Hamburg. Langen Warteschlangen könnten bald der Vergangenheit angehören. Das Ziel einer schwarzen Null muss der Flughafen-Chef aber streichen.
Es ist eines der Aufregerthemen an den Flughäfen im Sommer: Bereits weit vor den Sicherheitskontrollen stauen sich immer wieder Passagiere. Wenn sie dann endlich an der Reihe sind, kramen sie im Bordgepäck, holen Handy, Laptop und Beutel mit Flüssigkeiten heraus, deren Behälter maximal 100 Milliliter fassen dürfen. Doch das könnte bald der Vergangenheit angehören.
Es gibt neue Geräte, die das Handgepäck inklusive dieser Gegenstände durchleuchten, sodass die Mengenbegrenzung für Flüssigkeiten überflüssig wird. Diese Computer-Tomographie(CT)- Scanner sollen flüssige und feste Sprengstoffe im Handgepäck erkennen. Die hohen Sicherheitsstandards bleiben also bestehen, aber die Kontrolle dürfte deutlich schneller ablaufen.
Flughafen Hamburg: Airport-Chef will Geräte schnell anschaffen
Der Münchener Flughafen testete die Geräte jahrelang an zwei Kontrollstellen. Im Laufe des kommenden Jahres werden nun für rund 45 Millionen Euro 60 CT-Scanner und 48 neue Kontrollspuren angeschafft. Auch am Hamburger Flughafen hofft man auf den schnellen Einsatz. „Ich würde mich freuen, wenn wir nächstes Jahr die ersten Geräte sehen würden“, sagte Airport-Chef Michael Eggenschwiler im Luftfahrt-Presseclub. Er erwarte, dass Druck aufgebaut werde, um diese schnell anzuschaffen, weil sie einen echten Mehrwert bringen würden. Deutschland hinke anderen Ländern, wie zum Beispiel den Niederlanden, hinterher, in Amsterdam seien sie Standard.
Zwar laufe bei den CT-Scannern das Gepäck auf dem Band langsamer durch die Kontrollstelle. Aber das zeitaufwendige Aus- und Wiedereinpacken entfalle. Dadurch soll der Prozess schneller werden. In München erhöhte sich in der Testphase der Passagierdurchsatz pro Kontrollspur um 160 Prozent im Vergleich zu konventionellen Spuren, so das Luftamt Südbayern. Der Einkauf der CT-Scanner erfolge über den Bund, sagte Eggenschwiler: „Wir haben uns in Berlin bei der Bundespolizei schon angemeldet, dass wir die Geräte gern hätten.“
Slotbuchungsverfahren könnten für Schnelligkeit sorgen
Eine weitere Verbesserung in dem Bereich könnte durch ein Slotbuchungsverfahren erreicht werden. Dabei legen Passagiere ein Zeitfenster fest, zu dem sie an der Sicherheitskontrolle stehen. Dadurch kann auch der Personalbedarf der Luftsicherheitskräfte besser gesteuert werden, deren Mangel für die Schlangen mitverantwortlich war. Andere Flughäfen bieten so etwas bereits an. „Das schauen wir uns auch an“, sagte Eggenschwiler. Allerdings müssten die Abläufe gut organisiert werden, damit das Verfahren rund läuft.
Das laufende Jahr sei mit dem Wiederanziehen des Flugverkehrs nach der Corona-Flaute herausfordernd gewesen. „Die Branche muss jetzt Vertrauen zurückgewinnen, das in diesem Sommer sicherlich an der einen oder anderen Stelle gelitten hat“, sagte Eggenschwiler. Neben den Sicherheitskontrollen betraf dies vor allem das Koffer-Chaos, als Tausende Gepäckstücke erst nach ihren Besitzern in Fuhlsbüttel eintrudelten und teils erst Wochen später zugestellt wurden. Diese Lage habe sich nun „deutlich entspannt“, das Niveau sei handhabbar, bleibe aber für den nächsten Sommer auf der Tagesordnung.
Im Sommer gab es viele Verspätungen
Das gilt auch für die Verspätungen. Zwischen 23 und 24 Uhr dürfen in Fuhlsbüttel Flieger starten und landen, wenn dies planmäßig bis 23 Uhr vorgesehen war und für die Verspätung unvermeidbare Gründe vorliegen – ein vor allem von Anwohnern der Einflugschneisen kritisierter Passus. Bis Ende September waren es 717 Flieger – 25 Prozent mehr als im Vor-Corona-Jahr 2019 bei höherem Passagiervolumen. Aber immerhin auch 284 Starts und Landungen in der letzten Tagesstunde weniger als 2018, als im Gesamtjahr mit 1174 solcher Flüge ein unrühmlicher Rekord aufgestellt wurde.
Die Fluglärmschutzkommission will die späten Starts und Landungen eindämmen, indem Abflüge nach 23 Uhr und Landungen nach 23.30 Uhr eine Ausnahmegenehmigung durch die Fluglärmschutzbeauftragte brauchen. Eggenschwiler räumte ein, dass der Sommer „nicht gut“ war. Man suche mit den regelmäßig zu spät fliegenden Airlines Gespräche, um die Verspätungen einzudämmen. Er sehe aber keinen Grund dafür, die bestehende Verspätungsregelung zu ändern und verwies auf die gültige Betriebsgenehmigung.
Zahl der Passagiere hat sich verdoppelt
„Das Ziel muss sein, dass die Pünktlichkeit so ist, dass diese Regel die Ausnahme ist und nicht normal ist“, sagte Eggenschwiler. Zuletzt habe sich die Situation schon gebessert. Im Oktober seien es so viele gewesen wie 2019 (damals 68 späte Starts und Landungen) und im November 22. Die Gesamtzahl dürfte also bei gut 800 in diesem Jahr liegen.
Die Zahl der Passagiere wird der Helmut-Schmidt-Flughafen 2022 im Vergleich zum Vorjahr gut verdoppeln. Gerechnet wird weiterhin mit rund elf Millionen. Für 2023 wird mit 13,8 Millionen Fluggästen ein Plus von rund 25 Prozent erwartet. Zum Vergleich: 2019 waren es 17,3 Millionen. Die angestrebte schwarze Null werde man 2023 aber noch nicht erreichen. Man sei auf einem guten Weg gewesen, aber durch die gestiegenen Energiekosten als Folge des Krieges in der Ukraine werde man das Ziel verfehlen.
Ticketpreise werden wohl nicht mehr sinken
Für dieses Jahr soll der Verlust immerhin unter die 40-Millionen-Euro-Marke sinken. 2021 wies der Airport einen Fehlbetrag von 94 Millionen Euro aus. Die gesamte Branche habe in den vergangenen zwei Jahren hohe Verluste gemacht. Es sei Zeit, in die Gewinnzone zurückzukehren und Kredite zu bedienen. Daher rechnet Eggenschwiler damit, dass die ohnehin schon gestiegenen Ticketpreise mindestens auf dem jetzigen Niveau bleiben.
Für die Passagiere dürfte sich das Angebot im Sommer wieder erhöhen. „Wir sehen bei den Fluggesellschaften fast wöchentlich neue Strecken, die ins Programm kommen“, sagte Eggenschwiler. So wird Swiss nach Genf fliegen, Eurowings nach Graz, Vueling nach Bilbao, Widerøe nach Bergen, Play nach Reykjavik, Condor nach Malaga und Faro. Deutlich mehr als 100 Ziele sollen dann direkt angesteuert werden. Sarajevo gehöre allerdings nicht mehr dazu, weil die ungarische Billigfluglinie Wizz Air ihre Basis dort schließe.
„Der A321XLR von Airbus wird ein Gamechanger werden“
Eine Langstreckenverbindung wird im Flugplan des Helmut-Schmidt-Flughafens weiterhin fehlen. Aber: „Der A321XLR von Airbus wird ein Gamechanger werden“, so Eggenschwiler. Ein Zusatztank im Frachtraum mit knapp 13.000 Litern macht den einstigen Mittelstreckenjet fit für die Langstrecke. Die ersten Maschinen würden allerdings erst 2024 ausgeliefert.
Daher werde es wohl einige Jahre dauern, bis er regelmäßig auf Strecken in die Hansestadt eingesetzt werden könnte. New York, Boston, Washington und Chicago wären mit dem Jet nonstop erreichbar. Es fänden auch regelmäßig Gespräche mit interessierten Airlines statt. „Das sind keine Monologe unserer Aviation-Marketingleute“, sagte Eggenschwiler.
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Flughafen Hamburg: Airport-Chef wird abtreten
Das Festkleben von Klimaschützern auf den Rollwegen – wie auf den Flughäfen in Berlin und München geschehen – bezeichnete er als „kriminell“, das Vorgehen habe mit politischen Diskussionen nichts zu tun. Welche Maßnahmen dies in Hamburg verhindern sollen, ließ er offen.
Ende 2023 wird er im Alter von 65 Jahren nach dann 18 Jahren an der Spitze als Hamburgs Flughafen-Chef abtreten. Eine wichtige Aufgabe in seinem letzten Amtsjahr sei, beim Klimaschutz weiter voranzukommen. Nachdem man bereits erster CO2-neutraler Airport Deutschlands sei, wolle man bis 2035 nun CO2-frei werden. Konkrete Maßnahmen nannte er nicht. Ansonsten gelte es, ein „gut bestelltes Haus“ und eine „tolle Mannschaft“ von 2000 Mitarbeitern „sauber“ an seinen Nachfolger zu übergeben, so Eggenschwiler: „Ich werde mit Spaß die letzten zwölf Monate und drei Wochen da sein.“