Hamburg. Finanzexpertin Doris Kappes von der Verbraucherzentrale hat zahlreiche Ratschläge parat. Und sie spricht eine eindeutige Warnung aus.
Nele Burkhardt (Name geändert) geht es heute an: das häufig unliebsame Thema Finanzen. Die 26-Jährige arbeitet nach dem Studium in ihrem ersten Vollzeitjob als Architektin. Sie habe schon einiges übers Geldanlegen gelesen und Videos geschaut. Zur Sicherheit sitzt sie trotzdem hier: im Seminar „Geldanlage für Frauen“ der Verbraucherzentrale Hamburg.
In sozialen Netzwerken gibt es seit einigen Jahren immer mehr „Finfluencer“ – Influencerinnen zu Finanzthemen –, die sich explizit an Frauen richten. Doch diese Angebote seien nicht immer vertrauenswürdig. „Einige Beraterinnen wollen Frauen unter dem Deckmantel des Feminismus teils unsinnige Finanzprodukte verkaufen“, sagt Seminarleiterin Doris Kappes. Deshalb hat die Verbraucherzentrale im Jahr 2022 Finanzseminare für Frauen ins Angebot aufgenommen.
Wie Frauen ihr Geld richtig anlegen – Hamburgerin gibt Tipps
„Finanzbildung für Frauen ist wichtig“, da ist sich die Juristin und Verbraucherschützerin Doris Kappes sicher. Ein Dorn im Auge sind der 62-Jährigen aber Finanzvorträge für Frauen, für die einige Finanzberaterinnen vierstellige Beträge verlangen. Kappes‘ Seminar, das an einem Dienstagabend im Souterrain der Verbraucherzentrale stattfindet, kostet 35 Euro. Innerhalb von zwei Stunden fasst sie die Grundregeln zum richtigen Sparen und die Vor- und Nachteile einzelner Anlageformen zusammen.
Inhaltlich unterscheide sich das Seminar, das sie für Frauen gibt, kaum von ihren anderen Vorträgen zum Geldanlegen, sagt die Finanzexpertin. Egal, ob Mann oder Frau, wichtig sei es, sich folgende Fragen zu stellen: Was ist mein Sparziel, welche Rendite schwebt mir vor? Wann will ich an das Geld, das ich anlege, wieder herankommen? Wie risikofreudig bin ich? Und: Will ich ethische Aspekte beachten?
Diese Unterschiede sollten Frauen bei der Altersvorsorge beachten
Grundsätzlich empfiehlt Kappes, sich ein Polster von zwei bis drei Nettogehältern zu schaffen, an das man flexibel herankommt. Das kann beispielsweise auf Tagesgeldkonten liegen. Für Menschen, die ihr Geld sicher anlegen wollen, könne sich ein Festgeldkonto lohnen. Höhere Renditen versprechen allerdings Investmentfonds – können aber auch ein höheres Risiko tragen. Kappes empfiehlt ein sogenanntes Pantoffel-Portfolio: Dabei legt man einen Teil seines Geldes auf sichere Weise in ETFs beziehungsweise Indexfonds an. Mit einem anderen Teil seines Ersparten könne man in riskantere Aktienfonds investieren.
Doch natürlich gibt es auch Unterschiede zwischen Frau und Mann: „Frauen haben häufig weniger Ressourcen und müssen sich für einen längeren Zeitraum absichern“, sagt Nikolaus Braun, unabhängiger Honorarberater aus München. Denn Frauen verdienen meist weniger Geld als Männer, arbeiten häufiger in Teilzeit und haben, wenn sie vermehrt die Erziehung von Kindern übernehmen, ein noch geringeres Einkommen. Gleichzeitig haben sie eine höhere Lebenserwartung als Männer. Sie müssten sich also früher um ihre Altersvorsorge kümmern – oder höhere Beträge ansparen.
Krux der Altersvorsorge von Frauen: geringeres Einkommen, aber höhere Lebenserwartung als Männer
„Manche Frauen verlassen sich darauf, dass ihre Partner sich schon um die Finanzen kümmern“, sagt Braun. „Viele haben außerdem eine Scheu vor Finanzthemen.“ Doch der Finanzberater ist überzeugt: „Widmen Frauen sich dann doch der Geldanlage, haben sie oft eine steile Lernkurve und treffen viel rationalere Entscheidungen als einige Männer.“
Doris Kappes rät vor allem unverheirateten Frauen, die mit ihren Partnern Kinder haben und wegen der Kindererziehung weniger bezahlte Arbeit aufnehmen, von ihren Partnern Ausgleichszahlungen zu fordern.
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Architektin Nele Burkhardt ist nach dem Vortrag zufrieden. „Ich nehme die Verbraucherzentrale als unabhängige Quelle zum Thema Geldanlage wahr“, sagt sie. Dass sich das Seminar explizit an Frauen richtet und keine Männer anwesend waren, war für sie nicht ausschlaggebend. Eine andere Seminarteilnehmerin, etwa fünfzehn Jahre älter, sagt: „Bei meinen jüngeren Kolleginnen bemerke ich, dass sie sich viel früher und selbstverständlicher mit Geldfragen, Eheverträgen und ihrer Altersvorsorge auseinandersetzen, als das in meiner Generation üblich war.“ Vielleicht haben feministische Finfluencerinnen also doch einen positiven Teil dazu beigetragen.