Hamburg. Forscher aus Hamburg haben den Vierbeiner „Spot“ aus Metall programmiert. Was er alles kann, wo er zum Einsatz kommt und was er kostet.
Es geschah in einer lauen Sommernacht vor rund einem Jahr: Vier Unbekannte zerschnitten an einer abgelegenen Stelle den Zaun zum Containerterminal Altenwerder, überwanden einen weiteren Sicherheitszaun und machten sich an einer Reihe von Containern zu schaffen.
Sie suchten versteckte Drogen. Die Aktion war Teil einer Einbruchsserie, denn schon in der Nacht danach kamen weitere Kriminelle auf das Gelände – und auch in den Nächten zuvor hatte es Einbrüche gegeben. Die Täter wurden verhaftet. Doch die Sicherheit von Hafenterminals steht seit diesen Vorfällen noch stärker als zuvor im Fokus. Wie kann man ein Quadratkilometer großes, unübersichtliches Gelände lückenlos überwachen? Diese Frage stellen sich viele Verantwortliche in den Häfen weltweit.
Roboter-Wachhund soll Häfen vor Drogenschmuggel schützen
Das Hamburger Fraunhofer Center für Maritime Logistik hat dafür nun eine Lösung entwickelt: einen Wachhund namens „Spot“. Er knurrt nicht, er beißt nicht, und er macht auch keine Häufchen in die Ecke. „Spot“ ist nämlich ein Roboter, ein Schreitroboter, wie es in der Fachsprache heißt.
Der Roboter hat nur wenig mit lebendigen Vierbeinern gemeinsam, ist aber mindestens genauso wachsam und gehorcht aufs Wort. Die Forscher des Instituts haben ihn so programmiert, dass er selbstständig auf Patrouille gehen kann und zwischen Containerstapeln spazieren geht, ohne gelenkt werden zu müssen. Spot kann allein Türen öffnen und Treppen steigen und ist mit fünf Kameras bestückt, über die er Auffälligkeiten sofort wahrnimmt. Er kann auch mit einer Wärmebildkamera ausgestattet werden, um Menschen im Gelände bei Nacht zu erkennen.
Roboter-Wachhund ideal für entlegene Orte des Hafengeländes
„Sobald er etwas Verdächtiges bemerkt, meldet er sich bei der Einsatzzentrale, die darauf reagieren kann. Patrouillen wären eine klassische Aufgabe für den Roboterhund“, sagt Marius Nuernberger. „Sein Einsatz könnte die Sicherheit im Hamburger Hafen zweifelsohne erhöhen.“ In einer analogen Welt wäre Nuernberger so etwas wie ein Hundetrainer. In der digitalen Welt ist er der Programmierer des Roboterhundes, der verschiedene Aufgaben von Menschen übernehmen kann.
Wenn beispielsweise abgelegene Orte nur schwer zu erreichen sind oder Maschinen gewartet werden müssen, die sich an gefährlichen Orten befinden, sollte die Aufenthaltsdauer von Menschen dort möglichst begrenzt sein. Insbesondere in Häfen ist das der Fall, wie zum Beispiel am Containerterminal Altenwerder. Dieser arbeitet teilautomatisiert. Der Transport von Containern zwischen Schiff und Lager wird dort von fahrerlosen Transportfahrzeugen (Automated Guided Vehicles) übernommen. Menschen dürfen diese Zone nicht betreten.
Roboter-Wachhund kann Treppen steigen und Türen öffnen
Mobile Roboter ermöglichen gerade dort eine gefahrlose Begehung. Gibt es an einem der Lagerkräne einen Defekt, könnten Roboterhunde auch eingesetzt werden, um den eigentlichen Wartungseinsatz so kurz wie möglich zu halten, indem sie alle erforderlichen Werkzeuge und Ersatzteile bereits vorher dorthin bringen. Das bedeutet Zeit- und Kostenersparnis.
„Das kann die Überwachung der Häfen deutlich verbessern“, sagt Professor Carlos Jahn, Leiter des Fraunhofer CML. „Spot kann über Bahngleise hinwegsteigen oder Türen öffnen, alles Aktionen, bei denen Rollroboter Probleme haben.“
Roboter-Wachhund arbeitet autonom, lässt sich aber auch steuern
Hinzu kommt der Sicherheitsgewinn, wenn es sich um potenziell gefährliche Arbeitsbereiche handelt. Schließlich ist Technik weniger empfindlich gegenüber giftigen Dämpfen und Säuren, die aus schadhaften Transportbehältern oder großen Öltanks austreten können. In einem Lager am Münchener Flughafen haben die Forscher den Roboterhund auch schon bestimmte Paletten suchen lassen.
Und das CML hat eine Fernsteuerungssoftware entwickelt. „Dabei wird ein aktuelles 360-Grad-Livebild des Roboters per Funk zu einem Mitarbeiter gestreamt, der eine Virtual-Reality-Brille (VR) trägt. Der Mitarbeiter kann irgendwo auf der Welt sitzen, egal wo“, sagt Christian Wieck, Leiter dieses Projekts.
Er bekommt jederzeit die aktuelle Position von Spot auf einer Karte angezeigt und kann ihn entweder manuell steuern oder ihm einen Bewegungsauftrag auf der Karte erteilen, sodass der Roboterhund sich autonom zu diesem Punkt begibt. In der VR-Ansicht können relevante Punkte wie beispielsweise, für den Menschen unsichtbare feine Risse eines Gebäudes markiert werden. Ist ein Statiker vor Ort, kann er sich die dargestellten Markierungen später auf einer Datenbrille anzeigen lassen.
Einziger Nachteil: Batterie hält noch nicht sehr lange
„Besteht beispielsweise irgendwo die Einsturzgefahr einer Decke, schickt man zuerst Spot hinein, damit er sich die Lage anschaut“, sagt Wieck. Preiswert sind diese Maschinen, die von dem Unternehmen Boston Dynamics hergestellt werden, aber nicht. Mit Kameras und einigen Zusätzen wie einem Greifarm kostet Spot etwa 140.000 Euro.
Und er hat eine weitere Schwäche, sagt Wiecks Forscherkollege Nuernberger: „Die Batterie hält derzeit nur eine Stunde. Dann muss der Wachhund zurück an seine Station, um wieder aufgeladen zu werden.“ Dennoch hat er bereits mehrere Anwender: Die Hafenbehörde Hamburg Port Authority hat mit Spots Hilfe das Innere der Köhlbrandbrücke auf Schäden hin untersucht. Die S-Bahn München testet seinen Einsatz zum Schutz der Züge vor Graffiti-Sprayern und Vandalismus.
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Klassische Einsatzgebiete bleiben aber Häfen. Institutschef Jahn geht davon aus, dass der Einsatz von Robotertechnik der Hafenautomatisierung einen zusätzlichen Schub verleihen wird. Derzeit arbeitet das CML an einem weiteren Projekt. „Wir bauen einen Roboter für die HHLA, der die Beladung der Züge beschleunigt.“