Hamburg/Burgwedel. Drogeriekette Rossmann ist bereits zweitgrößter Aktionär der Kupferhütte. Das Ziel? Eigentümer gibt überraschend offene Antworten.

  • Rossmann ist auch bei VW, Porsche und der Deutschen Post größer investiert
  • Rossmann ist inzwischen zweitgrößter Aktionär der Kupferhütte
  • Aurubis will sich zum Einstieg des Drogerie-Königs nicht äußern

Es gibt Mitteilungen börsennotierter Unternehmen, die fast immer so langweilig sind, dass man sie guten Gewissens ignorieren kann. Stimmrechtsmitteilungen etwa, die laut Wertpapierhandelsgesetz verbreitet werden müssen, wenn zum Beispiel ein Vorstandsmitglied Aktien des Unternehmens erwirbt, für das es tätig ist. Oder, wenn ein Aktionär in nennenswertem Umfang weitere Anteile erwirbt, sich so weitere Stimmrechte sichert und dabei bestimmte Schwellenwerte überschreitet.

Beim Hamburger Kupferkonzern Aurubis war das zuletzt mehrfach der Fall, ohne, dass es aufgefallen wäre. Eben, weil bislang wohl niemand genauer hingeschaut hat. Von Unbeteiligten weithin unbemerkt jedenfalls hat sich ein hierzulande sehr bekanntes Unternehmen in großem Stil bei dem im MDAX gelisteten Metallhersteller eingekauft. Das ging los mit einer Mitteilung vom 6. Juni, setzte sich mit weiteren Aktienkäufen fort, die am 11., 23. und 26. Juli gemeldet wurden.

Nachdem der DAX am 5. August einbrach und der Kurs der Aurubis-Aktie auf einen Schlag mehr als zehn Prozent an Wert einbüßte, folgten weitere Kauf-Vollzugsmeldungen am 8., 20., 21. sowie vorerst zuletzt am 26. August. Seitdem sind 5,15 Prozent der knapp 45 Millionen Anteilsscheine im Besitz des Käufers, Anfang Juni waren es nur 0,53 Prozent gewesen.

Rossmann: Warum Drogerie-König Dirk Roßmann groß bei Aurubis einsteigt

Das Unternehmen, das da binnen nur drei Monaten wohl mehr als 130 Millionen Euro ausgegeben hat, um knapp 2,08 Millionen Aurubis-Aktien zu erwerben, ist die Rossmann Beteiligungs GmbH (RBG) mit Sitz in Burgwedel bei Hannover. Sie ist jetzt nach dem Stahlkonzern Salzgitter AG (29,99 Prozent) und noch vor dem britischen und dem us-amerikanischen Arm der Anlageverwaltungsgesellschaft Silchester International Partners (5,04 und 3,04 Prozent) sowie der Investmentfirma Blackrock (2,9 Prozent) der zweitgrößte Aktionär der Hamburger Kupferhütte.

Rossmann? Ja, genau. Die Beteiligungs GmbH, die zu 100 Prozent Dirk und seinen Söhnen Raoul sowie Daniel Roßmann gehört, steht hinter der gleichnamigen Drogeriemarktkette. Sie ist mit mehr als 2300 Filialen die präsenteste im Land und mit einem Umsatz von zuletzt deutlich über neun Milliarden Euro die zweitgrößte nach dm hierzulande. Diese Beteiligungsgesellschaft ist im Besitz von 60 Prozent der Anteile der nach dem Gründer benannten Firma Dirk Rossmann GmbH, wobei sich der Nachname des Selfmade-Milliardärs, der am Sonnabend seinen 78. Geburtstag begeht, tatsächlich aber Roßmann schreibt.

Rossmann: Dirk Roßmann sagt, an welchen Konzernen er schon beteiligt ist

Der Unternehmenszweck der Rossmann Beteiligungs GmbH ist „die Beteiligung an anderen Unternehmen, der Kauf und Verkauf von Aktien, GmbH-Anteilen, festverzinslichen Wertpapieren, Anleihen, Wandelanleihen, Genussscheinen, Schuldverschreibungen, Optionsscheinen, KG-Beteiligungen und allen ähnlichen Finanzgeschäften“. Auf Anfrage des Abendblatts gibt Dirk Roßmann selbst einen tiefen Einblick in das Portfolio des Unternehmens.

Demnach besitzt es Aktien und Anteile von

  • Kali + Salz (8 Prozent)
  • Porsche SE (1 Prozent)
  • Dräger VZ (4 Prozent)
  • Deutsche Beteiligungs AG (29 Prozent)
  • Klöckner AG (4 Prozent)
  • Simona (Kunststoffe, 11 Prozent)
  • Schwälbchen (Molkerei, 11 Prozent)

Engagiert ist das Unternehmen des Bestsellerautors („Der neunte Arm des Oktopus“, „Der Zorn des Oktopus“) zudem mit 27 Prozent der Anteile beim Verlag Bastei Lübbe, in dem seine Romane erschienen sind. Und Roßmann sagt: „Daneben gibt es größere Beteiligungen an VW, Tui, Südzucker, Deutsche Post und anderen Werten.“

Einstieg bei Aurubis: Rossmann hofft auf ein gutes Geschäft

Die Gründe für den massiven Einstieg der RBG bei Aurubis sind recht schlicht: In Burgwedel hofft man auf einen steigenden Wert an der Börse und verspricht sich ein gutes Geschäft. Dirk Roßmann sagt: „Die Gründe sind bei jeder Aktie immer die gleichen. Folgende Fragen sollten positiv beantwortet werden: Wie hoch sind die Nettofinanzverbindlichkeiten? Wie ist das Verhältnis Eigenkapital zur Marktkapitalisierung? Sind die Erwartungen für das Geschäftsjahr auch in der letzten Quartalsbilanz bestätigt? Schätzen wir bei Rossmann die Produkte als zukunftsfähig ein? Der Börsenkurs von Aurubis lag schon vor einigen Jahren bei 110 Euro. Ein Börsenkurs von 66 Euro erscheint bei einer positiven Beantwortung der oben genannten Fragen attraktiv.“

Kupferkonzern Aurubis in Hamburg
Ein Mitarbeiter im Hamburger Werk der Aurubis AG. An der Börse gilt die Aktie des Konzerns als unterbewertet. Auch deshalb hat die Rossmann Beteiligungs GmbH jetzt massiv Anteile gekauft. © picture alliance / dpa | picture alliance

Tatsächlich ist der Hamburger Kupferkonzern kein Neuland für die Beteiligungs GmbH. Vor einigen Jahren besaß sie bereits einmal „zwischen 7 und 8 Prozent“, so Roßmann. Noch im Sommer 2023 war das Unternehmen mit mehr als 5 Prozent der zweitgrößte Aurubis-Aktionär. Dann aber trennte es sich nach Angaben von Aktionärsschützern von allen Anteilen am Hamburger Konzern.

Seinerzeit wurden die Papiere für mehr als 80 Euro gehandelt. Ein Wiedereinstieg bei einem deutlich niedrigeren Kurs erscheint auch Finanzmarktexperten sinnvoll. „Aurubis gilt derzeit als günstig und unterbewertet“, sagt etwa Frank Göppel, persönlich haftender Gesellschafter der Hamburger Privatbank Goyer & Göppel. Dirk Roßmann sagt erfrischend unverblümt: „Eine Aktie, die ich gern für 66 Euro (Kurs am Mittwoch, d. Red.) kaufe, verkaufe ich gern für 100.“

Aurubis ist mehr wert, als der Aktienkurs aussagt

Viele der 13 Aktien-Analysten von anderen Finanzinstituten, die Aurubis intensiv beobachten und bewerten, kommen zu einem ähnlichen Ergebnis wie Privatbanker Göppel. Vier der Experten raten zum Kauf der Aktie, sieben empfehlen, das Papier zu halten, zwei raten zum Verkauf. Die von den Analysten definierten Zielwerte des Aktienkurses liegen in einem Korridor zwischen 60 und 90 Euro, wobei die große Mehrheit der Fachleute meint, das Papier habe das Potenzial für mehr als 70 Euro.

Dass der aktuelle Aurubis-Kurs nicht den eigentlichen Wert des Unternehmens widerspiegelt, liegt wohl daran, dass das Papier – so wie eine Reihe anderer deutscher Industrie-Aktien – für internationale Investoren und institutionelle Anleger nicht attraktiv ist. Der Kupferkonzern etwa benötigt enorme Mengen Energie. Die Energiepolitik hierzulande aber hat keine eindeutigen Antworten, wie sich die Energiepreise langfristig entwickeln. Große institutionelle Investoren scheuen solche Unsicherheiten.

Aktuelle Wirtschaftsthemen

Nicht so die Rossmann Beteiligungs GmbH. Auffällig bei ihren Aurubis-Käufen ist, dass sie nicht allein Aktien erwirbt, sondern sich auch – in noch etwas größerem Umfang – sogenannte Finanzinstrumente wie Put-Optionsscheine und Knock-out-Zertifikate gesichert hat. Vieles deutet darauf hin, dass Rossmann über die Optionsscheine mit anderen Aurubis-Aktionären vereinbart hat, von ihnen Anteile zu kaufen, wenn am Stichtag die Bedingungen der Vereinbarung – zum Beispiel ein bestimmter Kurs – erfüllt sind.

Sechs dieser Optionen laufen bis zum 20. September. Werden sie wirksam, könnten schon in zwei Wochen 1,1 Millionen weitere Aurubis-Aktien nach Burgwedel gehen. Zudem existieren drei Optionen zum 20. Dezember über noch mal 900.000 Aktien. Alles in allem also bestehen Optionen auf insgesamt zwei Millionen weitere Anteile. Kommt es zu all dem, hätte die Beteiligungs GmbH noch vor Weihnachten mehr als 9,5 Prozent der Stimmrechte an der Hovestraße auf der Veddel.

Rossmann schließt weitere Käufe von Aurubis-Aktien nicht aus

Dirk Roßmann will sich auf Abendblatt-Anfrage nicht eindeutig dazu äußern, ob weitere Käufe von Aurubis-Aktien geplant seien und ob es eine Zielmarke gibt. „Diese berechtigte Frage ist mir zu intim“, sagt er und weist zugleich darauf hin: „Käufe sind abhängig von der Markt- und Kursentwicklung – beides haben wir täglich im Blick und treffen dann unsere Entscheidung.“ Der Kupferkonzern, der seit Ende August zu mehr als 5 Prozent einer Drogeriemarktkette gehört, wollte sich dazu gar nicht äußern.