Hamburg. Malte Steiert bekam mit Foodguide einen Deal. Die App gibt es nicht mehr. Doch der Hamburger Dauergründer hat ständig neue Ideen.
Was als Corona-Krisenmaßnahme begann, wurde schnell zum dauerhaften Projekt. Während viele Gastronomen 2020 und 2021 ohne finanzielle Rücklagen dastanden, entwickelten Malte Steiert und David Bernhard in der Hochphase der Pandemie binnen 48 Stunden die Idee einer Gutschein-Plattform für die Gastronomie. Sie ermöglichte es Restaurants, Gutscheine zu verkaufen und so dringend benötigte Einnahmen zu erhalten, obwohl sie lange geschlossen waren. Das Motto für hilfsbereite Gäste: „Pay now, eat later“ (zahle jetzt, iss später).
Heute heißt dieses Geschäftsmodell Bon Bon – der Restaurant-Gutschein. Steiert macht damit seinen Hauptumsatz. Bekannt geworden war er schon viel früher als einer der Gründer hinter der Smartphone-App Foodguide. Steiert nannte sie „Tinder für Essen“, weil sie Restaurants und neue Gäste zusammenführen sollte. 2017 präsentierte er Foodguide in der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ (DHDL) – und machte einen Deal.
„Höhle der Löwen“: Diese Hamburger Gründer machen längst was anderes
Carsten Maschmeyer stieg mit 450.000 Euro ein, bekam dafür 31,6 Prozent der Firmenanteile. Doch mit Beginn der Pandemie Anfang 2020 geriet die App in große Schwierigkeiten. Damals, sagt Steiert heute, hätten sich alle Teilhaber zurückgezogen, auch sein Freund und Co-Gründer Finn Fahrenkrug. Foodguide existiert heute nur noch als Instagram-Account.
Gänzlich verschwunden ist das 2018 gegründete Schwesterunternehmen Tastetours. Damit bot Steiert kulinarische Stadtführungen an – bis Gastronomiebetriebe pandemiebedingt schließen mussten. 2021 wurde Tastetours schließlich eingestellt. „Um eine Insolvenz zu vermeiden, haben wir alles abgewickelt“, so der 31-Jährige.
„Höhle der Löwen“: Statt Foodguide eine Gutschein-Plattform für Gastronomie
Zurück zu Bon Bon: David Bernhard hatte 2019 ebenfalls eine Firma in Hamburg gegründet, die kulinarische Touren anbietet und so Steiert kennengelernt. „Wir könnten uns lieber zusammentun, als zu konkurrieren“, so der Berliner. Steiert und Bernhard bündelten ihre Ressourcen. Foodguide-Mitarbeiter fragten bei Gastronomen an, Bernhards Team baute die Webseite. „Wir sind sehr schnell sehr groß geworden“, sagt Bernhard. Innerhalb der ersten vier Wochen generierte die Plattform eine Million Euro Umsatz für 1000 Gastronomen.
Die Gründer merkten schnell, dass sich das Projekt auch nach der Pandemie weitertragen könnte: Aus „Pay now, eat later“ ist Bon Bon – der Restaurant-Gutschein geworden. „Wir wollten das Geschenk sein, worüber man sich beim Auspacken freut“, sagt Steiert. Ein Gutschein ist dabei nicht auf ein Restaurant beschränkt, der Beschenkte hat die Wahl zwischen deutschlandweit 10.000 Restaurants, Cafés und Bäckereien. In Hamburg sind es 450, darunter Tazzi Pizza, Salt & Silver und Tigre.
„Höhle der Löwen“: Hamburger Unternehmen profitiert von Investoren-Wissen
Das Unternehmen hat bislang knapp eine Million analoge und digitale Gutscheine verkauft. „Wir haben jahrelang trainiert, und alles, was wir mit und ohne Investoren gelernt haben, können wir nun anwenden“, sagt Steiert. Die Gutscheine sind online erhältlich, hängen auch in allen Edeka-Filialen an den Kassen aus, so wie die von Amazon & Co.
„Das Geld soll bei lokalen Unternehmen landen, die viel für eine Region oder Stadt tun“
Steiert und Bernhard entwickelten während Corona noch ein weiteres Produkt, das es heute nicht mehr gibt. Bei Taste at Home, Spirituosen-Proben für zu Hause, arbeiteten sie mit dem Eimsbütteler Weinhändler Vineyard zusammen. Nach rund 350 Weinproben war aber Schluss. Der Geschäftserfolg blieb überschaubar, nicht jeder trinke eben Alkohol, so Steiert.
Bon Bon beschäftigt mittlerweile 30 Mitarbeiter und zieht in größeres Büro
Gescheiterte Apps und Produkte, abgewickelte Tasting-Touren: Mit Stehaufmännchen-Mentalität lässt sich Malte Steiert von Rückschlägen nicht unterkriegen, kommt immer wieder mit neuen Ideen um die Ecke. Lohnt sich also ein zweiter Auftritt bei der Vox-Gründershow? Kompagnon Bernhard sagt: „Die Aufmerksamkeit aus ‚Höhle der Löwen‘ ist sehr spannend, ein klassisches Investment aber eher nicht.“
Der Restaurantgutschein ist ein gutes Geschäft. „Es läuft so gut, dass wir alles selbst finanzieren und unser Team wachsen lassen können“, sagt Steiert. Die Firma beschäftigt 30 Mitarbeiter, aus einem 140 Quadratmeter großen Büro in der Schanze wird das Start-up bald auf eine 260 Quadratmeter große Fläche im selben Gebäude ziehen.
Bon Bon aus Hamburg: „Es läuft mega gut“
„Wir bringen Gutscheine in Umlauf, die drei Jahre gültig sind“, sagt Steiert. Umsatzzahlen könne das Unternehmen deshalb erst nach drei Jahren veröffentlichen. Das Geld liege auf Treuhandkonten, wird von Bon Bon verwaltet. „Firmen zahlen eine Provision, damit wir die Dienstleistung erbringen, Gastronomen ebenfalls“, sagt der Hamburger. Doch vor allem die Höhe des Gutscheinbetrags ist für die Firma entscheidend, diese liege im Schnitt bei 50 Euro.
„Wir werden dieses Jahr wahrscheinlich 16 Millionen Euro an Gutschein-Volumen erstellen“, so der 31-Jährige. Bon Bon schreibt nach Angaben der Gründer schwarze Zahlen. „Es läuft mega gut, besser als das, was wir vorher gemacht haben.“
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Foodguide ist heute eine „Instagram-Vermarktungseinheit“, und auch in Zürich, Wien, Amsterdam, London, Paris und Los Angeles. Steiert und sein Team betreuen alle Accounts von Hamburg aus. Foodguide arbeite kostendeckend, sagt er: „Wir machen um die 600.000 Euro Umsatz im Jahr, so viel kostet es auch, die Accounts zu betreiben.“
„Höhle der Löwen“: Foodguide- Nachfolger expandiert
Beim Gutschein-Thema steht das Unternehmen noch am Anfang. Die Gründer streben flächendeckende Bekanntheit an. „Wir wollen in allen Supermärkten und Tankstellen zu finden sein“, sagt Bernhard. Dafür müsse Bon Bon auf 20.000 bis 30.000 teilnehmende Gastrobetriebe wachsen, so Steiert.
Die Unternehmens-DNA, in schwierigen Zeiten zu unterstützen, stecke nach wie vor in der Firma, so Bernhard. Bon Bon arbeitet heute mit der Welthungerhilfe zusammen. „Pro Gutschein können wir mindestens eine Schulmahlzeit finanzieren.“ In diesem Jahr seien bereits 200.000 Euro gespendet worden.