Kappeln/Grömitz/Wyk auf Föhr. An den Küsten war es am Himmelfahrtswochenende proppevoll. Wo man an Pfingsten noch eine Unterkunft bekommt.
Die Suche nach einem Parkplatz in Innenstadtnähe dauert 20 Minuten. Der große Supermarkt hat geschlossen. Der Laden nebenan ist leer gekauft: kein Öl, keine Milch, kein Gemüse. In den Geschäften in der Kappelner Innenstadt bilden sich lange Schlangen an den Kassen. Und ein Tisch im Restaurant kann man nur Tage im Voraus reservieren, spontan geht das nicht, alles ausgebucht. Ach ja, gegessen wird hier nur in zwei Schichten nacheinander, anders ist das gar nicht mehr möglich. Das soll Urlaub sein? Ja, ist es, zumindest derzeit an einigen Küstenorten wie in Kappeln. Die kleine Stadt an der Schlei ist an dem Himmelfahrtswochenende an ihre Kapazitätsgrenze gekommen. Überall an der Küste war es voll.
Auch auf Föhr war über Himmelfahrt sehr viel los. Und wer häufiger zu dieser Jahreszeit auf der Nordseeinsel ist, musste in diesem Jahr feststellen, dass der große Parkplatz in Hafennähe so gefüllt war wie sonst im Hochsommer. Ein Eindruck, den Anna-Katharina Preißler von der Föhr Tourismus GmbH bestätigt: „Die Insel war gut besucht. Trotz des mittelmäßigen Wetters waren viele Gäste – vor allem Familien und Paare – zu Fuß und mit dem Fahrrad unterwegs.“ Eng wird es aber so schnell nicht auf Föhr: „Auf die Inselfläche verteilte sich das gut.“
Wie viel Tourismus im Norden ist zu viel?
Wie immer an Himmelfahrt waren nach zwei Jahren Zwangspause wegen der Corona-Infektion viele Wassersportler auf die Insel gekommen, um an dem beliebten Föhr-Cup an der Nieblumer Wassersportschule teilzunehmen, der in diesem Jahr zum 40. Mal stattfand. Zu Pfingsten, so Anna-Katharina Preißler, sind viele Betriebe zwischen 80 und 90 Prozent belegt, ebenso im Sommer. Aber auch im Juli und August gelte: „Mit etwas Flexibilität hinsichtlich der Reisedaten und des Unterkunftsortes sind noch Unterkünfte verfügbar.“
Fast wie im Sommer fühlte sich das Himmelfahrtswochenende auch an der Ostseeküste an. Oben auf Fehmarn kamen viele Zuschauer und Teilnehmer zum viertägigen Surffestival an den Südstrand, und zu Pfingsten ist die Insel bereits ausgebucht. „Spontan vor Ort eine Unterkunft zu finden, ist nahezu unmöglich“, so Lina Rotte vom Tourismus-Service Fehmarn.
Auch über Pfingsten geht es an die Kapazitätsgrenze
Auch weiter südlich war die Ostsee über Himmelfahrt beliebt. „Grömitz war gut besucht und man hatte bei Sonnenschein das Gefühl, die Sommerferien 2022 stehen vor der Tür. Die Promenade war sehr gut gefüllt, viele Übernachtungs- aber auch Tagesgäste haben uns besucht“, so Jacqueline Schumacher vom Tourismus Service Grömitz. Auch an Pfingsten wird es wieder voll sein. „Direkt über das verlängerte Pfingstwochenende wird es knapp, was die Kapazitäten angeht. Hotelzimmer sind sehr gut gebucht. In Ferienwohnungen und Häusern haben wir noch freie Kontingente, die wir füllen können. Hier ist es ratsam, nicht nur das Wochenende zu verreisen, sondern wenn möglich auf eine Woche aufzustocken.“ Und auch im Sommer kann es wieder eng werden: „Die Buchungslage ist gut und vor allem zu den Zeiten, wo sich die Ferien aus Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, überschneiden, wird es schon sehr schwer, eine Unterkunft zu finden. Kurz vor und zum Ende der Sommerferien haben wir aber ganz sicher noch für jeden eine Buchungslücke.“
Bei der guten Buchungslage werden sich die Gäste allerdings daran gewöhnen müssen, dass die Infrastruktur nicht immer hinterherkommt. So wird sich der Personalmangel in der Gastronomie in der Hochsaison bemerkbar machen. Jacqueline Schumacher: „Wir alle wissen um den Personalmangel, der an allen Ecken und Enden herrscht, so kann es natürlich dazu kommen, dass das Lieblingsrestaurant auch im Sommer einen Ruhetag einlegt.“ Dazu kommen Bauarbeiten auf der Autobahn 1, die die Anreise erschweren werden: „Aufgrund von Brückenbauarbeiten ist auf der Fehmarnsundbrücke zu An- und Abreisetagen mit starken Verkehrsbehinderungen zu rechnen“, so Lina Rotte.
Einheimische beklagen sich länger über Touristenmassen
Die beiden verlängerten Wochenenden können auch an der Schlei ein Vorgeschmack auf die Hochsaison im Sommer sein. Das sieht Max Triphaus so, Geschäftsführer des Ostseefjords Schlei, der Tourismusorganisation für die Region. „Die Buchungslage über Himmelfahrt war ausgesprochen gut“, sagt er. Und gibt zu: „In den überfüllten Hotspots wie Kappeln, Arnis oder Maasholm haben wir ein Problem.“ Ein Problem einerseits für die Einheimischen, die sich schon seit längerer Zeit über die Touristenströme beklagen. Andererseits können sie aber auch für die Touristen zu einem werden. „Wir möchten ja schließlich, dass sich hier alle wohlfühlen und gern wiederkommen. Da darf so ein Urlaub nicht stressig werden.“
Triphaus weiß, dass in der Schleiregion lange Zeit zu wenig passiert ist. „Die Politik in Kappeln beispielsweise hat das Problem zu spät erst wirklich ernst genommen.“ Dabei sei bereits seit einigen Jahren klar, dass mit großen Feriensiedlungen wie Olpenitz der Andrang auf die attraktiven Orte deutlich zunehmen werde. „Aber es ist leider nicht gehandelt worden.“ Klar sei, diese Versäumnisse könnten nun nicht innerhalb weniger Wochen oder Monate aufgeholt werden. „Aber wir sind alle gemeinsam dran.“
Neues Konzept soll Mobilität, Parkplätze, ÖPNV und Restaurants umfassen
Dazu gehöre beispielsweise ein Konzept, das die Grenzen des touristischen Wachstums für die einzelnen Ortschaften festlege und daraus konkrete Maßnahmen ableite. Das sei in Arbeit, und das soll Mobilität mit Parkplätzen, öffentlichen Verkehrsmitteln genauso wie die Nahversorgung oder Restaurants umfassen. Auch das Anwerben von Personal müsse dringend intensiviert werden, so Triphaus.
Gerade arbeite die Stadt Kappeln für eine kurzfristige Entlastung beispielsweise daran, einen Shuttleservice zwischen Olpenitz und Kappeln wiederaufleben zu lassen, der bereits 2020 zwischen der Ortschaften verkehrt ist. „Wir müssen alles versuchen, um die Straßen zu leeren und benötigen dafür eine bestmögliche Kombination von Entlastungs- und Lenkungsmaßnahmen, die wir in dem Konzept erarbeiten.“ Noch seien die Gäste durchweg positiv gestimmt, wenn sie abreisen weiß Triphaus. „Aber wir wollen unbedingt erreichen, dass es auch so bleibt. Daran müssen wir jetzt alle hart arbeiten.“
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Tourismus im Norden: Kleine Maßnahmen werden allein nicht reichen
Das will auch Joachim Stoll, Bürgermeister von Kappeln. Er ist seit Jahresbeginn im Amt, schon da hat er sich besorgt über das Verhältnis zwischen Touristen und Einheimischen geäußert. „Wir werde das gesamte Problem nicht schnell lösen können“, sagt er. Dennoch versuche die Verwaltung so viel wie möglich zu tun, um Einheimischen und Touristen zu helfen. „Wir haben auf der anderen Seite der Schlei, in Ellenberg, einen Parkplatz eingerichtet. Der muss jetzt auch von den Besuchern genutzt werden“, so Stoll. Dazu müsste der eine oder andere bereit sein, ein paar Schritte mehr zurückzulegen, um in die Innenstadt zu gelangen. „Diese Bereitschaft kann ich im Moment allerdings leider noch nicht erkennen.“
Doch die kleinen Maßnahmen allein würden nicht ausreichen, sagt der Bürgermeister. Leider sei vor kurzem ein Antrag für die Finanzierung eines umfassenden Mobilitätskonzeptes von der Mehrheit der politischen Parteien abgelehnt worden. Die Begründung: Man könne so etwas mit Bordmitteln stemmen. Stoll sieht das anders, hat aber keine Wahl. „Jetzt müssen wir mit kleinen Schritten weitermachen.“ Eine andere Möglichkeit gebe es nicht. „Es muss dringend etwas passieren, damit sich auch in den kommenden Jahren alle in Kappeln wohlfühlen.“