Hamburg/Eindhoven. Mit mutigem Designentwurf zeigt der Energieversorger, was sich aus der Gondel einer ausrangierten Turbine alles machen lässt.
Tiny Houses, auch Tiny Homes genannt, stehen für eine neue Form des Minimalismus. Diese kleinen Häuser bieten zwar selten mehr als 50 Quadratmeter Wohnfläche, erfreuen sich aber wachsender Beliebtheit – auch bei Menschen, die sich größere Unterkünfte leisten könnten.
Die Gründe für ihren Erfolg sind vielfältig: Einerseits überzeugen sie durch clevere Raumplanung, die trotz der geringen Fläche komfortables Leben ermöglicht. Andererseits sind sie vergleichsweise kostengünstig in Bau und Unterhalt, was sie für viele attraktiv macht. Zudem bieten sie oft Mobilität: Einige Tiny Houses können auf Rädern an verschiedenen Orten aufgestellt werden.
Tiny House: Wo sie stehen dürfen und wo bislang nicht
Was als Trend aus den USA kam, hat sich längst in Deutschland etabliert. In Zeiten steigender Mieten und eines wachsenden Umweltbewusstseins rücken Tiny Houses immer stärker ins Blickfeld. Auch bei Urlaubern ist das kompakte Wohnformat beliebt. Wer ein Tiny House als dauerhaften Wohnsitz nutzen will, benötigt in Deutschland allerdings ein erschlossenes Grundstück in einer regulären Siedlung. Hier kommen rechtliche Hürden ins Spiel, da viele Bebauungspläne herkömmliche Einfamilienhäuser vorsehen. Doch laut dem Verband Privater Bauherren passen erste Gemeinden bereits ihre Baupläne an, um Tiny Houses zu ermöglichen.
Tiny Houses sind im Übrigen nicht nur platzsparend und kostengünstig, sie können auch einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Ein aktuelles Beispiel liefert der Energieversorger Vattenfall, der auf der „Dutch Design Week“ ein Tiny House präsentierte, das aus einer ausrangierten Windturbinen-Gondel gefertigt wurde. Diese Recycling-Idee zeigt, wie innovative Ansätze in der Baubranche zum Umweltschutz beitragen können. Vattenfall hatte insgesamt vier Designbüros beauftragt, sich über neue Konzepte Gedanken zu machen.
Tiny House von Vattenfall lieferte lange Windkraftstrom in Österreich
Die Gondel einer Windkraftanlage aus Österreich, die über 20 Jahre Strom produziert hatte, wurde in eine kleine, voll ausgestattete Wohneinheit umfunktioniert. Ausgestattet mit Küche, Bad, Wohnbereich und moderner Technik wie Wärmepumpe und Photovoltaikanlage, bietet das Tiny House alle Annehmlichkeiten modernen Wohnens – in dem Gehäuse, das einst Teil einer Windturbine war.
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Materialien aus Windkraftanlagen ressourcenschonend weiterzuverwenden, statt sie aufwendig zu recyceln, sei ein vielversprechender Ansatz, so Thomas Hjort, Direktor für Innovation bei Vattenfall. „Wir suchen nach Wegen, Materialien aus gebrauchten Turbinen möglichst effektiv wiederzuverwenden. Das spart Rohstoffe und Energie.“
Vattenfall will Denkanstoß liefern, aber nichts in Serie bauen
Mancher fragt sich nun, ob das Vattenfall-Haus womöglich in Serie geht. Doch Firmensprecher Lutz Wiese gibt auf Abendblatt-Nachfrage zu: „Das ist vor allem ein Denkanstoß, über den bisherigen Tellerrand hinauszuschauen, wenn es um nachhaltige Lösungen bei der Weiterverwendung ausrangierter Bauteile aus der Welt der erneuerbaren Energie geht.“
Das Unternehmen werde aber „nicht in die serienmäßige Tiny-House-Produktion einsteigen“. Möglicherweise fänden „sich ja Dritte, für die das zu einem Geschäftsmodell werden könnte“. Das Feedback sei jedenfalls „durchweg positiv“.
Rotorblätter der ehemaligen Windturbine als schwimmende Insel genutzt
Neben dem Tiny House hat Vattenfall auch eine schwimmende Insel aus alten Rotorblättern im IJsselmeer getestet. Diese 33 Meter langen Rotorblätter einer alten Vestas-Turbine wurden zu Schwimmkörpern umfunktioniert. Der Test verlief erfolgreich: Die schwimmenden Rotorblätter könnten in Zukunft als Basis für Häuser oder Solarparks dienen – eine weitere kreative Idee zur Wiederverwertung von Materialien in dicht besiedelten Gebieten.
Die Dutch Design Week läuft noch bis zum 27. Oktober in Eindhoven. Mehr Infos unter https://ddw.nl.