Sylt. Besuch auf der Nordseeinsel, auf der wieder ein wenig Normalität eingekehrt ist. Ein neuer Trend hat sich bereits entwickelt.
Einfach den Augenblick genießen. Das ist wohl das Motto von vielen Touristen, die zurzeit ihren Urlaub auf Sylt verbringen. Das gilt auch für Claudia und Klaus Lehmann, die entspannt mit ihren Freunden Petra und Thomas Frommeyer auf der Terrasse vom Pier 67 am Lister Hafen Platz genommen haben. Die vier lassen sich bei angenehmen Temperaturen um die 20 Grad Pils vom Fass schmecken.
„Wir haben eine tolle Zeit auf der Insel und wissen es zu schätzen, dass wir hier wieder Urlaub machen können“, sagt Claudia Lehmann. Und Thomas Frommeyer, der einen Imbiss in Königswinter betreibt, ergänzt: „Wir sind sehr zufrieden und fühlen uns wohl. Die Corona-Regeln haben keinen großen Einfluss auf unseren Aufenthalt.“
Hier am Lister Hafen, wo Fischpapst Jürgen Gosch mit seinen diversen Lokalen die Gastroszene dominiert, ist am frühen Nachmittag schon ordentlich Betrieb. Die meisten Tische auf den Terrassen sind besetzt, und die neu erweckte Lebensfreude ist zu spüren. Viele der Urlauber gönnen sich einen Aperol Spritz oder einen Weißwein. Die Leichtigkeit ist zurück auf Sylt. Seit zwei Monaten sind hier in den Hotels und Ferienwohnungen wieder Gäste willkommen.
Sylt: Urlauber strömen wieder auf die Insel
Zuvor herrschte seit dem 2. November Zwangspause wegen Corona. Die Restaurants – die Außengastronomie durfte in Schleswig-Holstein bereits seit dem 12. April wieder öffnen – dürfen seit dem 1. Mai auch wieder innen Speisen und Getränke servieren. Damals war Sylt als Modellregion gestartet. Das hatte sich aber relativ schnell überholt, weil Mitte Mai ganz Schleswig-Holstein für die Urlauber geöffnet wurde. Und die strömen seitdem wieder auf die Insel.
Darüber freut sich Peter Douven. Seit mehr als 20 Jahren ist Douven Tourismusdirektor und dass die wichtigste Einnahmequelle durch eine Pandemie einfach mal ein halbes Jahr lang ausgebremst wird, hatte er in seiner Amtszeit vorher noch nicht erlebt.
Nun, zwei Monate nach dem Neustart ist Douven zufrieden. „Im Mai und Juni war die Buchungslage schon sehr gut. Jetzt hat auch Nordrhein-Westfalen ab Montag Sommerferien, und dann ist die Insel nahezu ausgebucht. Das freut natürlich die Gastgeber, die alle an einem Strang ziehen und wirklich darum bemüht sind, alle Auflagen zu erfüllen. Deshalb gibt es hier seit der Öffnung am 1. Mai keine Corona-Ausbrüche“, sagt Douven.
Neue Regelung in Schleswig-Holstein
Seit Kurzem gilt in Schleswig-Holstein eine neue Regelung: Die Feriengäste müssen bei der Ankunft einen Negativ-Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist. Bisher durfte dieser nicht älter als 24 Stunden sein. Und während des Aufenthalts ist nur noch ein weiterer Testnachweis 72 Stunden nach der Ankunft notwendig und danach nicht mehr. „Das ist nicht nachvollziehbar. Wir würden uns wünschen, dass während des gesamten Aufenthalts weiterhin alle 72 Stunden ein negativer Test vorgelegt werden muss und nicht nur einmalig“, sagt Douven.
Zurück nach List. Nur wenige Gehminuten vom Hafen entfernt ist das A-Rosa Resort zu finden. Entspannt auf der neu gestalteten Terrasse mit Blick in die Dünen empfängt Marc Hoffmann das Abendblatt zum Gespräch. Seit gut einem Jahr führt der gebürtige Rheinländer das Fünf-Sterne-Haus. „Wir sind am 21. Mai wieder gestartet und haben eine sehr gute Buchungslage. An den Wochenenden waren wir teilweise schon ausgebucht, und jetzt kommen mit Juli und August die richtig starken Monate. Da haben wir so gut wie keine Zimmer mehr frei.“ 177 Zimmer hat das Haus.
Gäste auf Sylt akzeptieren die Corona-Auflagen
„Die Gäste akzeptieren die Corona-Auflagen, denn alle sind froh, dass Urlaub auf der Insel wieder möglich ist “, sagt Hoffmann. Da wegen der Abstandsregelungen weniger Plätze im Dünenrestaurant zur Verfügung stehen, gibt es jetzt zum Frühstück drei Sitzungen und zum Abendessen zwei Tischzeiten. Auch das A-Rosa kann in dieser Saison, wie viele andere Hotels, höhere Raten erzielen als im vergangenen Jahr. Aktuell kostet ein Doppelzimmer mit Meerblick und Frühstück 408 Euro.
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Nicht nur für Hotels werden auf Sylt stolze Preise verlangt und bezahlt. Auch im Bereich der Immobilien wird in der Champions League gespielt: Das Reetdachhaus mit der Rotklinkerfassade ist eingebettet in ein großzügiges Grundstück und liegt in einer der bevorzugten Gegenden von Kampen. In dem gepflegten Garten steht Makler Tom Kirst, der auf der Insel der Statthalter von Dahler & Company ist.
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Das Objekt hat der Immobilienkaufmann vor Kurzem verkauft. Für 220 Quadratmeter Wohnfläche inklusive Sauna und rund 700 Quadratmeter Grundstück hat der Käufer mehr als fünf Millionen Euro bezahlt. Das sind mehr als 22.000 Euro pro Quadratmeter. In Hamburg werden solche Preise selbst in Alsterlage nur selten erzielt.
Nachfrage nach exklusiven Immobilien auf Sylt ist gestiegen
Seit 2008 ist Tom Kirst auf der Insel und erfüllt wohlhabenden Menschen den Traum vom Eigenheim. „Corona hat die Nachfrage nach exklusiven Immobilien auf Sylt noch weiter gesteigert. Wir haben rund 300 Kunden vorgemerkt, die frei stehende Einzelhäuser inselweit suchen und bereit sind, dafür mehr als fünf Millionen Euro auszugeben.“ Aber es gibt da ein Problem: „In Kampen haben wir aktuell so gut wie kein Angebot an Immobilien in diesem Preissegment. Wenn wir dann mal ein Objekt haben, dauert es keine sechs Wochen und das Haus ist verkauft“, sagt Kirst. Es habe in diesem Jahr in Kampen noch mal eine Preissteigerung von zehn bis 15 Prozent gegeben.
„Die Kunden verhandeln nicht über den Preis. Die sind glücklich, wenn sie ein passendes Haus gefunden haben. Und die Liquidität ist da. Die Kaufinteressenten wollen ihr Geld in Immobilien anlegen, weil das ein sicheres Investment ist“, sagt Kirst. Auch in Sylts exklusivstem Ort gibt es A- und B-Lagen und die Eins-a-Lage direkt am Watt.
Dort am Hobokenweg – gilt als teuerste Straße in Deutschland – werden für hochwertige frei stehende Einzelhäuser, wenn dann mal eines auf den Markt kommt – deutlich mehr als 20 Millionen Euro aufgerufen. Auch Tom Kirst hat kürzlich in Kampen ein Objekt in dieser Größenordnung veräußert. „Meine Herausforderung ist es, dass ich Aufträge von Eigentümern bekomme, ihre Top-Immobilien zu verkaufen. Dabei hilft mein gutes Netzwerk und mein Ruf auf der Insel“, sagt Kirst.
Im Pony floss der Champagner in Strömen
Weit über die Grenzen der Insel hinaus ist die sogenannte Whiskeymeile in Kampen ein Begriff. Hier am Strönwai reihen sich Szenelokale wie das Gogärtchen oder der Rauchfang aneinander. Auf der Terrasse vom Pony am Strönwai sitzt Tobi Kuschel. Den legendären Club hat er gemeinsam mit dem Hamburger Tim Becker 2020 übernommen. Vor Corona war das Pony der Place to be für Partynächte, die erst im Morgengrauen endeten und bei denen der Champagner in Strömen floss.
Die aktuellen Corona-Fallzahlen aus ganz Norddeutschland:
- Hamburg: 2311 neue Corona-Fälle (gesamt seit Pandemie-Beginn: 430.228), 465 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (davon auf Intensivstationen: 44), 2373 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1435,3 (Stand: Sonntag).
- Schleswig-Holstein: 1362 Corona-Fälle (477.682), 623 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 39). 2263 Todesfälle (+5). Sieben-Tage-Wert: 1453,0; Hospitalisierungsinzidenz: 7,32 (Stand: Sonntag).
- Niedersachsen: 12.208 neue Corona-Fälle (1.594.135), 168 Covid-19-Patienten auf Intensivstationen, 7952 Todesfälle (+2). Sieben-Tage-Wert: 1977,6; Hospitalisierungsinzidenz: 16,3 (Stand: Sonntag).
- Mecklenburg-Vorpommern: 700 neue Corona-Fälle (381.843), 768 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 76), 1957 Todesfälle (+2), Sieben-Tage-Wert: 2366,5; Hospitalisierungsinzidenz: 11,9 (Stand: Sonntag).
- Bremen: 1107 neue Corona-Fälle (145.481), 172 Covid-19-Patienten in Krankenhäusern (Intensiv: 14), 704 Todesfälle (+0). Sieben-Tage-Wert Stadt Bremen: 1422,6; Bremerhaven: 2146,1; Hospitalisierungsinzidenz (wegen Corona) Bremen: 3,88; Bremerhaven: 7,04 (Stand: Sonntag; Bremen gibt die Inzidenzen getrennt nach beiden Städten an).
Es wurde auf den Tischen und dem Tresen getanzt. Seit Kusch und Becker das Pony Mitte Mai vergangenen Jahres eröffnet haben, wurde hier wegen der Corona-Regeln noch gar nicht getanzt. „Das Pony wird erst wieder zum Club, wenn alle Corona-Verordnungen aufgehoben sind. Vorher macht das keinen Sinn“, sagt Kusch. Bis dahin sei die Location unter Reet eine Mischung aus Bar und Restaurant, und das werde sehr gut angenommen.
Neuer Trend auf Sylt
Aber Kusch, dem auch das Restaurant Tobis Hüs in Westerland gehört, berichtet auch: „Klar gibt es Leute die vorbeikommen und fragen, wann sie endlich wieder Party machen und tanzen können. Das gehört ja auch zu Sylt dazu. Ich hoffe, dass es bald wieder losgeht.“ Außerdem hat der 46-Jährige einen neuen Trend festgestellt. Anstatt die Nächte durchzumachen, würden viele Urlauber jetzt auf „Day Drinking“ umsteigen.
Auf der Friedrichstraße in Westerland sind gegen 17 Uhr die Terrassen der Lokale gut ausgelastet, und die Touristen gönnen sich einen Sundowner. Die Hartgesottenen zieht es trotz der kühlen Wassertemperatur von 18 Grad ins Meer. Am Strand spielt Jens Thun Fußball mit seinem elfjährigen Sohn Lasse und dessen Freund Liu Wulfes.
Drei Wochen genießen sie an der Nordsee den Sommerurlaub. Und Jens Thun sagt einen Satz, den sicherlich viele andere Touristen unterschreiben würden: „Wir verbringen eine entspannte Zeit auf Sylt, und ich habe das Gefühl, dass hier die Normalität zurückgekehrt ist.“