derzeit seien nur 1,1 Gigawatt realisiert. Mit dem Gesetz setzt die Landesregierung eine Regelung um, die auf Bundesebene bereits beschlossen ist. In Hamburg gilt sie bereits seit dem 1. Juli.

Frank Loose heizt bislang mit einer Ölanlage, plant aber seit einiger Zeit, auf Gas umzusteigen. „Eine Gasanlage nimmt weniger Platz und ist nach der Einführung der CO2-Abgabe steuerlich günstiger“, so der 53-Jährige. Nur durch einen Zufall erfuhr er von der geplanten Neuregelung. „Ich hatte vor einigen Wochen eine Heizungsfirma zur Wartung hier“, sagt der Ahrensburger. Ein Monteur habe ihm den Tipp gegeben, die Anlage wenn denn schnell auszuwechseln, bevor die Novelle in Kraft trete. „Es ärgert mich, dass von Seiten des Ministeriums kaum kommuniziert wurde, was diese Neuregelung für Hauseigentümer eigentlich bedeutet.“

Sachverständiger: Solaranlage wegen der Bäume nicht sinnvoll

Den Wechsel zur Gasheizung möchte der 53-Jährige jetzt vorziehen. Denn eine Solaranlage auf dem Dach kommt für ihn nicht infrage. „Grundsätzlich bin ich voll und ganz für Sonnenenergie“, sagt er. Vor vier Jahren habe er sich ernsthaft mit dem Gedanken befasst, umzurüsten. „Ich hatte damals einen Sachverständigen hier“, erzählt Loose. Das Ergebnis: Eine Solaranlage sei auf seinem Dach wegen der geringen Sonneneinstrahlung nicht sinnvoll.

Auch interessant

Auch interessant

Auch interessant

„Die Bäume stehen zum großen Teil auf dem Nachbargrundstück“, sagt der Ahrensburger, „da kann ich also nichts machen.“ 8500 Euro habe der Experte für die Solarpaneele auf seinem Dach veranschlagt. Unter diesen Bedingungen sei Fotovoltaik für ihn ein Verlustgeschäft. „Wenn ich meine Heizung erneuern lassen möchte, muss ich diese Summe oben drauf packen, obwohl ich von den Zellen keinen Nutzen habe“, beklagt Loose. Nach Ende der Lebensdauer von 15 Jahren seien die Paneele zudem teurer Sondermüll.

3500 Liter Heizöl müsste er jetzt teuer entsorgen

Frank Loose möchte den Umstieg von Öl auf Gas jetzt vorziehen, obwohl seine Heizungsanlage noch intakt ist. So hofft er, die Neuregelung zu umgehen. „Ökologisch ist das doch gar nicht sinnvoll“, sagt der Ahrensburger. Die Ölheizung sei zwar bereits 28 Jahre alt, habe aber laut Heizungsfirma noch „Top-Werte“ und eine verbleibende Lebensdauer von mindestens fünf Jahren. „Aus Klimaschutzgründen soll ich ein intaktes Gerät verschrotten“, beschwert sich Loose. Wie könne das nachhaltig sein?

„Gerade erst letztes Jahr habe ich vollgetankt, 6000 Liter Öl“, sagt er. Rund 3500 davon seien noch unverbraucht im Tank. „Um der Neuregelung zuvorzukommen, muss ich die jetzt entsorgen, das ist doch Ressourcenverschwendung“, meint Loose. Dazu könnte die Entsorgung für den 53-Jährigen teuer werden. Eine Spezialfirma hat für die Abholung der umweltschädlichen Flüssigkeit 60 Cent pro Liter veranschlagt, inklusive anschließender Tankreinigung soll Loose rund 3500 Euro zahlen.

Viele in der Siedlung haben das gleiche Problem

„Insgesamt zahle ich am Ende ungefähr das Doppelte für den Heizungstausch wie ohne das Gesetz“, sagt Loose. Viele in der Siedlung stünden vor dem gleichen Problem. „Die Häuser stammen aus den 1970er-Jahren, überall sind Ölheizungen verbaut und viele wollen jetzt umsteigen“, erzählt der 53-Jährige. „Es kann doch nicht der Sinn sein, dass die Leute jetzt anfangen, noch schnell ihre funktionsfähigen Anlagen rausreißen zu lassen.“

Das Kieler Umweltministerium verteidigt die Neuregelung. „Der Umstieg von fossilen Energieträgern auf Erneuerbare Energien ist grundsätzlich mit Investitionen verbunden“, sagt Sprecher Patrick Tiede. Langfristig werde sich der Wechsel für die Verbraucher aufgrund veränderter Rahmenbedingungen wie einer höheren CO2-Steuer rechnen. „Perspektivisch teurer käme es dagegen, weiterhin auf fossile Energien zu setzen.“ Es werde zudem keine Pflicht zur Fotovoltaik geben. „Beim Einsatz der Erneuerbaren Energien kommen diverse Optionen in Betracht. Zudem lassen sich unterschiedliche Erneuerbare Energien kombinieren, um die 15 Prozent zu erreichen“, sagt Tiede. Denkbar seien auch Geothermie, eine Wärmepumpe, Abwärme oder Wärme aus fester, flüssiger oder gasförmiger Biomasse.

Umweltministerium kündigt Ausnahmen an

Außerdem werde es unter bestimmten Bedingungen Ausnahmen von der 15-Prozent-Pflicht geben. „Die Pflicht zum anteiligen Einsatz von Erneuerbaren Energien entfällt, wenn die Erfüllung im Einzelfall technisch oder baulich unmöglich ist oder wenn es zu einem unverhältnismäßigen Aufwand oder zu einer unbilligen Härte führen würde“, sagt Tiede. Zudem werde es Möglichkeiten geben, sich Sanierungsmaßnahmen oder den Anschluss an ein Fernwärmenetz auf die 15-Prozent-Vorgabe anrechnen zu lassen.

Frank Loose stellt das alles nicht zufrieden. Er sagt: „Eine Wärmepumpe kommt für mich allein deshalb nicht infrage, weil mein Haus noch über ein altes Einrohrsystem verfügt, das hohe Vorlauftemperaturen benötigt.“ Das könne eine Pumpe nicht leisten. Pellets aus Biomasse lehnt er aus Platzgründen ab. „Ich habe keinen Keller“, sagt er. Der Ahrensburger will jetzt in den sauren Apfel beißen und alles daran setzen, seine Heizung noch vor Inkrafttreten der neuen Vorschrift auswechseln zu lassen.