Hamburg. Die Bambus-Zahnbürsten-Pioniere von Wasserneutral vermarkten jetzt auch Kosmetik und Spülschwämme. Der Markt wird größer.
Als die Hamburger Wasserneutral GmbH noch ein eben erst gegründetes Start-up war und Mitte des vergangenen Jahrzehnts die ersten Produkte auf den Markt brachte, war das Sortiment ziemlich überschaubar: Zahnpflegeprodukte mit dem Markennamen Hydrophil. Das zentrale Produkt: eine Zahnbürste mit einem Stiel aus Bambus statt aus Kunststoff, die schon bald in den Regalen von Bio-Super- und Drogeriemärkten angeboten wurde.
Sechs Jahre später können die Borsten zwar immer noch nicht in den Biomüll, sind aber längst nicht mehr aus Nylon, sondern aus gehärtetem Rizinusöl. Wasserneutral ist vom Ein- zum Vier-Marken-Unternehmen geworden. Die Gründer sind auch ins Geschäft mit Naturkosmetik (Lamazuna), Zahnbürsten aus recyceltem Plastik (Tio) sowie neuerdings mit Reinigungs- und Haushaltsartikeln (Naiked) eingestiegen.
Hydrophil sparte 118 Tonnen Plastik ein
Geblieben sind der Anspruch und das Versprechen, so die Welt ein bisschen besser zu machen. Das Ziel sei, „die Menschen für einen nachhaltigen, fairen und wasserschonenden Konsum zu sensibilisieren“, sagt Geschäftsführer und Mitgründer Wanja Weskott (35).
Das Hydrophil-Logo ist ein Tropfen, das soll ein Hinweis sein, dass der Griff und die Borsten aus natürlichen und nachwachsenden Materialien bestehen, die ohne künstliche Bewässerung wachsen. Die Firma nutzt ausschließlich zertifizierte Naturfarben ohne chemische Inhaltsstoffe. Rund 118 Tonnen Plastik habe Hydrophil schon eingespart, heißt es auf der Webseite.
L’Oréal kaufte Naturkosmetikhersteller Santé auf
Doch die Konkurrenz auf dem Markt ist inzwischen groß. In Drogeriemärkten, Unverpackt- und Bioläden stapeln sich die Kartons mit ähnlichen Produkten. Selbst Mainstream-Marken wie Colgate und Dr. Best verkaufen heute Zahnbürsten aus Bambus.
L’Oréal hat den Naturkosmetikhersteller Santé aufgekauft und vertreibt nun feste Shampoos. Wasserneutral ist nurmehr einer unter sehr vielen Anbietern. Trotzdem ist Weskott sicher, dass das Konzept zukunftsfähig ist. „Man merkt, dass der Markt voller wird, aber er vergrößert sich auch“, sagt er.
Verbraucher kaufen umweltbewusster ein
Darauf deutet eine Studie des Cap Gemini Research Institute hin. Demnach sagen acht von zehn Verbrauchern, dass sie verantwortungs- und umweltbewusst einkaufen. Gleichwohl hat man bei Hydrophil keine Scheu vor ganz klassischen Marketingmethoden: In diesen Tagen, rund um den 50. Geburtstag der TV-Serie „Die Sendung mit der Maus“, kommt eine Maus-Kinderzahnbürste in den Handel. Unter anderem Alnatura und die Drogeriemarktketten Budnikowsky und Müller nehmen sie ins Sortiment.
Auf den Bambusstiel ist das orange Tier mit den Nagezähnen gedruckt – in Naturfarben. Weitere Produkte sind in Vorbereitung: eine Kinderzahncreme in Maus-Orange und ein blauer Zahnputzbecher mit dem Elefanten. Dafür hat die Firma einen Lizenzvertrag abgeschlossen, die Kosten nennt der Geschäftsführer nicht. Doch er spricht über eine Mission, die hinter all dem stehe.
Zahnbürsten kommen per Zug nach Hamburg
„Ich glaube, dass Kinder so leichter für Nachhaltigkeit zu begeistern sind“, sagt Weskott. Je früher sie einen Bezug zum Thema hätten, desto leichter falle es ihnen später, umweltverträglich zu leben. Die Zahnbürsten (3,90 Euro) seien klimaneutral, die Zahnpasta für Erwachsene (5,90 Euro) auch. Weskott betont, dass die Bürsten aus der Fabrik in China per Zug nach Hamburg kommen.
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Die inzwischen etwa 50 Hydrophil-Produkte würden am meisten zum Firmenumsatz beitragen, zu 80 Prozent. Die Erlöse der vier Marken seien 2020 auf dem Niveau des Vorjahres geblieben, sagt Weskott. Der Gewinn sei aber niedriger ausgefallen – und deshalb auch die jährliche Spende an Viva con Agua, den Hamburger Verein, der sich weltweit für den Zugang zu Wasser einsetzt. 2019 seien das 45.000 Euro gewesen. Woraus sich leicht der gesamte Jahresgewinn errechnen lässt, denn das Unternehmen betont auf seiner Homepage, dass es zehn Prozent seines Gewinns spendet.
Marke „Naiked" im November gestartet
Über den Gewinn 2020 schweigt der Geschäftsführer nachhaltig. Er dürfte geringer ausgefallen sein. Die Firma ist in einen größeren Büro- und Lagerkomplex in Hamm-Süd umgezogen und hat im November die vierte Marke gestartet: Naiked. Bereits auf dem Markt sind eine Spülseife mit Citrusduft (5,29 Euro) und ein Spülschwamm aus Luffa-Gurke (4,49 Euro). Im März kommt eine Spülbürste aus Buchenholz mit Fibre-Borsten aus Agavenpflanzen in den Handel. Putzlappen aus Baumwolle und Zellulose folgen.
Die vier Produkte werden in Deutschland und Spanien „fair, sozial und vegan“ produziert, sagt Jasper Eick (32). „Das ist das Versprechen.“ Er ist seit zweieinhalb Jahren Mitarbeiter in der Firma und hat Naiked mitentwickelt. „Unsere Kundinnen und Kunden haben gefragt: Warum macht ihr keine nachhaltige Klobürste?“, erzählt er. Doch Hydrophil sei nun mal auf Körperpflege ausgelegt, nicht auf Wasch, Putz- und Reinigungsartikel. Deshalb sei Naiked entstanden.
Spülseife und Gurkenschwamm erzielten hohen Umsatz
Die Spülseife und der Gurken-Schwamm haben seit November vergangenen Jahres einen fünfstelligen Umsatz erzielt, im nächsten Jahr sollen sie gewinnbringend sein. Ob es dann auch bereits eine Klobürste mit Bambus- oder Buchenstiel und Borsten aus Rizinusöl oder Agaven-Fibre geben wird? Jasper Eick und Wanja Weskott möchten sich noch nicht festlegen.