Washington/New York. Die engste Beraterin des Angeklagten sagte im Gericht in New York gegen ihren ehemaligen Boss aus – ohne ihn schwer zu belasten.
Erstes Highlight im Schweigegeld-Prozess gegen Donald Trump: Mit Hope Hicks trat am Freitag die wohl engste Ex-Vertraute des früheren US-Präsidenten in New York in den Zeugenstand. Die 35-Jährige war erkennbar nervös und brach vor dem Kreuzverhör kurz in Tränen aus.
Hicks vor neun Jahren von Trump aus der Bekleidungsfirma seiner Tochter Ivanka „weggekauft”, betreute ohne jede vorherige politische Erfahrung die Wahlkampagne 2016, zog mit Trump 2017 ins Weiße Haus und stieg aus ihrem kleinen, fensterlosen Büro neben dem Oval Office zur wichtigsten Beraterin des Präsidenten auf – man nannte sie ob ihres beruhigenden Einflusses „Trumps Therapeutin”. Am Ende leitete sie die Kommunikation der Regierungszentrale. 2018 stieg sie aus und wechselt vorübergehend zum Medien-Riesen Fox. Anfang 2020, Trump und Hicks vermissten sich wechselseitig, kehrte sie an seine Seite zurück.
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Als nach dem „Sturm aus Kapitol” im Januar 2021 kritische Text-Mitteilungen der Frau aus Greenwich (Connecticut) öffentlich wurden, zerbrach das Verhältnis. Seit Sommer 2022 haben sie und Trump kein Wort mehr miteinander gesprochen.
Hicks, das beweisen Telefon-, E-Mail- und SMS-Protokolle, war – als Mitwisserin – eingebunden in die Schweigegeld-Zahlungen an Stormy Daniels und die (gegen Geld) betriebene Vertuschung der Trump-Affäre mit dem Playboy-Model Karen McDougal. In beiden Fällen war sie die erste Anlaufstelle von Journalisten der „Washington Post“ und des „Wall Street Journal“, die per E-Mail Anfragen an Trump gerichtet hatten. In seinem Auftrag bestritt sie die Vorwürfe – eine Lüge.
Trump: Wenn man ein Star ist, kann man Frauen zwischen die Beine greifen
Hicks, fast die ganze Zeit über von Trump genau beobachtet, wurde vor Gericht schlagartig ernst, als Staatsanwalt Matthew Colangelo das berüchtigte „Access Hollywood”-Tonband ins Spiel brachte. Der O-Ton aus einem Gespräch mit bekannten TV-Journalisten kam wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl 2016 ans Tageslicht.
Trump ließ sich darin sexistisch über Frauen aus. Man könne ihnen, wenn man ein Star sei wie er, einfach zwischen die Beine greifen, sagte der damalige Kandidat und löste landesweit eine Welle der Empörung aus. Später versucht Trump die Brisanz mit dem Hinweis abzutun, es habe sich um „Männer-Umkleide-Gequatsche” gehandelt.
Hicks erklärte im Gericht, sie sei „sehr, sehr besorgt” gewesen, als sie der damalige „Washington Post“-Reporter David Fahrenthold zur Stellungnahme aufforderte. In einem ersten Reflex schrieb sie an die Top-Ebene der Trump-Kampagne: „Abstreiten, abstreiten, abstreiten!”. Als sie Trump über die Angelegenheit informierte, habe der gesagt: „Das klingt nicht wie etwas, was ich sagen würde.” Später erfuhr sie: Es war Trump.
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Trump-Skandal dominierte Schlagzeilen – trotz Hurrikan
Hicks bestätigte, wie alarmiert die obersten Trump-Wahlkämpfer damals waren. Zur gleichen Zeit habe sich an der Ostküste ein Hurrikan der Kategorie 4 angekündigt, Trump jedoch habe für 36 Stunden alle Schlagzeilen dominiert. Die Staatsanwaltschaft behandelte das Kapitel „Grab them by the pussy” sehr ausführlich.
Motiv: Die dadurch ausgelöste Panik im Trump-Lager sei ursächlich dafür verantwortlich gewesen, dass kurz darauf alles versucht wurde, Trumps Sex-Affären mit Stormy Daniels und Karen McDougal mit viel Geld und der Hilfe eines Klatschblatts vor der Präsidentschaftswahl unter der Decke zu halten. Hicks stützte diese Annahme mit ihren Aussagen.
Sie erzählte in diesem Zusammenhang die Anekdote, dass Trump den damaligen „National Enquirer”-Boss David Peckrt über den grünen Klee gelobt habe, als der in seiner Postille eine Geschichte über den republikanischen Mitbewerber Ben Carson platzierte. Der frühere Hirn-Chirurg habe bei der Operation eines kleinen Mädchens einen Schwamm in ihrem Gehirn vergessen, hieß es dort, um Carsons Ruf zu ruinieren. Trump sagte später, die Story hätte den Pulitzer-Preis verdient.
Trump und Hicks suchten keinerlei Blickkontakt
Als kurz vor der Wahl im „Wall Street Journal“ der Bericht über die Affäre mit Karen McDougal erschien, wies Trump seine damalige „rechte Hand“ zu Vorsichtsmaßnahmen an. Hicks berichtete, dass sie dafür sorgen musste, dass keine Zeitungsausgabe in der auch von Gattin Melania Trump genutzten Privatresidenz landete. Trump sei „besorgt“ gewesen, wie seine Frau auf die Angelegenheit reagieren würde. Allerdings sei die Angst, vom Wähler abgestraft zu werden, allgegenwärtig gewesen. Hicks: „Alles wurde damals durch die Brille des Wahlkampfs gesehen.“
Nach zweieinhalb Stunden war der Auftritt von Hope Hicks vorbei. Weder sie noch Trump suchten Blickkontakt.
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