Sylt. Tourismuschef Moritz Luft spricht über die starke Nachfrage auf Sylt, Preise – und eine mögliche ICE-Verbindung zur Insel.
Die Sommerferien sind beendet, aber auf Sylt liegt die Auslastung der Hotellerie immer noch bei fast 100 Prozent. Bereits am Vormittag sind die Terrassen der Lokale auf der Einkaufsmeile Friedrichstraße in der Inselhauptstadt Westerland gut besucht, und am Mittag bilden sich die ersten Schlangen vor den Restaurants und Geschäften. Am Strand – wenn die Sonne scheint – und auf der Promenade herrschen Hochbetrieb.
Seit dem 1. Mai sind Gastronomie und Hotellerie auf Sylt wieder für die Touristen da. Vorher war ein halbes Jahr Corona-Zwangspause angesagt. „Für unsere Gastgeber ist es bisher sehr gut gelaufen. Wir haben seit dem 1. Mai so gut wie Hochsaison, auch jetzt noch, nachdem die Sommerferien beendet sind. Denn auch im September und Oktober ist die Buchungslage sehr stark, die Nachfrage ist ungebremst“, sagte Moritz Luft, Geschäftsführer der Sylt Marketing GmbH (SMG), als Premierengast im neuen Sylt-Podcast vom Hamburger Abendblatt, durch den Chefreporter und Inselkenner Ulrich Gaßdorf führt.
Sylt ist auch im September ein Urlaubshotspot
Und dass Sylt auch jetzt Mitte September noch ein Urlaubshotspot ist, das wirkt sich auf die Preise aus. Wer zum Beispiel auf den gängigen Buchungsportalen schaut, bekommt so gut wie keine Verfügbarkeiten mehr für das Wochenende vom 24. bis 26. September angezeigt. Was noch angeboten wird, ist ein Appartement für zwei Personen in einem Vier-Sterne-Hotel in Wenningstedt für 466 Euro pro Nacht. Ein Vier-Sterne-Hotel in Westerland verlangt 455 Euro pro Nacht für das Doppelzimmer – immerhin sind Frühstück und Abendessen inklusive.
„Jetzt noch spontan eine Unterkunft für die nächsten Tage zu bekommen, zum bisher gewohnten Preis, scheint aktuell schwer realisierbar zu sein. Das ist ein Sonderfall, da der Nachfragedruck eben noch immer sehr hoch ist. Unabhängig davon sehen wir jetzt schon, dass der Buchungsstand für das nächste Jahr auch bereits sehr positiv ist“, sagt Tourismuschef Luft, der seit 15 Jahren auf der Insel wirkt. Sein Tipp: „Insofern empfehle ich grundsätzlich, so frühzeitig wie möglich zu buchen.“
Sylt sucht dringend Arbeitskräfte
Doch der Wirtschaftsmotor Tourismus funktioniert nur, wenn es auch genügend Arbeitskräfte auf der Insel gibt – und die werden dringend gesucht. „Wir möchten die Destination Sylt als Lebensraum vermarkten, unter anderem, um dadurch auch attraktiv für neue Arbeitnehmer sein zu können. Denn es erscheint aktuell mitunter schwieriger, neue Mitarbeiter als Gäste zu finden“, sagt Luft. Um mehr Menschen für Jobs auf der Insel zu gewinnen, wird jetzt die Werbetrommel gerührt, wie Luft im Sylt-Podcast ankündigt. „Die Kampagne heißt ,Inselliebe‘ und wird im Oktober starten. Wir haben hierfür elf Mitarbeiter aus unterschiedlichen Branchen bei ihrer Arbeit und ihren Freizeitaktivitäten begleitet und per Film aufgenommen.“
Aber wo sollen die neu gewonnenen Arbeitskräfte leben? „Das ist der größte Knackpunkt, denn Wohnraum ist rar. Es wird aber von den Kommunen viel unternommen, um neuen Wohnraum zur Verfügung zu stellen“, sagt Luft. Unterdessen will der Sylt-Marketingchef auch neue Zielgruppen für die Insel erschließen: „Wir könnten uns vorstellen, weitere Co-Working-Flächen zu schaffen für Menschen, die hier Urlaub machen, aber auch Plätze zum Arbeiten nutzen.“
Urlauber reisen oft mit dem Auto an
Was beim Abendblatt-Besuch auf der Insel auffällt: Gefühlt steigt auch die Zahl der Urlauber, die mit dem Auto anreisen, weiter. Am vergangenen Sonntag betrug die Wartezeit am Autoreisezug in Niebüll gut drei Stunden. „In der aktuellen Pandemie sehen viele Urlauber nach wie vor im eigenen Pkw die vergleichsweise sicherste An- und Abreiseform. Dies sorgt auch auf Sylt für ein erhöhtes Aufkommen an Fahrzeugen“, sagt Luft.
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„Zudem sind die Aufenthaltszeiten in den letzten Jahren kürzer geworden. Dies hat zur Folge, dass wir vermehrte An- und Abreisen feststellen, aber nicht mehr Übernachtungen.“ Für Luft steht fest: „Die Optimierung der Mobilität auf Sylt ist somit ein aktuelles und wichtigstes Thema. Wir müssen die Verkehrsströme mehr entzerren.“
„Eine ICE-Verbindung nach Sylt wäre perfekt"
Ein einfaches Mittel wäre, dass die Urlauber nicht mit dem eigenen Auto auf die Insel kommen. Aber die Anreise ist äußerst langwierig. Wegen Bauarbeiten auf der Strecke braucht der Regionalexpress von Hamburg-Altona nach Westerland aktuell gut dreieinhalb Stunden. Doch es gibt eine Lösung, wie die Anreise deutlich schneller und attraktiver werden könnte. Dazu sagt Tourismuschef Luft im Sylt-Podcast: „Eine ICE-Verbindung nach Sylt wäre perfekt. Das Land prüft gerade eine Umsetzung, denn die Strecke müsste zuerst elektrifiziert werden. Dann wäre es grundsätzlich realistisch, dass man mit dem ICE auf die Insel fahren könnte.“
Wer ohne Auto kommt, könnte diesen neuen Service nutzen: „Mit Sylt-Ride (ein ähnliches Angebot wie der Fahrservice Moia in Hamburg, die Red.) gibt es seit einigen Wochen ein neues On-demand-Angebot, das auch schon gut angenommen wird“, sagt Luft. Und Luft erteilt im Sylt-Podcast eine Absage an neue touristische Großprojekte: „Alle sind einer Meinung, dass wir an einer Kapazitätsgrenze angekommen sind, die zu einer Belastung im Sommer werden könnte, wenn noch weitere Projekte dazukommen.“